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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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und deswegen liebe ich dich!«
    Brigida war die lang erwartete Entschädigung für die Zeit vor meiner späten Pubertät - verlorene Jahre, um die ich
mich noch immer betrogen fühlte. Und was für eine Entschädigung sie war!
     
    Es geschah an dem Morgen, an dem ich die Haarschneidemaschine von Florian, meinem Mitbewohner, ausprobiert hatte. Der Badezimmerboden war mit Haaren bedeckt gewesen, und ich hatte ein völlig fremdes Gesicht freigelegt, das nicht mir zu gehören schien.
    Brigida sah dieses Gesicht und verführte mich gleich in der Umkleidekabine, in der wir aufeinandertrafen. Sie stellte keine Fragen, ich stillte in diesem Moment nur zufällig ihr unbändiges Verlangen, unterhalten zu werden. Übrigens das Bezeichnendste ihrer Charaktermerkmale, doch das ahnte ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Nachdem ich den richtigen Satz gesagt hatte, setzte sie sich auf mich und ließ mich so in ihr Leben. Ich war erstaunt, aber zum Glück nicht komplett überwältigt, der Kapuziner witterte seine Schicksalsstunde.
     
    »Brauchst du noch’n Hemd? Nimm das hier!«, sagte sie, kaum dass wir unser Kennenlernen beendet hatten, und hielt mir den Bügel hin, den sie zuvor auf den Boden geschleudert hatte. Ohne zu fragen, probierte ich nach dem Hemd mit den orangefarbenen Streifen immer weitere Kleidungsstücke an, die sie für mich draußen an den Kleiderständern zusammensuchte. Später trug ich einen Berg von Klamotten zur Kasse und bezahlte die zweitausend Euro mit meiner Kreditkarte. Sie sah meinen Namen darauf.
    »Ich werde dich Phil nennen!«, sagte sie entschieden. Ab diesem Moment war ich nicht mehr Philip, dem man seine ostwestfälische Herkunft ansah, sondern ein lässig gekleideter
Phil. Einer, der Hemden mit Mustern und Streifen und eine teure Sonnenbrille trug, der die richtigen Jeans und Jacken im Schrank hängen hatte und sogar coole Anzüge, wie die Musiker von den neuen Bands sie tragen. Meine schwarzen Sweatshirts und schwarzen Hosen hatte sie nie zu Gesicht bekommen. Meine gesamte alte Garderobe war von mir in fest verschnürten, blauen Säcken, als ob es sich um die Lumpen eines Leprakranken handelte, bei der nächsten Altkleidersammlung an die Straße gestellt worden.
    Am Abend unseres Kennenlernens zeigte ich Brigida eine einzige Fotoarbeit von mir, von der ich glaubte, dass sie ihr gefallen würde: ein Strauß absterbender Blumen in Schwarzweiß. Sie verschaffte mir den regelmäßigen Job bei Heiermann im Studio. Durch ihre Agentur hatte sie die besten Kontakte.
    »Bei dem kannst du als zweiter Fotograf in Ruhe viel Geld verdienen und hast noch genug Zeit, deine eigenen Bilder zu machen.« Am nächsten Tag kündigte ich meine Anstellung in einem vor sich hin träumenden Fotogeschäft in Düsseldorf-Erkrath und wurde ein Dauergast in ihrer Wohnung. Das Zimmer in meiner Wohngemeinschaft hat sie nie betreten.
    Ich wurde zu einem Spezialisten für ihre unausgesprochenen Wünsche und studierte heimlich die Event-Sparte in der Stadtzeitung, den wöchentlichen Veranstaltungskalender und das Düsseldorfer Branchenbuch, um sie mit verrückten Ideen zu überraschen. Wenn Brigida am Wochenende aufwachte und mir erwartungsvoll in die Augen schaute, konnte es passieren, dass ich sagte: »Heute muss ich das Meer sehen, und wenn du willst, nehme ich dich mit!« Dann saßen wir kurz darauf im Auto. Und da ich wusste, dass sie die
belgische oder holländische Küste nicht mochte, pulten wir vier Stunden und drei Staus später deutsche Nordseekrabben in Horumersiel. Dort erstand ich noch schwarze Anglergummistiefel für sie, die sie auf der nächsten Party zu einem Minikleid trug. Und so ging es weiter: Wir kletterten morgens um fünf auf nicht sehr hohe sauerländische Berge, abends in ein U-Boot-Restaurant hinab oder mittags dem Kölner Dom auf dem Dach herum. Sie war für mich eine außergewöhnliche Frau, die in dem Glauben lebte, einen außergewöhnlichen Mann an ihrer Seite zu haben, und ich tat alles, um sie nicht zu enttäuschen.
     
    Ich lächelte und klappte die Klobrille wieder herunter. Mein Leben mit Brigida war nie alltäglich, nie einfach. Sie war süchtig nach meinen Ideen und liebte mich dafür, und diese Liebe würde ich für nichts in der Welt aufs Spiel setzen, auch nicht für Lella und ihre schwarzen, zornigen Augen.
    Werde sie los!, warnte mich eine Stimme in meinem Kopf. Hier in Sizilien kennt man sich, Brigida wird von ihr erfahren, sie wird in die Luft gehen vor Eifersucht! Wieso hatte ich

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