Das Lied von Eis und Feuer 05 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 05 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (1)
Spitzen langer Speere härtete und sie auf einen Haufen warf. Außerdem beobachtete er zwei bärtige Jugendliche in gehärtetem Leder, die mit Schlagstöcken übten, über die Flammen aufeinander zusprangen und jedes Mal grunzten, wenn sie einen Treffer landeten. Ein Dutzend Frauen saß daneben im Kreis und versah Pfeilschäfte mit Federn.
Pfeile für meine Brüder, dachte Jon. Pfeile für das Volk meines Vaters, für die Menschen von Winterfell und Tiefwald Motte und den Letzten Herd. Pfeile für den Norden.
Doch nicht alles, was er sah, war kriegerisch. Frauen tanzten, ein Säugling schrie, und ein kleiner Junge rannte ihm, atemlos vom Spiel und dick in Fell eingepackt, vors Pferd. Schafe und Ziegen liefen frei herum, während Ochsen am Ufer nach Gras suchten. Der Duft von gegrilltem Hammel trieb von einem Feuer herüber, und über einem anderen drehte sich ein Wildschwein an einem hölzernen Spieß.
Auf einem offenen Platz, der von hohen grünen Soldatenkiefern umringt war, stieg Rasselhemd ab. »Hier schlagen wir unser Lager auf«, verkündete er Ragwyl und den anderen. »Füttert die Pferde, dann die Hunde und euch selbst zuletzt. Ygritte, Langspeer, bringt die Krähe zu Manke, damit er sie sich anschauen kann. Danach schlitzen wir dem Jungen den Bauch auf.«
Den Rest des Wegs gingen sie zu Fuß, an weiteren Feuern und Zelten vorbei, und Geist blieb dicht hinter ihnen. So viele Wildlinge auf einem Haufen hatte Jon noch nie zuvor gesehen. Er fragte sich, ob das überhaupt schon jemand getan hatte. Das Lager nimmt überhaupt kein Ende mehr, dachte er, es sind eher hundert Lager als ein einziges, und jedes ist weniger geschützt als das davor . Ausgebreitet über Meilen hatten die Wildlinge keine nennenswerten Verteidigungsanlagen aufgebaut, keine Gräben oder Palisaden aus angespitzten Pfählen, nur kleine Gruppen von Kundschaftern, die außerhalb des Lagers patrouillierten. Gruppe, Stamm oder Dorf, wie auch immer, sie hatten einfach dort angehalten, wo sie wollten, und sich einen geeigneten Platz gesucht, sobald sie sahen, dass andere dasselbe taten. Das freie Volk . Wenn seine Brüder sie in solcher Unordnung überraschen konnten, würde eine große Zahl der Wildlinge für ihre Freiheit mit Blut bezahlen. Sicherlich waren sie viele, doch die Nachtwache besaß Disziplin, und in der Schlacht trägt Disziplin gegenüber der Masse in neun von zehn Fällen den Sieg davon, hatte ihm sein Vater einst erklärt.
Es gab keinen Zweifel daran, welches Zelt dem König gehörte.
Es war dreimal so groß wie das nächstgrößte Zelt, das er gesehen hatte, und aus dem Inneren ertönte Musik. Wie viele der kleineren Unterkünfte bestand es aus Häuten, auf denen noch das Fell saß, doch bei Manke Rayders Häuten handelte es sich um die zotteligen weißen Pelze von Schneebären. Das spitze Dach wurde von dem großen Geweih eines jener Riesenelche gekrönt, die einst, zu Zeiten der Ersten Menschen, frei durch die ganzen Sieben Königslande gezogen waren.
Hier endlich entdeckte er Verteidiger; zwei Wachen an der Zeltklappe, die auf langen Speeren lehnten und runde Lederschilde am Arm trugen. Als sie Geist bemerkten, senkte einer der beiden die Speerspitze und sagte: »Das Vieh bleibt draußen.«
»Geist, bleib«, befahl Jon. Der Schattenwolf hockte sich hin.
»Langspeer, pass auf die Bestie auf.« Rasselhemd riss die Zeltklappe auf und winkte Jon und Ygritte hinein.
Im Zelt war es heiß und verraucht. Kübel mit brennendem Torf standen in den vier Ecken und erfüllten den Raum mit düsterem, rötlichem Schein. Häute bedeckten den Boden. Jon fühlte sich plötzlich sehr allein, wie er in seiner schwarzen Kleidung dastand und auf eine Audienz mit jenem Abtrünnigen wartete, der sich selbst König-jenseits-der-Mauer nannte. Nachdem sich seine Augen an das rauchige rote Zwielicht gewöhnt hatten, sah er sechs Menschen, von denen ihn kein einziger beachtete. Ein dunkler junger Mann und eine hübsche blonde Frau teilten sich ein Horn mit Met. Eine schwangere Frau stand an einem Kohlenbecken und briet einige Hühner, während ein grauhaariger Mann in einem zerlumpten schwarzroten Mantel mit gekreuzten Beinen auf einem Kissen saß, die Laute spielte und dazu sang:
Des Dornischen Weib war schön wie die Sonn’,
ihre Küsse so warm wie der März.
Doch des Dornischen Kling’ war aus schwarzem Stahl,
und ihr Kuss ging direkt ins Herz.
Jon kannte das Lied, obwohl es ihn verwunderte, es hier zu hören, in diesem schäbigen Zelt
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