Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
pechschwarzem Haar, das ihm auf die Schultern fiel und sein glatt rasiertes Gesicht einrahmte. Seine fröhlichen, grünen Augen hatten die Farbe seiner Rüstung. Unter einem Arm hielt er einen Geweihhelm, dessen Sprossen goldfarben leuchteten.
Anfangs fiel Sansa der dritte Fremde gar nicht auf. Er kniete nicht bei den anderen. Er stand an der Seite, neben ihren Pferden, ein ausgezehrter, grimmiger Mann, der alles schweigend beobachtete. Sein Gesicht war pockennarbig und bartlos, hatte tief liegende Augen und eingefallene Wangen. Obwohl er kein alter Mann war, besaß er nur noch wenige Büschel von Haaren, die über seinen Ohren sprossen, doch diese hatte er wie eine Frau lang wachsen lassen. Seine Rüstung war ein eisengraues Kettenhemd über Schichten von hartem Leder, schlicht und schmucklos, und sie kündete von Jahren des Gebrauchs. Über seiner rechten Schulter war der fleckige Ledergriff der Klinge zu sehen, die er auf den Rücken geschnallt hatte, ein doppelhändiges Großschwert, das zu lang war, um es an der Seite zu tragen.
»Der König ist zur Jagd, doch ich weiß, dass er sich freuen wird, Euch zu sehen, wenn er wiederkommt«, sagte die Königin zu den beiden Rittern, die vor ihr knieten, doch Sansa konnte ihren Blick nicht von dem dritten Mann lösen. Er schien zu spüren, dass ihr Blick auf ihm lastete. Langsam drehte er seinen Kopf herum. Lady knurrte. Ein Entsetzen, das so überwältigend wie nichts war, was Sansa Stark jemals
im Leben empfunden hatte, erfüllte sie urplötzlich. Sie trat zurück und stieß mit jemandem zusammen.
Starke Hände packten sie bei den Schultern, und einen Moment lang glaubte Sansa, es sei ihr Vater, doch als sie sich umwandte, war es das verbrannte Gesicht Sandor Cleganes, das auf sie herabsah, der Mund zu einem schrecklichen, höhnischen Grinsen verzogen. »Du zitterst, Mädchen«, schnarrte er. »Mache ich dir solche Angst?«
Das tat er und hatte es schon getan, seit sie zum ersten Mal die Ruine gesehen hatte, zu der sein Gesicht im Feuer geworden war, obwohl es ihr jetzt schien, als wäre er nicht halb so erschreckend wie der andere. Dennoch riss sich Sansa von ihm los, der Bluthund lachte, und Lady ging zwischen sie und knurrte warnend. Sansa fiel auf die Knie, um ihre Arme um den Wolf zu legen. Alle versammelten sich um sie und gafften. Sie konnte die Blicke spüren und hier und da ein Murmeln von Bemerkungen und leisem Kichern.
»Ein Wolf«, sagte ein Mann und jemand anders: »Bei allen sieben Höllen, das ist ein Schattenwolf«, und der erste Mann wieder: »Was macht der hier im Lager?« Die schnarrende Stimme des Bluthundes erwiderte: »Die Starks verwenden sie als Ammen«, und Sansa merkte, dass die beiden fremden Ritter auf sie und Lady herabsahen, mit Schwertern in Händen, und abermals fürchtete sie sich, schämte sich. Tränen traten ihr in die Augen.
Sie hörte die Königin sagen: »Joffrey, geh zu ihr.«
Und ihr Prinz war da.
»Lasst sie in Ruhe«, befahl Joffrey. Er beugte sich über sie, wunderschön in blauer Wolle und schwarzem Leder, die goldenen Locken wie eine Krone leuchtend in der Sonne. Er reichte ihr die Hand, zog sie auf die Beine. »Was ist, edles Fräulein? Was fürchtet Ihr Euch? Niemand wird Euch etwas tun. Steckt Eure Schwerter weg, Ihr alle. Der Wolf ist ihr kleiner Liebling, mehr nicht.« Er sah Sandor Clegane an. »Und Ihr, Hund, fort mit Euch, Ihr macht meiner Versprochenen Angst.«
Der Bluthund, stets loyal, verbeugte sich und verschwand wortlos in der Menge. Sansa rang um Fassung. Sie fühlte sich wie eine Närrin. Sie war eine Stark von Winterfell, eine Edle, und eines Tages würde sie die Königin sein. »Er war es nicht, mein süßer Prinz«, versuchte sie ihm zu erklären. »Es war der andere.«
Die beiden fremden Ritter tauschten Blicke. »Payne?«, lachte der junge Mann in grüner Rüstung.
Der ältere Mann in Weiß sprach mit freundlicher Stimme zu Sansa. »Oftmals erschrickt Ser Ilyn auch mich, edles Fräulein. Er hat etwas Furchterregendes an sich.«
»Das sollte er auch.« Die Königin war der Karosse entstiegen. Die Zuschauer teilten sich, um ihr einen Weg zu bahnen. »Wenn die Schurken den Richter des Königs nicht fürchten, hat man das Amt dem falschen Mann gegeben.«
Endlich fand Sansa die Sprache wieder. »Dann habt Ihr ganz sicher den richtigen Mann gewählt, Majestät«, sagte sie, und ein Sturm des Gelächters brandete um sie herum auf.
»Gut gesprochen, Kind«, erwiderte der alte Mann in Weiß. »Wie
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