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Das Loch in der Schwarte

Das Loch in der Schwarte

Titel: Das Loch in der Schwarte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mikael Niemi
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es erzählt. Deshalb beginnen wir unsere Erzählung mit einer steinharten kleinen Kugel. Peng, da explodiert sie in alle Richtungen und wird zu einem kohlrabenschwarzen Weltall mit Galaxien, Sternen und Planeten. Und die Leute scheinen sich damit zufrieden zu geben. Nur wenige stellen kritische Fragen, was schon bemerkenswert ist. Warum wurde das Universum beispielsweise schwarz? Warum nicht weiß? Wer war es, der da gepfuscht hat?
    Und diese Urkugel! Was war in ihrem Inneren? Wenn man die Kosmologen befragt, verdrehen sie die Augen und murmeln, dass vor der Raumzeitinflation (bla bla bla) weder Raum noch Zeit existierte, und deshalb fehle der Frage jede Relevanz.
    Sie wissen es ganz einfach nicht. Sie haben nicht den blassesten Schimmer.
    Es gibt nicht einmal einen vernünftigen Namen für diese steinharte Urkugel. Den Urpunkt sozusagen.
    Singularität, sagen einige Forscher. Oder Superorigo oder anderes Geschwafel, das sich gut vom Rednerpult aus verkaufen lässt. Dann müssen wir wohl selbst einen Namen suchen. Schlackeball. Oder vielleicht Ei, das Urei. Oder Atomklümpchen. Oder Sternenbombe. Oder der Brocken, Kotzbrocken. Oder Stahlzapfen. Oder die komprimierte Pulverkugel.
    Scheiße, das ist gar nicht so einfach.
    Aber vielleicht ist Origo gar nicht so schlecht. Origo. Superorigo. Nein, jetzt müssen wir uns aber zusammenreißen. Alle Fantasie ist jetzt gefragt. An was denkt man als Erstes, wenn man einen unförmigen Klumpen sieht? Grützwurst. Da haben wir es. Heiße Grützwurst.
    Am Anfang gab es also die Grützwurst. Aus irgendeinem Grund kam sie auf die Idee zu explodieren und die Grundelemente und Galaxien zu bilden. Aber bis dahin lag sie still und gefasst als Klumpen da und war heiß wie die Hölle.
    Aber vorher war sie nicht ganz so heiß.
    Und noch vorher war sie nur lauwarm. Und sogar kalt. Eiskalt. Damals war die heiße Grützwurst eine kalte Grützwurst und schwebte gefroren an ihrem Glaziärhimmel, sozusagen als kalter Grützwurststein.
    Das ging so eine eisige Ewigkeit lang. Und das Merkwürdige ist, dass während dieses langen Zeitraums plötzlich ein spulenförmiges Raumschiff vorbeikam. Es zeigte einen Ausschlag auf seinen Instrumenten, schwenkte auf eine Bahn um den gefrorenen Klumpen ein und wartete ab. Nach langem Abwägen senkte sich ein weiches, gelbes, tütenartiges Landegefährt herab. Zwei zitternde Weichtiere stiegen vorsichtig auf den Grützwurstklumpen und versuchten vergeblich, Proben loszuhacken. Er war zu hart. Steinhart.
    »Das ist gar keine Materie«, sagte der Erste.
    »Das hier ist wohl eine Singularität«, sagte der Zweite.
    »Ich glaube eher, das ist eine kalte Grützwurst«, sagte der Erste.
    »Vielleicht sogar ein kalter Grützwurstklumpen!«, rief der Zweite aus.
    Sie ließen diese Erkenntnis eine Weile sacken.
    »Es wartet«, sagte der Erste.
    »Kein Zweifel, es wartet, bis seine Zeit gekommen ist«, stimmte der Zweite zu.
    »Versucht nicht, es aufzuwecken!«, warnte ein Dritter vom Mutterschiff.
    Der hatte so etwas schon einmal erlebt und wusste, wenn ein kalter Grützwurstklumpen ein Lebenszeichen von sich gab, dann war es um sie alle geschehen.
    »Kann man das denn wecken?«, fragte der Erste.
    »Wie kann man das wecken?«, fragte der Zweite.
    »Vergesst es!«, schrie der Dritte. »Kommt ins Schiff zurück.«
    Eine Zeit lang schwiegen alle drei.
    »Ich glaube, ich weiß, wie man es macht«, sagte plötzlich der Erste.
    »Wie denn?«, fragte der Zweite.
    »Man nimmt den Helm ab«, sagte der Erste.
    »Nein!«, ertönte es verzweifelt vom Mutterschiff.
    Eine Weile dachten sie nach.
    »Ich glaube, ich werde es tun«, sagte der Erste.
    Und dann öffnete er seinen Halsring und nahm den Helm ab. Ein kahler, ovaler Kopf kam zum Vorschein. Er beugte sich vor, bückte sich dann und ließ das obere Ende seines Schädels das glatte Äußere des kalten Grützwurstklumpens berühren. Sofort öffnete sich dort eine Delle.
    »Neeeein!«, schrie es im Mutterschiff.
    Mit einem feuchten Glucksen sank der Kopf ins Loch hinein und löste sich. Zurück blieb der Astronautenanzug mit einem zappelnden, feuchten Körper, der sich mit der Zeit beruhigte und still wurde. Der Zweite sah verblüfft aus, er strich vorsichtig dort über den Boden, wo der Kopf verschwunden war. Die Hülle war wieder stahlblank und vollkommen glatt. Aber nicht mehr ganz so kalt.
    »Häh?«, gab er von sich.
    »Es ist befruchtet!«, schrie es im Mutterschiff. »Wir sind verloren.«
    »Mit dem Kopf?«
    »la, man

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