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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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der Amme entführt und war im Schutze der Dunkelheit zur sicheren Küste von Braavos gesegelt.
    Sie erinnerte sich dunkel an Ser Willem, einen großen, halb blinden Bären von einem Mann, der von seinem Krankenbett aus brüllte und Befehle bellte. Die Dienerschaft lebte in Angst und Schrecken vor ihm, doch zu Dany war er stets freundlich gewesen. Er nannte sie »kleine Prinzessin« und manchmal »Mylady«, und seine Hände waren weich wie altes Leder. Doch niemals verließ er sein Bett, und Tag und Nacht hing der Geruch von Krankheit an ihm, ein heißer, feuchter, drückend süßer Duft. Damals lebten sie in Braavos, in dem großen Haus mit der roten Tür. Dort hatte Dany ihr eigenes Zimmer mit einem Zitronenbaum vor dem Fenster.
Nachdem Ser Willem gestorben war, hatten die Diener das letzte Geld, das ihnen noch geblieben war, gestohlen, und kurz darauf waren sie aus dem großen Haus geworfen worden. Dany hatte geweint, als sich die rote Tür für immer hinter ihnen schloss.
    Seither waren sie auf Wanderschaft gewesen, von Braavos nach Myr, von Myr nach Tyrosh und weiter nach Qohor und Volantis und Lys, waren nie lange an einem Ort geblieben. Ihr Bruder ließ es nicht zu. Die gedungenen Messerstecher des Usurpators waren ihnen dicht auf den Fersen, so sagte er, obwohl Dany nie einen von ihnen zu Gesicht bekam.
    Anfangs hießen die Magister, Archonten und Handelsherren die letzten der Targaryen in ihren Häusern und an ihren Tafeln gern willkommen, doch je mehr Jahre ins Land gingen und je länger der Usurpator auf dem Eisernen Thron blieb, desto öfter verschlossen sich ihnen die Türen, und ihr Leben wurde kläglicher. Vor Jahren schon waren sie gezwungen gewesen, ihre letzten Schätze zu verkaufen, und jetzt war sogar die Münze, die sie für die Krone ihrer Mutter bekommen hatten, verloren. In den Gassen und Weinlöchern von Pentos nannte man ihren Bruder den »Bettlerkönig«. Dany wollte gar nicht wissen, wie man sie nannte.
    »Eines Tages werden wir alles zurückbekommen, süßes Schwesterchen«, versprach er ihr oft. Manchmal zitterten seine Hände, wenn er davon sprach. »Die Juwelen und die Seide, Drachenstein und Königsmund, den Eisernen Thron und die Sieben Königslande, alles, was sie uns genommen haben, holen wir uns zurück.« Allein für diesen Tag lebte Viserys. Alles, was Daenerys wiederhaben wollte, war das Haus mit der roten Tür, dem Zitronenbaum vor dem Fenster, die Kindheit, die sie nie gehabt hatte.
    Es klopfte leise an der Tür. »Herein«, sagte Dany und wandte sich vom Fenster ab. Illyrios Dienerinnen traten ein und machten sich ans Werk. Es waren Sklavinnen, ein Geschenk von einem der vielen dothrakischen Freunde des Magisters. In der Freien Stadt Pentos gab es keine Sklaverei. Die
alte Frau, klein und grau wie eine Maus, sagte nie auch nur ein Wort, doch das Mädchen machte das mehr als wett. Sie war Illyrios Lieblingssklavin, ein blondes, blauäugiges Ding von sechzehn Jahren, das bei der Arbeit unablässig plapperte.
    Sie füllten ihr Bad mit heißem Wasser, das aus der Küche gebracht wurde, und versetzten es mit duftenden Ölen. Das Mädchen zog Dany das grobe Leinenhemd über den Kopf und half ihr in die Wanne. Das Wasser war kochend heiß, doch weder schreckte Dany zurück, noch schrie sie auf. Sie mochte die Hitze. Sie gab ihr ein Gefühl von Sauberkeit. Außerdem hatte ihr Bruder ihr oft genug erklärt, nichts sei zu heiß für eine Targaryen. »Wir sind das Geschlecht der Drachen«, sagte er dann. »Das Feuer liegt uns im Blut.«
    Die alte Frau wusch schweigend ihr langes, silberweißes Haar und kämmte die Kletten heraus. Das Mädchen schrubbte Rücken und Füße und erklärte ihr, wie glücklich sie sich schätzen könne. »Drogo ist so reich, dass selbst seine Sklaven goldene Manschetten tragen. Hunderttausend Mann reiten in seinem Khalasar , und sein Palast in Vaes Dothrak hat zweihundert Zimmer und Türen aus reinem Silber.« Es kam noch mehr, so viel mehr davon, wie ansehnlich der Khal sei, so groß und wild, furchtlos in der Schlacht, der beste Reiter, der je auf einem Pferd gesessen habe, ein Teufel von einem Bogenschützen. Daenerys sagte nichts. Stets war sie davon ausgegangen, dass sie Viserys heiraten würde, sobald sie alt genug wäre. Jahrhundertelang hatten bei den Targaryen Bruder und Schwester geheiratet, seit Aegon der Eroberer seine Schwestern zur Braut genommen hatte. Die Linie muss rein bleiben, hatte Viserys ihr tausend Mal erklärt. In ihren Adern flösse

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