Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
doch die Ritter hatten stählerne Rüstungen und schwere Schlachtrösser. Im dichtesten Kampfgetümmel entdeckte Jon Manke, der in den Steigbügeln stand. Mit seinem rot-schwarzen Mantel und seinem Helm mit den Rabenschwingen war er leicht auszumachen. Er hatte das Schwert in die Höhe gereckt, und gerade versammelten sich Männer um ihn, als ein Keil von Rittern mit Lanze, Schwert und Streitaxt über sie herfiel. Mankes Stute bäumte sich auf, trat um sich, und ein Speer durchbohrte ihre Brust. Dann brandete die stählerne Flut über Manke hinweg.
Das war’s, dachte Jon, ihre Reihen brechen auf. Die Wildlinge stürzten Hals über Kopf davon und ließen die Waffen fallen; Hornfüße, Höhlenbewohner und Thenns in bronzenen Schuppen, alle flohen. Manke war verschwunden, jemand schwenkte Harmas Kopf auf einem Speer, Tormunds Reihen befanden sich ebenfalls in Auflösung. Nur die Riesen auf ihren Mammuts hielten noch stand wie haarige Inseln in einem Meer aus rotem Stahl. Das Feuer sprang von einem Zelt zum nächsten über, und auch manche der hohen Kiefern gingen in Flammen auf. Und durch den Rauch preschte der nächste Keil aus gepanzerten Reitern heran, auf Pferden in Rossharnischen. Über ihnen wehten die größten Banner, die er bis jetzt gesehen hatte, königliche Standarten, so groß wie Bettlaken – ein gelbes Banner mit langen spitzen Zungen, das ein flammendes Herz
zeigte, und ein zweites wie aus getriebenem Gold, auf dem ein schwarzer Hirsch tänzelte und im Wind wallte.
Robert, dachte Jon einen irren Augenblick lang und musste an den armen Owen denken, doch als die Trompeten von neuem erschollen und die Ritter wieder angriffen, wurde ein anderer Name gebrüllt: »Stannis! Stannis! STANNIS!«
Jon wandte sich ab und ging ins Zelt.
ARYA
Vor dem Gasthaus klapperten und drehten sich an einem verwitterten Galgen die Knochen einer Frau bei jedem Windstoß.
Ich kenne dieses Gasthaus. Allerdings hatte es hier keinen Galgen gegeben, als sie mit ihrer Schwester Sansa unter den wachsamen Augen von Septa Mordane hier übernachtet hatte. »Wir sollten da nicht hineingehen«, entschied Arya plötzlich. »Da könnten Gespenster hausen.«
»Weißt du, wie lange ich keinen Wein mehr getrunken habe?« Sandor schwang sich aus dem Sattel. »Außerdem müssen wir herausfinden, wer die Rubinfurt hält. Bleib bei den Pferden, wenn du willst, davon wachsen mir keine Haare am Hintern.«
»Und wenn sie Euch erkennen?« Sandor machte sich nicht mehr die Mühe, sein Gesicht zu verbergen. Es schien ihm gleichgültig zu sein, wer ihn erkannte. »Vielleicht wollen sie Euch gefangen nehmen.«
»Sollen sie es doch versuchen.« Er lockerte sein Langschwert in der Scheide und stieß die Tür auf.
Eine bessere Gelegenheit zur Flucht würde sich Arya nie wieder bieten. Sie konnte auf Memme fortreiten und Fremder mitnehmen. Sie kaute auf ihrer Unterlippe herum. Dann führte sie die Pferde zum Stall und folgte Sandor ins Gasthaus.
Sie haben ihn erkannt. Das Schweigen verriet es ihr. Doch das war nicht das Schlimmste. Sie kannte sie auch. Nicht den mageren Gastwirt, nicht die Frau und auch nicht die Feldarbeiter am Kamin. Sondern die anderen. Die Soldaten. Sie kannte die Soldaten.
»Sucht Ihr Euren Bruder, Sandor?« Pollivers Hand steckte im Mieder des Mädchens, das auf seinem Schoß saß, doch jetzt zog er sie hervor.
»Ich will nur einen Becher Wein. Gastwirt, einen Krug Roten. « Clegane warf eine Hand voll Kupferstücke auf den Boden.
»Ich will keinen Ärger, Ser«, erwiderte der Gastwirt.
»Dann nenn mich nicht Ser .« Sein Mund zuckte. »Bist du taub, Narr? Ich habe Wein bestellt.« Während der Mann loslief, rief Clegane ihm hinterher: »Zwei Becher! Das Mädchen hat auch Durst!«
Sie sind nur zu dritt, dachte Arya. Polliver warf ihr einen flüchtigen Blick zu, und der Junge neben ihm beachtete sie überhaupt nicht, aber der dritte schaute sie lange und durchdringend an. Er war von mittlerer Größe und Statur, und sein Gesicht war so gewöhnlich, dass es schwierig war, sein Alter zu erraten. Der Kitzler. Der Kitzler und Polliver. Der Junge war seinem Alter und seiner Kleidung nach ein Knappe. Auf einem Nasenflügel prangte ein dicker weißer Pickel, mehrere rote sprossen auf der Stirn. »Ist das der verloren gegangene Welpe, von dem Ser Gregor gesprochen hat?«, fragte er den Kitzler. »Der in die Binsen gepisst hat und abgehauen ist?«
Der Kitzler legte dem Jungen warnend die Hand auf den Arm und schüttelte kurz den
Weitere Kostenlose Bücher