Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
Mann von sich, schrie und deutete auf ihn. Bran versuchte, sich hochzuziehen, krümmte sich und langte nach dem Wasserspeier. Er war zu sehr in Eile. Nutzlos packten seine Hände nach dem glatten Stein, und in seiner Panik glitten auch die Beine ab, und plötzlich stürzte er. Er spürte einen kurzen Schwindel, einen Ekel erregenden Ruck im Magen, als das Fenster an ihm vorüberflog. Blitzartig streckte er eine Hand aus, griff nach dem Sims, rutschte ab, bekam ihn mit der anderen Hand wieder zu fassen. Hart prallte er an die Mauer. Der Schlag nahm ihm den Atem. Bran baumelte an einer Hand, keuchend.
Im Fenster über ihm tauchten Gesichter auf.
Die Königin. Und jetzt erkannte Bran den Mann an ihrer Seite. Sie sahen einander so ähnlich, als wäre der eine das Spiegelbild des anderen.
»Er hat uns gesehen «, sagte die Frau mit schriller Stimme.
»Das hat er«, bestätigte der Mann.
Brans Finger begannen abzurutschen. Er packte den Sims mit seiner anderen Hand. Fingernägel krallten sich in den unnachgiebigen Stein. Der Mann streckte ihm eine Hand entgegen. »Nimm meine Hand«, sagte er. »Bevor du fällst.«
Bran packte seinen Arm und hielt sich mit aller Kraft fest. Der Mann zog ihn auf den Sims. »Was tust du?«, rief die Frau.
Der Mann ignorierte sie. Er war sehr stark. Er stellte Bran auf den Sims. »Wie alt bist du, Junge?«
»Sieben.« Bran zitterte vor Erleichterung. Seine Finger hatten tiefe Furchen in den Unterarm des Mannes gegraben. Schüchtern ließ er los.
Der Mann sah die Frau an. »Was man nicht alles für die Liebe tut«, sagte er verächtlich. Er gab Bran einen Stoß.
Schreiend stürzte Bran rückwärts aus dem Fenster ins Leere. Es gab nichts, woran er sich hätte festhalten können. Der Burghof flog ihm entgegen.
Irgendwo in der Ferne heulte ein Wolf. Über der Turmruine kreisten Krähen, warteten auf Futter.
TYRION
Irgendwo in dem großen, steinernen Irrgarten Winterfells heulte ein Wolf. Wie eine Trauerflagge hing sein Heulen über der Burg.
Tyrion Lennister sah von seinen Büchern auf, und ein Schauer lief ihm über den Rücken, obwohl es in der Bibliothek warm und gemütlich war. Irgendetwas am Heulen eines Wolfes riss ihn aus dem Hier und Jetzt und ließ ihn in einem finsteren Wald von Gedanken zurück, nackt auf der Flucht vor der Meute.
Als der Schattenwolf ein weiteres Mal heulte, schloss Tyrion das schwere, ledergebundene Buch, in dem er las, eine hundert Jahre alte Abhandlung über den Wandel der Jahreszeiten von einem lang schon verstorbenen Maester. Er verbarg ein Gähnen hinter dem Rücken seiner Hand. Seine Leselampe flackerte, da das Öl ausgebrannt war, während schon das Licht des frühen Morgens durch die hohen Fenster drang. Die ganze Nacht hatte er hier gesessen, doch das war nichts Neues. Tyrion Lennister schlief nie besonders viel.
Seine Beine waren steif und schmerzten, als er sich von der Bank schob. Er massierte ihnen Leben ein und humpelte schwerfällig zu dem Tisch, an dem der Septon sanft schnarchte, den Kopf auf einem offenen Buch vor sich. Tyrion warf einen Blick auf dessen Titel. Das Leben des Groß-Maester Aethelmure, kein Wunder. »Chayle«, sagte er leise. Der junge Mann schreckte auf, blinzelnd, verwirrt, und der Kristall seines Ordens baumelte wild an seiner Silberkette herum. »Ich gehe frühstücken. Denkt daran, dass Ihr die Bücher wieder in die Regale stellt. Seid vorsichtig mit den valyrischen
Schriftrollen, das Pergament ist sehr trocken. Ayrmidons Triebkräfte des Krieges ist sehr selten, und Eures ist die einzige vollständige Ausgabe, die ich je gesehen habe.« Chayle glotzte ihn an, noch immer halb im Schlaf. Geduldig wiederholte Tyrion seine Anweisungen, dann klopfte er dem Septon auf die Schulter und überließ ihn seinen Aufgaben.
Draußen sog Tyrion die kalte Morgenluft in die Lungen und begann den mühsamen Abstieg die steile, steinerne Treppe hinab, die sich um die Außenwand des Bücherturmes wand. Er konnte nur langsam gehen. Die Stufen waren schmal und hoch, seine Beine waren kurz und krumm. Noch hatte sich die aufgehende Sonne nicht über den Mauern von Winterfell gezeigt, doch die Männer unten auf dem Hof waren schon wieder hart bei der Sache. Sandor Cleganes schnarrende Stimme wehte zu ihm herauf. »Der Junge lässt sich mit dem Sterben Zeit. Ich wünschte, er würde sich beeilen.«
Tyrion blickte in die Tiefe und sah den Bluthund dort mit dem jungen Joffrey stehen, während Knappen sie umschwärmten. »Zumindest stirbt
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