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Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell

Titel: Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R R Martin
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stummeligen Beinen versuchte er, Schritt zu halten. Sein Kopf war zu groß für den Körper, mit dem eingedrückten Gesicht eines Grobians unter gewölbter Stirn. Ein grünes und ein schwarzes Auge lugten unter strähnigem Haar hervor, welches so blond war, dass es fast weiß wirkte. Jon betrachtete ihn fasziniert.
    Die letzten hohen Herren, die eintraten, waren sein Onkel Benjen Stark von der Nachtwache und das Mündel seines Vaters, der junge Theon Graufreud. Benjen schenkte Jon ein warmes Lächeln, als er vorüberging. Theon ignorierte ihn vollkommen, doch das war nichts Neues. Nachdem alle Platz genommen hatten, wurden Trinksprüche ausgebracht, Danksagungen gesprochen und erwidert, und dann konnte das Fest beginnen.
    Da hatte Jon zu trinken begonnen, und er hatte seither nicht mehr damit aufgehört.
    Etwas rieb unter dem Tisch an seinem Bein. Jon sah rote Augen, die zu ihm aufblickten. »Schon wieder Hunger?«, fragte er. Es lag noch ein halbes, honigbestrichenes Hühnchen auf dem Tisch. Jon streckte eine Hand aus, um ihm ein Bein auszureißen, dann hatte er eine bessere Idee. Er spießte den ganzen Vogel mit der Gabel auf und ließ ihn zwischen seinen Beinen zu Boden gleiten. Mit gefräßigem Schweigen machte sich Geist darüber her. Jons Brüder und Schwestern hatten ihre Wölfe nicht mit zu dem Bankett bringen dürfen, doch tummelten sich an diesem Ende des Saales mehr Köter, als Jon zählen konnte, und niemand hatte ein Wort über sein Wolfsjunges verloren. Auch darin hatte er Glück, so sagte er sich.
    Seine Augen brannten. Wild rieb Jon daran herum, verfluchte den Rauch. Er nahm noch einen Schluck Wein und beobachtete, wie sein Schattenwolf das Huhn verschlang.
    Hunde liefen zwischen den Tischen herum, folgten den Bediensteten. Eine Hündin, eine schwarze Promenadenmischung
mit gelben Augen, witterte das Huhn. Sie blieb stehen und sprang unter die Bank, um sich ihren Teil zu holen. Jon sah sich den Streit an. Die Hündin knurrte tief in der Kehle und näherte sich. Schweigend blickte Geist auf und stierte den Hund mit seinen rot glühenden Augen an. Die Hündin schnappte wütend zu. Sie war drei Mal so groß wie das Wolfsjunge. Geist rührte sich nicht. Er stand über seiner Beute und öffnete das Maul, zeigte seine Reißzähne. Die Hündin spannte sich, bellte noch einmal, dann überlegte sie es sich anders. Sie fuhr herum und schlich davon, mit einem letzten, trotzigen Schnappen, um ihren Stolz zu wahren. Dann machte sich Geist wieder an sein Mahl.
    Jon grinste und langte unter den Tisch, um das zottig weiße Fell zu zerzausen. Der Schattenwolf sah zu ihm auf, leckte sanft an seiner Hand, dann machte er sich wieder an sein Fressen.
    »Ist das einer der Schattenwölfe, von denen ich so viel gehört habe?«, fragte eine altvertraute Stimme ganz in der Nähe.
    Freudig sah Jon auf, als sein Onkel Ben ihm eine Hand auf den Kopf legte und sein Haar zerzauste, ganz wie Jon es beim Wolf getan hatte. »Ja«, sagte er. »Er heißt Geist.«
    Einer der Knappen unterbrach die Zote, die er eben erzählte, um am Tisch Platz für den Bruder ihres Herrn zu machen. Benjen Stark setzte sich mit langen Beinen rittlings auf die Bank und nahm Jon den Weinbecher aus der Hand. »Sommerwein«, sagte er, nachdem er davon probiert hatte. »Nichts ist süßer. Wie viele Becher hast du davon schon gehabt, Jon?«
    Jon lächelte.
    Ben Stark lachte. »Ganz wie ich befürchtet hatte. Ach, na ja, ich glaube, ich war jünger als du, als ich mich zum ersten Mal wahrlich und ehrlich betrunken habe.« Er griff sich eine geröstete Zwiebel, triefend braun, von einem Schneidebrett in der Nähe, und biss hinein. Sie knirschte.
    Sein Onkel hatte scharfe Züge, zerklüftet wie eine Bergklippe,
doch stets lag die Andeutung eines Lächelns in seinen blaugrauen Augen. Er kleidete sich schwarz, wie es von einem Mann der Nachtwache erwartet wurde. Heute Abend war es satter, schwarzer Samt mit hohen Lederstiefeln und einem breiten Gürtel mit silberner Schnalle. Eine schwere Silberkette hing um seinen Hals. Benjen betrachtete Geist mit amüsiertem Blick, während er auf seiner Zwiebel kaute. »Ein sehr stiller Wolf«, bemerkte er.
    »Er ist nicht wie die anderen«, sagte Jon. »Er gibt nie auch nur einen Ton von sich. Deshalb habe ich ihn Geist genannt. Deshalb, und weil er weiß ist. Die anderen sind alle dunkel, grau oder schwarz.«
    »Es sind noch immer Schattenwölfe jenseits der Mauer. Wir hören sie auf unseren Patrouillen.« Benjen warf Jon

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