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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Boden und bestellte etwas bei dem blassen Mädchen hinter der Bar, das ihn verliebt anstarrte, seit er zur Tür hereingekommen war.
    »uns cappuccino, prego!«
    Falsch und typisch deutsch. Die Blasse lächelte ihn weiter an. Na ja, ich schnaubte leise, so umwerfend sieht er ja nun auch nicht aus.
    Sei doch einmal im Leben ehrlich zu dir, bohrte Leonardos Stimme, natürlich sieht er umwerfend aus, und jeder hält ihn offenbar für diesen englischen Schauspieler, wie heißt der noch mal, der ist auch oft so unrasiert. Dein Phil ist eine gelungene Mischung aus diesem Schauspieler und meinen wundervollen Händen, allerdings die unverbrannte Ausgabe.
    Dein Humor ist ganz reizend! Und außerdem ist er nicht mein Phil!
    Heute früh erschien er dir als die ultimative Rettung, und nun tust du so, als ob du ihn zähneknirschend akzeptierst! Ich sage dir, er ist deine Rettung, dein Werkzeug wird er sein, oder was gibt es sonst noch für einen Grund, noch vor dem Aufstehen an seine Zimmertür zu klopfen
    »Was ist denn so dringend?« Phil streifte meine Augen nur einen kurzen Moment, danach irrten seine hellblau umrandeten Pupillen wieder ungeduldig zwischen den Spiegeln
der Bar herum. Ich saß am Tisch und merkte, dass meine Entschlossenheit in sich zusammenfiel wie ein missratenes Souffle. Bevor das Souffle der Angst vollends den Platz überließ, atmete ich zweimal tief ins Zwerchfell, wie damals bei den Chorproben, wenn ich zu Hause wieder nicht geübt hatte. Vielleicht kam so ein halbwegs normaler Ton heraus.
    »Ich hätte einen Auftrag für dich, nichts Großes. Äh, kannst du meine Familie fotografieren? Das wird in Italien so gehandhabt«, erklärte ich viel zu schnell. »Die Trauerfamilie lässt sich nach der Beerdigung noch einmal fotografieren, weil, weil...« O Gott, mir fiel nichts ein. »Das hat dir deine Freundin vielleicht schon erzählt.«
    Phil schüttete das Kakaoherz auf dem Milchschaum mit Zucker zu.
    »Die Trauerfamilie fotografieren?«, fragte er endlich und rührte beschäftigt in seiner Tasse. »Davon habe ich noch nie etwas gehört. Aber Brigida hat mir bis jetzt auch wenig über Sizilien erzählt.«
    »Na ja, siehst du... Also machst du es?«
    »Nein. Keine Zeit.«
    »Bitte! Gestern hast du gesagt, du fotografierst erst am Nachmittag.«
    »Das ist doch gar nicht deine Familie, oder?«
    Aha, keine Antwort, dafür eine Gegenfrage. Er hatte gut aufgepasst. Nein, das war nicht meine Familie. Freiwillig würde ich ganz sicher nie mit den LoContes und LaMacchias zu tun haben.
    »Ich werde nicht mehr oft herkommen. Sie war meine Lieblingsschwägerin, ich brauche ein Erinnerungsfoto, auch für meine Eltern, die konnten leider nicht mitkommen.«
    Sofort wurden meine Wangen heiß, bestimmt war ich rot
geworden. Mein Vater würde auf ein Foto der Familie LaMacchia spucken. Und Mamma?
    Ich sah zu Phil. Er war ein völlig Unbekannter, dessen Anblick mich auch nach dieser Nacht noch ganz kribbelig machte. Er war groß, blond, fremd, seine Hände waren kräftig, aber nicht brutal. Mit ihm würde es mir gelingen, das spürte ich. Er verstand von Sizilien un cazzo, wie Leonardo gesagt hätte, einen Scheißdreck, und konnte so genug Verwirrung stiften, während ich Matilde entführen würde. Denn ich würde sie mit mir nehmen, das hatte ich geschworen. Auch mit Gewalt, wenn es sein musste! Ich würde mich an Teresa rächen, dieser Möbel-Vernichterin, dieser lieblosen Großmutter, die mich so hasste, dass sie mir noch nicht mal die Hand gab!
    Ich konzentrierte mich wieder auf Phil und startete noch einen Versuch.
    »Hast du immer noch vor, die Eltern deiner Freundin zu besuchen?«
    »Selbstverständlich.«
    »Woher kommen sie?«
    Über Phils Nasenrücken bildeten sich ein paar Querfalten. Er rührte, rührte und zerrührte den Milchschaum in seiner Tasse, dann hob er den Kopf und schaute mich das erste Mal an diesem Morgen länger als einen Sekundenbruchteil an.
    »Du wirst lachen, ich weiß es nicht.«
    »Du hast keine Ahnung, wo sie wohnen, keinen Ort, nichts?«
    »Marcia? Marga? Ein kleiner Ort, der sich eventuell auf einer Insel befindet.«

    »Auf einer Insel? Mein Gott, Sizilien ist selbst eine Insel, und dann liegen noch knapp dreizehn drum herum verstreut. Aber es war irgendwas mit Sizilien, da bist du sicher? Oder vielleicht Ligurien? Venetien? Hört sich alles ähnlich an, alles mit ﹥i﹤.«
    »Doch, sie kommt aus Sizilien, natürlich, sie ist hier aufgewachsen. Brigida, also meine Freundin, spricht eben

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