Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
führte sie von der Straße fort und folgte dem verschlungenen Bett des Wasserlaufs eine Viertelmeile weit, ehe sie es an einer steinigen Uferstelle wieder verließ. Wenn die Jäger Hunde mitnahmen, würde dies die Tiere von der Fährte abbringen, hoffte sie. Außerdem durften sie nicht auf der Straße bleiben. Der Tod lauert auf der Straße , schärfte sie sich ein, Tod auf allen Straßen.
Gendry und Heiße Pastete stellten ihre Entscheidung nicht
in Frage. Schließlich hatte sie die Karte, und Heiße Pastete schien sich vor ihr fast ebenso sehr zu fürchten wie vor den möglichen Verfolgern. Er hatte die Wache gesehen, die sie getötet hatte. Besser, wenn er Angst vor mir hat , dachte sie. Dann tut er wenigstens, was ich sage, anstatt irgendwelche Dummheiten zu machen.
Auch sie selbst sollte eigentlich mehr Angst haben, das war ihr klar. Sie war erst zehn, ein dünnes Mädchen auf einem gestohlenen Pferd, vor ihr lag ein dunkler Wald, und hinter ihr waren Männer, die ihr mit Freuden die Füße abhacken würden. Dennoch fühlte sie sich ruhiger, als sie es in Harrenhal je gewesen war. Der Regen hatte das Blut der Wache von ihren Händen gewaschen, sie trug ein Schwert auf dem Rücken, Wölfe streiften wie hagere graue Schemen durch die Dunkelheit, und Arya Stark verspürte keine Furcht. Angst schneidet tiefer als ein Schwert , flüsterte sie vor sich hin, die Worte, die Syrio Forel ihr beigebracht hatte, und auch Jaqens Worte, valar morghulis.
Der Regen hörte auf und begann von neuem, hörte abermals auf und fing wieder an, aber sie hatten dichte Mäntel, die das Wasser abhielten. Arya führte die Gruppe in langsamem, gleichmäßigem Tempo voran. Unter den Bäumen herrschte zu tiefe Finsternis, um schneller zu reiten; außerdem waren die Jungen keine guten Reiter, und der weiche, aufgebrochene Boden mit den halbbedeckten Wurzeln und verborgenen Steinen war tückisch. Sie überquerten eine weitere Straße, deren tiefe Gräben mit Regenwasser gefüllt waren, allerdings blieb Arya nicht darauf. Sie führte die Jungen bergauf und bergab durch die gewellten Hügel, über Stock und Stein und durch Strauchgehölze, dann wieder schmale Pfade entlang, wo ihnen das nasse Laub ins Gesicht schlug.
Einmal rutschte Gendrys Stute im Schlamm aus, landete hart auf dem Hinterteil und warf Gendry dabei aus dem Sattel; weder Tier noch Reiter wurden jedoch verletzt, und Gendry setzte seine sture Miene auf und stieg sofort wieder
auf. Nicht lange danach stießen sie auf drei Wölfe, die den Kadaver eines Rehkitzes verschlangen. Als Heiße Pastetes Pferd der Geruch in die Nüstern drang, scheute es und bäumte sich auf. Zwei der Wölfe suchten das Weite, der dritte dagegen hob den Kopf, fletschte die Zähne und schickte sich an, seine Beute zu verteidigen. »Zurück«, forderte Arya Gendry auf. »Langsam, damit du ihn nicht erschreckst.« Sie drängten ihre Pferde zurück, bis der Wolf und sein Festmahl außer Sicht waren. Erst dann wendete sie ihr Reittier und ritt Heiße Pastete hinterher, der sich verzweifelt am Sattel festklammerte, während er zwischen den Bäumen hindurchpreschte.
Später passierten sie ein niedergebranntes Dorf und suchten sich vorsichtig einen Weg zwischen den Überresten der verkohlten Hütten und den Knochen eines Dutzends Gehängter hindurch, die an einer Reihe von Apfelbäumen baumelten. Als Heiße Pastete sie erblickte, begann er zu beten und schickte wispernd eine Bitte um Gnade an die Mutter, die er ständig wiederholte. Arya betrachtete die fleischlosen Toten in ihren nassen, verfaulenden Kleidern und sprach ihr eigenes Gebet. Ser Gregor , lautete es, Dunsen, Polliver, Raff der Liebling. Der Kitzler und der Bluthund. Ser Ilyn, Ser Meryn, König Joffrey, Königin Cersei . Sie endete mit valar morghulis , berührte Jaqens Münze, die unter ihrem Gürtel steckte, und dann streckte sie den Arm nach oben und pflückte einen Apfel zwischen den Toten, während sie unter ihnen hindurchritt. Er war matschig und überreif, aber sie aß ihn, mit Würmern und allem.
Das war der Tag ohne Sonnenaufgang. Allmählich hellte sich der Himmel um sie herum auf, bloß die Sonne bekamen sie nicht zu Gesicht. Schwarz verwandelte sich in Grau, scheu schlichen sich die Farben zurück in die Welt. Die Soldatenkiefern waren in düsteres Grün gekleidet, die rotbraunen und blassgoldenen Breitblätter wurden bereits braun. Die drei rasteten lange genug, um die Pferde zu tränken und in aller Eile ein kaltes Frühstück zu sich
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