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Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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Wenn meine Mitarbeiter so eine gefunden haben, dann sollen sie mit mir Kontakt aufnehmen, damit ich hinfahren und sie mit meinem Kopf befruchten kann. Anschließend gibt es einen Knall, ein Donnergrollen, eine Explosion, wie du sie dir in deinen wildesten Fantasien nicht vorstellen kannst.«
    »Das kann ich wohl.«
    »Das kannst du nicht, ich rede nicht nur von einer Explosion, ich rede von einer Hitze aus Milliarden von Graden, von kochendem Plasma und alles vernichtender Energie, die in Schockwellen herausschießt und erst nach Hunderttausenden von Jahren zu Materie kondensiert. Und in jeder Unze dieser Materie wird ein Teil von mir zu finden sein.«
    »So sieht also der Plan aus?«
    »Danach werde ich das Universum durchdringen. Das ist ein schöner Gedanke. Überall zu finden zu sein.«
    »Aber warum ausgerechnet du?«
    »Ich bin von meinem Volk dazu ausersehen. Ich bin der Würdigste von uns, der mit dem größten Wissen. Mit mir als ßefruchter wird das Universum ein geistiger Ort. Ich denke, ich werde das Universum weiß werden lassen. Das Weltall, der Nachthimmel, das soll weiß werden.«
    »Weiß?«
    »Ja, weiß wie dieser glänzend polierte Marmorboden. Fühle die Glätte, merkst du, wie perfekt er ist?« »Und du bist der Anführer eines ganzen Volkes?«
    »Nun, Volk ist vielleicht zu viel gesagt. Wir sind ein paar Hundert.«
    »Aber woher kommt ihr? Ich muss das wissen. Wenn ihr diejenigen seid, die das Universum schaffen sollen, wer hat euch dann erschaffen?«
    Rolle betrachtet mich schweigend. Seine Glatze ist groß und glänzend, auffällig spitz zulaufend.
    »Das war unsere Mutter«, sagt er leise.
    »Deine Mama?«
    »Die Mutter unseres ganzen Volkes. Sie ist sehr, sehr alt. Sie hat uns alle geboren. Aber jetzt wird sie uns bald verlassen.«
    »Wo ist sie?«
    »Hier.«
    »Hier?«
    »Überall.«
    Er betrachtet mich ruhig, ein wenig amüsiert.
    Dann macht er ein Zeichen hinter die luftige Spitzengardine. Von der Seite taucht eine sehr kleine, in Pelz gehüllte Gestalt auf. Nackte, winzige Füße tappen über den Marmorboden. Die Mama reicht ihm gerade bis zum Knie. Sie bleibt stehen, er wickelt sie aus ihren Schals, Decken und langen, zierlichen Tüchern. Schließlich küsst er sie, wozu er sich vorsichtig hinunterbeugt.
    Als er sich wieder aufrichtet, sehe ich, dass sie ein Kind ist. Ein Mädchen von vielleicht zweieinhalb Jahren.
    »Du nennst deine Tochter deine Mutter?«, frage ich.
    »Das ist meine Mutter«, erwidert er. »Unser aller Mutter. Von ihr stammt unser gesamtes Volk, und sie wolltest du doch sehen.«
    »Ja, aber…«
    Ich verstumme und schaue das kleine Kind an. Vor meinen Augen scheint sie zu schrumpfen, kleiner zu werden. Als wüchse sie nach innen. Er lässt sich mit untergeschlagenen Beinen neben ihr nieder. Sie streicht mit ihrer kleinen Hand über sein Ohr, packt es.
    »Aber du bist doch der Schöpfer!«, sage ich zu ihm.
    Er lächelt sanft. Steht auf und hebt das kleine Mädchen hoch. »Es tut mir Leid, aber weiter wirst du nicht kommen«, sagt er. »Ich muss jetzt los, eines unserer Schiffe hat gerade eine kalte Grützwurst ge funden …«
    »Drei Typen?«, frage ich.
    »Stimmt.«
    »Einer im Mutterschiff, und zwei, die da drauf gelandet sind?«
    »Ja, zwei Havaristen, die wir nur losgeschickt haben, um sie hier loszuwerden.«
    »Havaristen?«
    »Richtige Nullen, glaube mir, einer schlimmer als der andere. Und dann müssen ausgerechnet sie über einen Grützwurststein stolpern!«
    »Oh je.«
    »Warum sagst du ›Oh je‹, so ist die Schöpfung. Ein Teil der Geschöpfe wird so intelligent wie ich, viele andere werden normalbegabt, ein Teil wird weniger geistig bemittelt, während ein paar arme Teufel Nullen und Havaristen werden.«
    »Schlechte Neuigkeiten«, sage ich leise.
    »Wieso?«
    »Der eine der Dummbeutel hat die kalte Grützwurst bereits befruchtet.«
    »Mit seinem hohlen, dummen Havaristenkopf?«
    »Genau das, mit seinem hohlen, dummen Havaristenkopf!«
    Wir schauen einander an. Im nächsten Moment meine ich einen Lichtschein am Horizont zu sehen. Ein Licht, das sich sogleich über uns wölbt, und alles, alles, alles wird weiß, weiß, weiß…
    Ich meine schwarz, schwarz, schwarz …
    Ein schwarzes Weltall. Schwarz wie ein Sack. Schwarz und leer wie ein dummer Havaristenschädel.
    Und so fing es an. Wir haben ganz einfach das Universum bekommen, das wir verdient haben.

    Pause

    ier müssen wir eine Pause machen. Ich muss sagen, ich mache mir Sorgen um dich. Dein Gesicht

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