Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
es sich für die Tochter von Eddard Stark geziemt. Ich fühle mich geehrt, Euch kennenzulernen, so unbotmäßig die Art und Weise unseres Kennenlernens auch sein mag. Ich bin Ser Barristan Selmy von der Königsgarde.« Er verneigte sich.
Sansa kannte den Namen, und nun fielen ihr die Umgangsformen wieder ein, die Septa Mordane sie im Laufe der Jahre gelehrt hatte. »Der Kommandant der Königsgarde«, sagte sie, »und Ratsmann Roberts, unseres Königs, und vor ihm Aerys Targaryens. Die Ehre ist ganz auf meiner Seite, guter Ritter. Selbst im hohen Norden preisen Sänger die Taten Barristans des Kühnen.«
Wieder lachte der grüne Ritter. »Ihr meint wohl Barristan den Krummen. Schmeichelt ihm nicht zu sehr, Kind. Er hält ohnehin schon zu viel auf sich.« Er lächelte sie an. »Nun, Wolfsmädchen, wenn Ihr auch mich beim Namen nennen könntet, müsste ich einräumen, dass Ihr wahrlich die Tochter unserer Rechten Hand seid.«
Joffrey an ihrer Seite wurde starr. »Wie könnt Ihr es wagen, meine Verlobte auf diese Weise anzusprechen.«
»Ich kann es beantworten«, sagte Sansa eilig, um den Zorn ihres Prinzen zu besänftigen. Sie lächelte den grünen Ritter an. »Euer Helm trägt ein goldenes Geweih, Mylord. Der Hirsch ist das Siegel des Königshauses. König Robert hat zwei Brüder. Da Ihr so sehr jung seid, könnt Ihr nur Renly Baratheon, der Lord von Sturmkap und Ratsmann des Königs, sein, und so will ich Euch benennen.«
Ser Barristan gluckste. »Da er so sehr jung ist, kann er nur ein stolzierender Naseweis sein, und so will ich ihn benennen. «
Allgemeines Gelächter machte sich breit, angeführt von Lord Renly selbst. Die Anspannung, die noch vor wenigen Augenblicken geherrscht hatte, war verflogen, und Sansa begann, sich wohl zu fühlen … bis Ser Ilyn Payne zwei Männer beiseiteschob und vor ihr stand, todernst. Er sagte kein Wort. Lady fletschte die Zähne und fing an zu knurren, ein leises, drohendes Grollen, doch diesmal beruhigte Sansa den Wolf, indem sie ihre Hand sanft auf seinen Kopf legte. »Es tut mir leid, falls ich Euch gekränkt haben sollte, Ser Ilyn«, sagte sie.
Sie wartete auf Antwort, doch keine kam. Als der Henker sie ansah, schienen seine blassen, farblosen Augen erst die Kleider von ihrem Leib zu schälen und dann die Haut, und ihre Seele lag nackt und bloß vor ihm. Noch immer schweigend drehte er sich um und ging.
Sansa verstand es nicht. Sie sah ihren Prinzen an. »Habe ich etwas Falsches gesagt, Majestät? Warum will er nicht mit mir sprechen?«
»Ser Ilyn ist in den vergangenen vierzehn Jahren nie besonders gesprächig gewesen«, bemerkte Lord Renly mit verschmitztem Lächeln.
Joffrey warf seinem Onkel einen zutiefst hasserfüllten Blick zu, dann nahm er Sansas Hände in die seinen. »Aerys Targaryen hat seine Zunge mit einer heißen Zange herausreißen lassen.«
»Allerdings spricht er ganz beredt mit seinem Schwert«, warf die Königin ein, »und seine Ergebenheit dem Reich gegenüber steht außer Frage.« Dann lächelte sie dankbar. »Sansa, die guten Ratsmänner müssen mit mir sprechen, bevor der König mit deinem Vater wiederkommt. Ich fürchte, wir müssen deinen Besuch bei Myrcella verschieben. Bitte überbringe deiner reizenden Schwester meine Entschuldigung. Joffrey, vielleicht wärest du so freundlich, unsere Gäste heute zu unterhalten.«
»Es wäre mir ein Vergnügen, Mutter«, sagte Joffrey sehr förmlich. Er nahm sie beim Arm und führte sie von der Karosse fort, und Sansas Lebensgeister vollführten einen Luftsprung. Ein ganzer Tag mit ihrem Prinzen! Anbetungsvoll sah sie Joffrey an. Er war so galant, dachte sie. Wie er sie vor Ser Ilyn und dem Bluthund gerettet hatte, nun, fast war es wie in den Liedern wie damals, als Serwyn mit dem Spiegelschild die Prinzessin Daeryssa vor den Riesen gerettet hatte oder Prinz Aemon, der Drachenritter, die Ehre von Königin Naerys gegen die Verleumdungen Ser Morgils verteidigte.
Joffreys Hand auf ihrem Ärmel ließ ihr Herz gleich schneller schlagen. »Was würdet Ihr gern tun?«
Bei Euch sein, dachte Sansa, doch sagte sie: »Was immer Ihr gern tun würdet, mein Prinz.«
Joffrey überlegte einen Augenblick. »Wir könnten reiten gehen.«
»Oh, ich liebe das Reiten«, flötete Sansa.
Joffrey warf einen Blick auf Lady, die ihr auf den Fersen folgte. »Euer Wolf dürfte die Pferde erschrecken, und mein Hund scheint Euch zu erschrecken. Lasst uns beide zurücklassen und allein ausreiten, was meint Ihr?«
Sansa zögerte.
Weitere Kostenlose Bücher