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Das Limonenhaus

Titel: Das Limonenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gerstenberger
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Nudeln gegessen, und jetzt schläft sie wieder. Mach dir keine Sorgen!«, beruhigte er mich.
    Als ich das nächste Mal auf meine Uhr schaute, war es bereits ein Uhr mittags. Ich machte mich sofort auf den Rückweg. Fast drei Stunden war Matilde jetzt schon mit Phil alleine, ich musste zu ihr, schließlich war ich für sie verantwortlich! Beim Blättern in einer Zeitschrift und bei einem Cappuccino hatte ich das Kind tatsächlich einen Moment vergessen.
    Die Straßen waren steil, der Roller kam mir langsamer als auf der Hinfahrt vor, und auch der Wind hatte sich verändert. Mit grimmigen Stößen, aggressiv, wie am Tage unserer Ankunft, wehte er mir Sand unter die Sonnenbrille,
in die Augen und sogar zwischen die Zähne. Es dauerte, bis ich die Vespa auf dem schmalen, ebenen Stück unterhalb des Gartens abstellen und die Stufen zur Terrasse hinauflaufen konnte. Erleichtert nahm ich den Helm ab, schüttelte mein Haar aus und machte mich mit leicht schwindeligen Schritten auf den Weg durch die Küche ins Schlafzimmer. »Heute: Dein Leben« dachte ich und sah es mit Kreide auf der Tafel angeschrieben. Das ist es, so wird es ab jetzt sein, du wirst Matilde versorgen müssen, wirst immer nach ihr schauen müssen, so wird es sich anfühlen, jeden Tag...
    Matilde lag im Bett, den verbundenen Kopf mit drei Kissen hochgelegt, und lächelte mir entgegen.
    »Lella!«
    Ich spürte, wie sich mein Herz mit einem warmen Stoß zusammenzog... Und genau das will ich, Leonardo! Mein Bruder antwortete mir nicht, doch ich sah sein zustimmendes Grinsen vor mir. Ich gab Matilde einen Kuss, schnüffelte wie ein Dackel an ihr und tastete dabei, ganz die erfahrene Krankenschwester, nach der Stirn meiner Patientin. Der süßliche Krankengeruch haftete nur noch ganz schwach an ihr, und sie hatte kein Fieber mehr. Seit gestern schlief sie nicht mehr ganz so viel.
    »Wo ist Phil?«, fragte ich Matilde.
    »Phil hat für mich gespielt. Mit Bandito und den schwarzen Monstern.«
    »Mit den Monstern?«
    Erst jetzt bemerkte ich, dass das schnörkelige Bettgestell am Fußende von einer Decke verhüllt war und zwei schwarze Herrensocken darüber hingen. Ich musste grinsen. Er hatte für Matilde Kaspertheater gespielt.

    »Aber das waren lustige Monster, und Phil kommt gleich wieder. Ich soll hier sitzen bleiben, und ich bewege mich auch gar nicht, siehst du!« Sie kniff die Augen zusammen und machte sich ganz starr. Ich lachte.
    »Du darfst dich bewegen, nur nicht aus dem Bett steigen, ja? Bin gleich wieder da.« Schnell ging ich auf die Veranda, seine Tür war nur angelehnt.
    »Hallo?!« Ich klopfte, stieß fröhlich die Tür auf und schaute mich um. Phil war nicht zu sehen. Das Fenster zum Hang war größer als in unserem Appartement, die Kacheln über der Spüle nicht so hübsch wie drüben. Alles war unberührt. Er hatte sich anscheinend noch nicht einmal einen Kaffee gemacht. Wir kochten und aßen immer bei uns. Auf dem Küchentisch stand ein aufgeklappter Laptop, Fotos wechselten sich auf dem Bildschirm alle zwei Sekunden ab. Ich ging näher.
    »Mach mal Sliede-Scho, Mammi!«, bat Timmi manchmal, dann stellte Susa spanische Gitarrenmusik an ihrem Computer ein, und die Urlaubsfotos der vergangenen Jahre erschienen und verschwanden wieder. Dies war eine andere Slideshow. Eine besondere.
    Verschwommene Inseln im blauen Dunst des Meeres, Hausfassaden, Säulen, immer wieder Säulen, ein alter Stuhl am Straßenrand, und alles in warmen, wunderbaren Farben. Manche Bilder scharf, manche absichtlich verwackelt. Ich konnte meine Augen nicht davon lösen. Hatte er das alles hier auf Salina fotografiert? Waren es überhaupt seine Fotos? Bestimmt, welcher Fotograf würde andere Bilder als die eigenen auf seinem Computer speichern? Dann erst sah ich, was säuberlich ausgebreitet neben dem Laptop lag. Papierabzüge in Schwarzweiß, mit weißem Rand. Ein Blick darauf,
ich erschrak. Im Bad rauschte Wasser, ich drehte mich um und lief hinaus. Bei Matilde angekommen, riss ich die Kaspertheater-Decke herunter und krallte meine Hände um die gebogenen Eisenstangen des Fußendes, bis ich registrierte, dass die Kleine mich erschrocken anstarrte. Ich rannte vor ihrem Blick in die Küche, schaute in den Kühlschrank, knallte ihn zu und landete wieder bei Matilde.
    »Er wollte mir einen Joghurt bringen. Joghurt kann er schon sehr gut sagen.«
    Ja, da stand er auch schon in der Tür. Er hatte tatsächlich einen geöffneten Becher Erdbeerjoghurt dabei. Von Dolero - der gute,

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