Das Lied von Eis und Feuer 1 - Die Herren von Winterfell
entsetzt. »Arya?« , rief sie ungläubig aus.
»Geht weg«, rief Arya ihnen zu mit Tränen der Wut in den Augen. »Was tut ihr hier? Lasst uns allein.«
Joffrey sah von Arya zu Sansa und zurück. »Eure Schwester? « Sie nickte, errötete. Joffrey betrachtete den Jungen, einen linkischen Burschen mit grobem, sommersprossigem Gesicht und dickem, rotem Haar. »Und wer bist du, Junge?«, fragte er in einem Befehlston, der keine Rücksicht auf den Umstand nahm, dass der andere ein Jahr älter war als er.
»Mycah«, murmelte der Junge. Er erkannte den Prinzen und senkte seinen Blick. »M’lord.«
»Er ist der Schlachterjunge«, merkte Sansa an.
»Ein Schlachterjunge, der ein Ritter sein will, habe ich Recht?« Joffrey schwang sich von seinem Pferd, mit dem Schwert in der Hand. »Nimm dein Schwert auf, Schlachterjunge«, verlangte er, und seine Augen leuchteten vor Freude. »Lass uns sehen, wie gut du bist.«
Mycah stand da, erstarrt vor Angst.
Joffrey ging ihm entgegen. »Mach schon, nimm es auf. Oder kämpfst du nur mit kleinen Mädchen?«
»Sie hat mich darum gebeten, M’lord«, verteidigte sich Mycah. »Sie hat mich darum gebeten.«
Sansa musste nur einen Blick auf Arya werfen und die Schamesröte auf dem Gesicht ihrer Schwester sehen, um zu erkennen, dass der Junge die Wahrheit sprach, doch Joffrey war nicht in der Stimmung, zuzuhören. Der Wein hatte ihn wild gemacht. »Nimmst du dein Schwert auf?«
Mycah schüttelte den Kopf. »Es ist nur ein Stecken, M’lord. Es ist kein Schwert, es ist nur ein Stecken.«
»Und du bist nur ein Schlachterjunge und kein Ritter.«
Joffrey hob Löwenfang an und setzte dessen Spitze auf Mycahs Wange, während der Schlachterjunge zitternd dastand. »Du hast auf die Schwester meiner Verlobten eingeschlagen, weißt du das?« Eine helle Knospe von Blut erblühte dort, wo sein Schwert in Mycahs Haut schnitt, und langsam lief ein roter Tropfen über die Wange des Jungen.
»Hört auf!« , schrie Arya. Sie hob ihren Stock auf.
Sansa fürchtete sich. »Arya, misch dich nicht ein!«
»Ich werde ihm nicht wehtun … nicht sehr«, erklärte Joffrey Arya, ohne seinen Blick von dem Schlachterjungen abzuwenden.
Arya stürzte sich auf ihn.
Sansa glitt von ihrer Stute, doch sie war zu langsam. Arya holte mit beiden Händen aus. Es gab ein lautes Knacken, als das Holz den Prinzen am Hinterkopf traf, und dann geschah vor Sansas entsetzten Augen alles mit einem Mal. Joffrey taumelte und fuhr herum, brüllte fluchend. Mycah rannte zu den Bäumen, so schnell seine Beine ihn trugen. Wieder holte Arya gegen den Prinzen aus, doch diesmal fing Joffrey den Hieb mit Löwenfang ab und schlug ihr den zerbrochenen Stecken aus der Hand. Sein Hinterkopf war blutig, und seine Augen sprühten Feuer. Sansa kreischte: »Nein, nein, hört auf, hört auf, alle beide, ihr verderbt alles«, doch niemand hörte auf sie. Arya griff sich einen Stein vom Boden und schleuderte ihn Joffreys Kopf entgegen. Stattdessen traf sie sein Pferd, und der Fuchs bäumte sich auf und galoppierte Mycah hinterher. »Hört auf, nicht, hört auf!« , schrie Sansa. Joffrey schlug mit seinem Schwert nach Arya, schrie Obszönitäten, schreckliche Worte, schmutzige Worte. Arya wich zurück, voller Angst, doch Joffrey folgte ihr, scheuchte sie zum Wald hin, drängte sie an einen Baum. Sansa wusste nicht, was sie tun sollte. Hilflos sah sie zu, fast blind vor Tränen.
Und dann blitzte vor ihr graues Fell auf, und plötzlich war Nymeria da, machte einen Satz, und Kiefer schlossen sich um Joffreys Schwertarm. Die Klinge fiel aus des Prinzen Hand, als der Wolf ihn von den Beinen stieß, und sie rollten durchs
Gras, der Wolf knurrend und beißend, der Prinz kreischend vor Schmerz. »Nimm ihn weg«, schrie er. »Nimm ihn weg!«
Aryas Stimme knallte wie eine Peitsche. »Nymeria!«
Der Schattenwolf ließ von Joffrey ab und lief an Aryas Seite. Der Prinz lag im Gras, wimmernd, hielt seinen zerfleischten Arm. Sein Hemd war blutdurchtränkt. Arya sagte: »Sie hat dich nicht verletzt … nicht sehr.« Sie hob Löwenfang auf und beugte sich über ihn, das Schwert in beiden Händen.
Joffrey gab ein ängstliches Wimmern von sich, als er zu ihr aufsah. »Nein«, flehte er, »tu mir nichts. Ich sag es meiner Mutter.«
»Lass ihn in Ruhe!« , schrie Sansa ihre Schwester an.
Arya fuhr herum und schwang das Schwert durch die Luft, legte ihren ganzen Körper in den Wurf. Der blaue Stahl blitzte in der Sonne, als das Schwert über den Fluss flog. Es
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