Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
solche Zeichen glaubte. »Ich wusste, dass es dir gefallen würde«, sagte sie. »Wir sollten deinem Bruder auf der Mauer Nachricht geben.«
»Ja, natürlich«, stimmte er zu. »Ben wird dabei sein wollen. Ich werde Maester Luwin sagen, er soll seinen schnellsten Vogel schicken.« Ned erhob sich und zog sie auf die Beine. »Teufel auch, wie viele Jahre mag es her sein? Und er gibt uns nicht mehr Nachricht als diese? Wie groß ist sein Gefolge, stand es in der Nachricht?«
»Ich denke hundert Ritter mindestens, mit all deren Gefolge, und noch einmal halb so viele freie Ritter. Cersei und die Kinder reisen mit ihnen.«
»Robert wird sich um ihretwillen Zeit lassen«, sagte er. »Das ist mir nur lieb. So bleibt uns mehr Zeit für die Vorbereitungen. «
»Auch die Brüder der Königin gehören dem Gefolge an«, erklärte sie.
Da verzog Ned das Gesicht. Zwischen ihm und der Familie der Königin gab es nur wenig Liebe, wie Catelyn wusste. Die Lennisters von Casterlystein hatten sich Roberts Sache erst spät angeschlossen, als der Sieg schon mehr als sicher war, und das hatte er ihnen nie verziehen. »Nun, wenn der Preis für Roberts Gesellschaft eine Heimsuchung durch die Lennisters ist, dann soll es so sein. Es klingt, als würde Robert die Hälfte seines Hofstaats mitbringen.«
»Wohin der König auch geht, folgt ihm sein Reich doch auf dem Fuße«, sagte sie.
»Es wird schön sein, die Kinder zu sehen. Der Jüngste nuckelte noch an der Brust dieser Lennister, als ich ihn zum letzten Mal gesehen habe. Er muss inzwischen fünf sein.«
»Prinz Tommen ist sieben«, erklärte sie ihm. »Genauso alt wie Bran. Bitte, Ned, hüte deine Zunge. Diese Lennister ist unsere Königin, und man sagt, ihr Stolz wüchse mit jedem Jahr.«
Ned drückte ihre Hand. »Natürlich muss es ein Fest geben, mit Sängern, und Robert wird jagen wollen. Ich werde Jory mit einer Ehrengarde gen Süden schicken, die ihn auf dem Königsweg in Empfang nimmt und hierher eskortiert. Bei den Göttern, wie sollen wir sie nur alle verköstigen? Schon auf dem Weg, sagtet Ihr? Verdammt sei der Mann. Man sollte ihm sein königliches Fell über die Ohren ziehen.«
DAENERYS
Ihr Bruder hielt den Umhang hoch, damit sie ihn betrachten konnte. »Ein Kunstwerk. Fass ihn an. Mach nur. Streich über diesen Stoff.«
Dany berührte ihn. Der Stoff war so weich, dass er wie Wasser durch ihre Finger zu rinnen schien. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals etwas derart Weiches getragen zu haben. Es machte ihr Angst. Sie zog ihre Hand zurück. »Ist er wirklich für mich?«
»Ein Geschenk von Magister Illyrio«, sagte Viserys lächelnd. Heute Abend war ihr Bruder in bester Stimmung. »Die Farbe wird das Veilchenblau in deinen Augen unterstreichen. Und auch Gold sollst du bekommen, und Juwelen aller Art. Illyrio hat es versprochen. Heute Abend sollst du wie eine Prinzessin aussehen.«
Eine Prinzessin, dachte Dany. Sie hatte schon vergessen, wie es war. Vielleicht hatte sie es nie wirklich gewusst. »Warum gibt er uns so viel?«, fragte sie. »Was will er von uns?« Seit fast einem halben Jahr nun wohnten sie im Haus des Magisters, aßen seine Speisen, wurden von seinen Dienern umsorgt. Dany war dreizehn, alt genug, zu wissen, dass man solche Gaben nur selten ohne Gegenleistung bekam, hier in der Freien Stadt Pentos.
»Illyrio ist kein Narr«, sagte Viserys. Er war ein magerer, junger Mann mit fiebrigem Blick in blasslilafarbenen Augen und nervösen Händen. »Der Magister weiß, dass ich meine Freunde nicht vergessen werde, wenn ich meinen Thron erst besteige.«
Dany sagte nichts. Magister Illyrio handelte mit Gewürzen,
Edelsteinen und anderen, weniger pikanten Dingen. Wie man hörte, hatte er Freunde in allen Neun Freien Städten und selbst jenseits davon in Vaes Dothrak und den sagenhaften Ländern abseits der Jadesee. Außerdem hörte man, er habe nie einen Freund gehabt, den er nicht mit Freuden für den angemessenen Preis verkauft hätte. Das redeten die Leute auf der Straße, doch war Dany klug genug, ihrem Bruder nicht zu widersprechen, wenn er das Netz seiner Träume wob. Sein Zorn, einmal entfacht, wütete furchtbar. Viserys nannte es »den Drachen wecken«.
Ihr Bruder hängte den Umhang neben die Tür. »Illyrio wird die Sklavinnen schicken, damit sie dich baden. Achte darauf, dass sie den Stallgestank abwaschen. Khal Drogo besitzt eintausend Pferde, aber heute Abend will er etwas anderes besteigen.« Er betrachtete sie eingehend. »Du sitzt noch immer
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