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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Das Gitter saß fest, wie zugeschweißt, selbst die Kraft meiner Wut auf Brigida reichte nicht, es aufzustemmen. Auf den Knien stierte ich durch die Eisenstäbe hinab. In den letzten Tagen hatte es scheinbar heftig geregnet, der Abfluss war verstopft, auf der Oberfläche des Wassers spiegelte sich das Licht der Straßenlaterne. Ich stocherte mit einem Stock in dem schwarzen Moder. Aussichtslos. Brigida hatte mein Leben mit Lella im Dreck versenkt.

Kapitel 24
    LELLA
    Ich war zusammengezuckt, doch dann war alles in mir ganz weich und wehrlos geworden, als sein Name gestern Nacht auf dem Display erschien. Es ist fast elf Uhr nachts, schoss mir durch den Kopf, und er ruft mich an! Er wird zurückkommen! Der nächste glückselige Stoß durchfuhr mich. Denk nicht mal dran, drohte mein Hirn. Du hast ihn gerade mit größter Anstrengung aus deinen Gedanken verbannt. Nur mit Mühe brachte ich ein »Pronto?« heraus.
    Er hatte nicht glauben können, was ich ihm erzählte. Die Zärtlichkeit und die Empörung, die in seinen Sätzen lagen, hatten mich die Zähne zusammenbeißen lassen.
    »Lella, warum hast du mich nicht gleich angerufen?«, oder: »Hat sie wenigstens Bandito dabei?« Ähnlich wie Claudio erspürte Phil das Ungesagte, Verborgene, doch in einem Punkt unterschieden sich die beiden ganz außerordentlich voneinander: Phil war feinfühlig, wohltuend zurückhaltend und, wenn nötig, voller Tatendrang.
    Auch jetzt, nach einer schlaflosen Nacht, begann wieder dieses verdammte Zerren in meinem Brustkorb, sobald ich nur an seine Stimme dachte. Maledetto, es war zum Verrücktwerden, ich war immer noch in ihn verliebt! Ich musste das
sofort abstellen. Wenn ich nur wüsste, wie. Ich schaute aus dem Fenster, dachte an seinen weichen Haarschopf, durch den ich mit meinen Fingern gefahren war, und wünschte, er wäre bei mir. Seit unserer gemeinsamen Nacht wusste ich, wie Glück sich für mich anfühlte. Es waren seine Küsse, seine Umarmungen und die Blicke aus seinen ernsten Edelstein-Augen. Es war Salina, waren Mättis Fragen am Frühstückstisch, ihr helles Kichern, unsere Busfahrt, die Lilien am Straßenrand. All das hatte ungefähr in Höhe meines Zwerchfells ein warmes, vibrierendes Knäuel gebildet. Doch nun befand sich dort nur noch ein schwarzer Hohlraum. Als mir in den Sinn kam, wie grob ich unser Gespräch beendet hatte, wurde mir ganz flau. Darum nur noch dieser Versuch. Einmal, ein einziges Mal würde ich es noch probieren, und dann nie wieder. Du solltest das nicht tun, warnte ich mich und wählte seine Nummer.
    Eine freundliche Frauenstimme teilte mir mit, dass der von mir gewählte Teilnehmer zurzeit nicht erreichbar wäre. Sie schien beim Sprechen zu grinsen. Ich drückte die Taste mit dem roten Hörer und warf das telefonino aufs Bett. Warum war sein Handy jetzt aus? In diesem Moment kam mit melodischem »Pling-dinge-ding« eine Kurznachricht an. Das konnte kein Zufall sein! Ich sprang zum Bett und verachtete mich sogleich für mein hoffnungsvolles Lächeln.
    Es war nur Claudio, der schrieb:
     
    Sorge dich nicht, wir werden das gemeinsam durchstehen. Baci, Claudio.
     
    Kaum hatte ich die Nachricht gelesen, erlosch das Display. Schon wieder war der Akku leer. Verzweifelt versuchte ich, den maroden Stecker in die richtige Position zu biegen.
Endlose, verfummelte Minuten, bis die rote Ladelampe aufleuchtete. Ich ließ das Handy an seinem Ladekabel stecken und lief aus der Pension.
     
    Porticello war schon wach. Die alten Männer saßen bereits am Hafen auf ihrer Mauer, beäugt von den vielen Katzen um sie herum. In frischem Weiß und hellem Lila streckten die Bäume ihre Blüten in die Luft. Es war warm, ein leichter Wind blies mir die Haare aus dem Gesicht. Um zehn war ich in der Notars-Kanzlei mit Claudio verabredet. Meine Schritte eilten über den Asphalt. In der Werft hämmerten zwei Männer an einem Boot herum, die Schläge kamen abwechselnd und rhythmisch, klonk-klonk, klonk-klonk. Sie bauten ein muciare, ein Schiff für den Thunfischfang. Die Hölzer waren zusammengefügt wie der Brustkorb eines prächtigen, biegsamen Fischgerippes, das nur darauf wartete, zum Leben erweckt zu werden. Die Thunfischboote aus Plastik lagen währenddessen sterbend im Hafen. Das sollte einer verstehen. Klonk-klonk, klonk-klonk. Im Rhythmus schlugen meine Absätze den Takt. Ich schnaubte wütend, als ich an Claudios Nachricht dachte. Sorge dich nicht! Pah.
    Bei Phil hatte ich meine Sorgen wirklich vergessen können, vier Tage

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