Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition)

Titel: Das Lied von Schnee & Liebe (The Empires of Stones, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erik Kellen
Vom Netzwerk:
erkannt? Oder noch mehr, die Territorie? Mit einem Zögern erwiderte A den Gruß.
    »Hallo … Mr … Joe«, stotterte sie. Wie peinlich.
    »Kein Grund, nervös zu werden, junge Dame. Man könnte mich von schwarzem Glas umschlossen auf dem Meeresgrund versenken, ich würde dennoch eine schöne Frau erkennen, wenn ich sie sehe.« Er schmunzelte. Als er um den Schreibtisch ging, wirkte er schief. Die Hüfte rechts, erkannte A. Ein Bruch vor langer Zeit, nie ganz verheilt, fügte sie im Geiste hinzu. Etwa fünfundvierzig Kilo. Erst jetzt kamen die Worte schwarzes Glas zu ihr durch, Hitze stieg in ihr auf. ›War der Kerl ein Zauberer?‹ Sie räusperte sich, plötzlich wollte sie weg von hier. Schnell.
    »Alles in Ordnung, Mädchen«, beschwichtigte Steamy Joe. »Ich habe keinen Hader mit den Stämmen. Hab´ den ganzen, verdammten Krieg sowieso nie verstanden.« Er holte die Zigarette hinter dem Ohr hervor und zündete sie mit einem Streichholz an. »Ihr sucht einen Wagen, richtig? Einen Ford Gigant, wenn Leonardo nicht wieder was falsch verstanden hat. Er hat von Autos nämlich soviel Ahnung wie ich von Shakespeare oder wie der Kerl auch immer heißt.«
    Der kleine Mann führte sie aus der Halle zurück auf den Vorplatz, der umstanden war von kleineren Lagerhäusern, Baracken und wahllos gestapelten Holzpaletten. Er winkte einem jungen Mann zu, der kurz darauf mit einem seltsamen Wagen zurückkehrte. Es war ein dampfbetriebener Strandbuggy mit einem bunten Sonnenschirm als Dach. Steamy Joe schien offensichtlich dem Meer zugetan. Die Reifen waren kaum größer als die einer Schubkarre, doch hatten sie ein wesentlich tieferes Profil. Es gab nur zwei breite, gepolsterte Sitzbänke, eine Lenkstange wie bei einem Fahrrad, eine Handhupe, die wie ein Jagdhorn ausschaute und hinten war ein schmaler Kessel, der die Hydraulik antrieb. Ein schräges Gefährt, ohne Zweifel.
    »Den benutze ich auch zum Golf spielen. Ist einfacher für mich, zwischen den Löchern so zu reisen, die olle Hüfte schmerzt zu sehr.«
    Sie nahmen alle Platz, wobei Dozer die Füße herausbaumeln ließ und der kleine Wagen etwas Schlagseite bekam, aber es ging und so fuhren sie, hellen Dampf ausstoßend, in das Labyrinth der Autowracks.
    Anevay staunte nicht schlecht über den Anblick hunderter und aberhunderter Automobile, die übereinander lagen wie metallische Boote auf Kiel. Manchmal werkelte jemand in luftiger Höhe herum, einen Werkzeugbeutel an der Seite, und schraubte Ersatzteile aus einem der Wagen. Sie waren so gelagert, wie Steamy Joe es ausdrückte, dass man optimal an sie herankam und möglichst weitere Schäden an den Fahrzeugen vermied. Es wäre doch reichlich dumm, einen Pickup auf ein Cabrio zu stellen. Es kam einer Kunstform gleich, und man benötigte Fachwissen und ein gutes Auge für diese Arbeit.
    Weiter ging es durch die breiten Gänge, vorbei an den ausgeschlachteten Autos. Es roch nach Staub und Rost, nach zerfallenen Reifen und von Mäusen eroberten Polstern. Manche Karossen wirkten uralt, andere dagegen, als wären sie direkt vom Fließband hier bei Steamy Joe gelandet. Wahrscheinlich waren sie das sogar.
    »Die Fords sind hinten in der Nordwestpassage, Reihe 14, wenn ich mich nicht irre.« A lächelte über seine ihm eigene nautische Vorliebe. Steamy lächelte zurück. Er hatte gute Zähne, einer war aus teurem Gold.
    Als sie in die Nordwestpassage einbogen, bekam Anevay ein ungutes Gefühl, das sich von ihrem Magen bis in die Backenzähne zog. Hier lagen die Wagen übereinander, die sie und ihr Vater oft benutzt hatten. Sie erinnerte sich nicht mehr, wie häufig sie das Fahrzeug gewechselt hatten auf ihrer Reise, die im Grunde nirgendwohin zu führen schien. Ihm war es wichtig gewesen, neue Erfahrungen zu machen, auch wenn es nur ein neuer fahrbarer Untersatz war. Jetzt, im Lichte der vergangenen Ereignisse, war es vielleicht gar keine Reise gewesen, sondern die ganze Zeit über eine Flucht.
    A erkannte den Wagen sofort. Ihre Hände begannen zu zittern, als sie ihn in einem Stapel entdeckte. Der fünfte Wagen war es, über ihm lag noch eine schwarze Limousine. Es waren vielleicht zehn Meter, um hinaufzuklettern, ein Klacks für jemanden, der sich bei Regen einen Turm heruntergehangelt hatte. A bat Steamy Joe zu halten.
    Sie stieg aus und versuchte sich zu beruhigen. Die ausgerissene Tür fehlte noch immer, aber viel wichtiger war, dass Anevay eine kleine Blume auf den Tankdeckel gezeichnet hatte. Noch immer konnte man die Blüten

Weitere Kostenlose Bücher