Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
schwarzen Mauern und Drachen wider. Steindrachen, die niemals zum Leben erwachen werden, bete ich. Die Steintrommel ragte hoch über ihm auf. Die Wachen an der Tür lösten die gekreuzten Spieße voneinander, als er sich näherte. Nicht für den Zwiebelritter, sondern für die Hand des Königs. Zumindest bei seinem Eintritt war Davos noch die Hand. Er fragte sich, als was er wieder herauskommen würde. Falls er überhaupt herauskommen würde …
Die Treppe erschien ihm länger und steiler als zuvor, oder vielleicht war er nur müde. Für solche Aufgaben hat die Mutter mich nicht geschaffen. Zu schnell war er zu hoch aufgestiegen, und hier oben auf dem Gipfel reichte die dünne Luft nicht mehr zum Atmen. Als Kind hatte er von Reichtümern geträumt, doch diese Zeiten waren längst vorüber. Später, schon erwachsen, hatte er sich lediglich ein paar Morgen gutes Land gewünscht, eine Halle, in der er alt werden konnte, und ein besseres Leben für seine Söhne. Der Blinde Bastard pflegte stets zu sagen, ein kluger Schmuggler überspanne den Bogen nie und lenke nicht zu viel Aufmerksamkeit auf sich. Ein Stück Land, ein gezimmertes Dach über dem Kopf, ein »Ser« vor dem Namen, damit hätte ich zufrieden sein sollen. Falls er diese Nacht überlebte, würde er Devan nehmen und zum Zornkap zu seiner geliebten Marya zurücksegeln. Wir werden zusammen um unsere toten Söhne trauern, die lebenden zu guten Männern erziehen und nicht mehr von Königen reden.
Der Saal mit der Bemalten Tafel war dunkel und leer, als Davos ihn betrat; der König war wohl noch beim Nachtfeuer, bei Melisandre und den Männern der Königin. Er kniete nieder und machte Feuer im Kamin, um die Kälte aus dem runden Raum zu vertreiben und die Schatten zurück in die Ecken und Winkel zu drängen. Danach ging er an der Wand entlang zu jedem Fenster, zog die schweren Samtvorhänge zurück und öffnete die Läden. Der Wind fuhr herein, trug den Geruch von Salz und Meer heran und zerrte an seinem einfachen braunen Mantel.
Am Nordfenster stützte er sich auf die Fensterbank und atmete die kalte Nachtluft ein, wobei er hoffte, einen Blick auf die Segel der Verrückter Prendos zu erhaschen, doch das Meer war schwarz und leer, soweit das Auge sehen konnte. Ist sie bereits in See gestochen? Er konnte nur beten, dass das Schiff und mit ihm der Junge schon unterwegs war. Der Halbmond schob sich zwischen dünnen hohen Wolken hervor, und Davos sah vertraute Sterne. Dort stand die Galeere, die nach Westen segelte, dort die Laterne des Alten Weibes, vier helle Sterne, die einen goldenen Nebel einschlossen. Die Wolken verbargen den größten Teil des Eisdrachen, alles außer dem hellen blauen Auge, das genau nach Norden zeigte. Der Himmel ist voller Schmugglersterne. Sie waren alte Freunde, diese Sterne; Davos hoffte, dass dies Glück bedeutete.
Aber als er den Blick vom Himmel zu den Mauern der Burg senkte, war er sich dessen nicht mehr so sicher. Die Flügel der Steindrachen warfen große schwarze Schatten ins Licht des Nachtfeuers. Er versuchte sich einzureden, sie seien lediglich aus Stein gehauene, kalte und leblose Figuren. Einst war dies ihr Ort. Ein Ort der Drachen und Drachenlords, der Sitz des Hauses Targaryen. In den Adern der Targaryen floss das Blut des alten Valyria …
Der Wind strich seufzend durch den Saal, und im Kamin flackerten und tanzten die Flammen. Davos lauschte dem Knacken und Knistern der Scheite. Als er vom Fenster zurücktrat, ging ihm sein Schatten voraus, lang und dünn, und fiel wie ein Schwert auf die Bemalte Tafel. Dort stand er für eine lange Zeit und wartete. Schließlich hörte er ihre Stiefel die Treppe heraufsteigen. Die Stimme des Königs ging ihm voraus. »… sind nicht drei«, sagte er.
»Drei sind drei«, antwortete Melisandre. »Ich schwöre es Euch, Euer Gnaden, ich sah ihn sterben und hörte seine Mutter wehklagen.«
»Im Nachtfeuer.« Stannis und Melisandre traten gemeinsam durch die Tür ein. »Die Flammen sind voller Täuschungen.
Was ist, was sein wird und was vielleicht sein kann. Ihr könnt es mir nicht mit Sicherheit sagen …«
»Euer Gnaden.« Davos trat vor. »Lady Melisandre hat richtig gesehen. Euer Neffe Joffrey ist tot.«
Wenn es den König überraschte, ihn bei der Bemalten Tafel vorzufinden, so ließ er es sich nicht anmerken. »Lord Davos«, sagte er, »er war nicht mein Neffe. Obwohl ich das jahrelang geglaubt habe.«
»Er ist bei seinem Hochzeitsfest an einem Bissen Pastete erstickt«, sagte
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