Das Lied von Eis und Feuer 6 - Martin, G: Lied von Eis und Feuer 6 - A Storm of Swords. Book Three of A Song of Ice and Fire (2)
davon nichts anmerken.
»Ist das der Schwarzwasser?« Sie hatten eine so weite Strecke in Regen und Dunkelheit zurückgelegt, durch weglose Wälder und namenlose Dörfer, dass Arya die Orientierung verloren hatte.
»Das ist ein Fluss, den wir überqueren müssen, mehr
brauchst du nicht zu wissen.« Clegane antwortete ihr von Zeit zu Zeit, doch er hatte sie gewarnt, ihm nicht zu widersprechen. Überhaupt hatte er schon am ersten Tag eine Menge Warnungen ausgesprochen. »Wenn du mich das nächste Mal schlägst, fessele ich dir die Hände auf den Rücken«, hatte er gesagt. »Das nächste Mal, wenn du davonrennen willst, binde ich dir die Füße zusammen. Schrei, brüll oder beiß mich noch einmal, dann knebele ich dich. Wir können hintereinander reiten, oder ich werfe dich hinter mir aufs Pferd, verschnürt wie eine Sau, die zur Schlachtbank gebracht wird. Du hast die Wahl.«
Sie hatte sich fürs Reiten entschieden, doch als sie das erste Mal ihr Lager aufschlugen, hatte sie gewartet, bis er schlief, und dann einen großen Stein gefunden, mit dem sie ihm seinen hässlichen Kopf einschlagen konnte. Leise wie ein Schatten, mahnte sie sich, während sie auf ihn zuschlich, aber das war nicht leise genug. Der Bluthund hatte gar nicht geschlafen. Oder vielleicht war er aufgewacht. Wie dem auch sei, er hatte die Augen geöffnet, sein Mund hatte gezuckt, und er hatte ihr den Stein entwunden wie einem Kleinkind. Sie konnte lediglich um sich treten. »Dies eine Mal will ich dich ungeschoren davonkommen lassen«, sagte er, nachdem er den Stein ins Gebüsch geworfen hatte. »Aber wenn du so dumm bist, das noch einmal zu versuchen, werde ich dir schrecklich wehtun.«
»Warum bringt Ihr mich nicht einfach um , so wie Ihr es mit Mycah getan habt?«, schrie Arya ihn an. Da war sie noch trotzig gewesen, eher wütend als verängstigt.
Er antwortete, indem er sie vorn am Gewand packte und sie dicht vor sein verbranntes Gesicht zog. »Wenn du diesen Namen noch einmal in den Mund nimmst, setzt es eine Tracht Prügel, dass du dir tatsächlich wünschen wirst , ich hätte dich umgebracht.«
Danach wickelte er sie jede Nacht in seine Pferdedecke, wenn er schlafen ging, und band sie oben und unten zu, wodurch Arya zusammengeschnürt war wie ein Säugling in Windeln.
Das muss der Schwarzwasser sein, entschied Arya, während sie dem Regen zuschaute, der auf den Fluss niederprasselte. Der Bluthund war Joffreys Hund, und er brachte sie zurück zum Roten Bergfried, um sie Joffrey und der Königin auszuhändigen. Sie wünschte nur, die Sonne würde herauskommen, damit sie feststellen könnte, in welche Richtung sie ritten. Je länger sie das Moos auf den Bäumen betrachtete, desto mehr verwirrte es sie. In Königsmund war der Schwarzwasser nicht so breit, aber das war auch vor dem Regen.
»Die Furten werden nicht passierbar sein«, sagte Sandor Clegane, »und schwimmen will ich auch nicht.«
Es gibt keinen Weg hinüber, dachte sie. Lord Beric wird uns bestimmt einholen. Clegane hatte seinen schwarzen Hengst hart angetrieben, hatte dreimal Haken geschlagen, um die Verfolger abzuschütteln, und war einmal sogar eine halbe Meile in der Mitte eines angeschwollenen Bachs geritten … trotzdem rechnete Arya jedes Mal, wenn sie sich umschaute, damit, die Geächteten zu erblicken. Sie tat alles, um ihnen zu helfen, indem sie ihren Namen in Baumstämme ritzte, wenn sie ins Gebüsch ging, um Wasser zu lassen, beim vierten Mal hatte er sie jedoch dabei erwischt, und danach war es auch damit vorbei gewesen. Auch egal, redete sich Arya ein, Thoros wird mich in seinen Flammen finden. Nur hatte er bislang dabei wohl keinen Erfolg gehabt, und wenn sie erst den Fluss überquert hätten …
»Eggingen sollte nicht weit sein«, sagte der Bluthund. »Wo Lord Wurtz das zweiköpfige Wasserpferd des Alten Königs Andahar in seinen Ställen beherbergt. Vielleicht kommen wir dort hinüber.«
Vom Alten König Andahar hatte Arya noch nie gehört. Und ein Pferd mit zwei Köpfen hatte sie ebenfalls noch nie gesehen, vor allem keins, das auf dem Wasser laufen konnte, doch sie hütete sich, Fragen zu stellen. Sie hielt den Mund und saß steif da, während der Bluthund den Hengst wendete, ihn entlang der Gratlinie dahintrotten ließ und der Strömung des Flusses folgte. Auf diese Weise hatten sie wenigstens den Regen im
Rücken. Sie hatte genug von den stechenden Tropfen, die sie halb blendeten und ihr wie Tränen über die Wangen flossen, als würde sie weinen.
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