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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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Mal überhaupt an. „Woher wissen Sie das?“
    „Bastinado – das ist ein anderes Wort für Fußfolter.“ Sowohl Wesley als auch das Stallmädchen hatten sie daraufhin mit großen Augen angeschaut. „Wie bitte?“
    Wesley sattelte sein Pferd mit geübten Handgriffen. Nora beobachtete seine geschickten Finger, wie sie die Steigbügel richteten und die Gurte anzogen. Er schwang sich in den Sattel, setzte den Cowboyhut aus Stroh auf den Kopf, bewegte leicht die Hüften und nahm die Lederzügel in die Hand, als sei er auf einem Pferderücken geboren. Nora atmete kurz durch und wiederholte in Gedanken ihr Wesley-Mantra.
    Nur gucken, nicht anfassen … Nur gucken, nicht anfassen …
    Sie hatten es an dem Tag langsam angehen lassen, weil Nora noch nie zuvor geritten war. Das Gestüt war riesig gewesen, mit Reitwegen, die sich meilenweit hügelauf und hügelab durch die schöne Landschaft zogen. Alle paar Minuten hatten sie angehalten und Fotos gemacht. Nora blätterte das Album durch und erinnerte sich an den kleinen Fluss, den sie durchritten hatten. Wesley hatte ihre Anspannung gespürt und ihren Zügel genommen, um beide Pferde sicher durch das seichte Flussbett zu führen.
    Nora blätterte zu einer anderen Stelle im Album. Sie fand ihr Lieblingsfoto. Wesley beugte sich über den Sattel und tätschelte Bastinados Hals. In diesem Moment hatte Nora den Auslöser gedrückt. Wesley hatte im richtigen Moment aufgeschaut und sein strahlendstes Lächeln angeknipst. Nora schloss das Album und wollte es wieder in die Schublade legen, als sie ein anderes Bild bemerkte. Es war gerahmt und ganz hinten in der Schublade versteckt. Sie zog es heraus und atmete scharf ein. Das Foto zeigte sie und Speak easy. Sie erinnerte sich gut an den Moment, als Wes das Foto geschossen hatte. Sie war gerade abgestiegen und dabei, ihr Pferd nach dem Ausritt trocken zu reiben. Da sie angenommen hatte, Wesley mache ein Bild von der hügeligen Landschaft hinter ihrem Rücken, hatte sie sich unbeobachtet gefühlt und die Sonnenbrille ins Haar geschoben, um ihre Stirn gegen die des Pferdes zu drücken. Ein paar Strähnen ihres Haars hatten sich gelöst und umwehten ihr Gesicht. Ihre Augen waren geschlossen, und sie lächelte glücklich. Sie konnte nicht glauben, dass Wesley das Foto gerahmt hatte. Sie sah darauf so weich aus.
    Nora packte alles wieder so in das Nachtschränkchen, wie sie es vorgefunden hatte, und streckte sich dann auf Wesleys Bett aus. In Gedanken ging sie jedes nur erdenkliche Szenario durch. War er krank? Hatte er einen Autounfall gehabt? Sein Telefon verloren? Oder den Verstand? Hatte er den Insulinstift dabei? Sein Notfallarmband? Sie kannte Wesley. Er hätte sie angerufen, selbst wenn er sich nur um fünf Minuten verspätete. Um einen anderen Collegestudenten hätte sie sich keine so großen Sorgen gemacht. Der wäre jetzt vermutlich auf einer Party oder in einer Bar oder im Zimmer einer Kommilitonin. Aber nicht ihr Wesley – er schlief gelegentlich samstags aus, doch ansonsten stand er morgens immer zur selben Zeit auf. Wegen der Insulininjektionen musste er regelmäßig seine Mahlzeiten zu sich nehmen. Er musste auch viel schlafen. Jeden Tag ging er ins Fitnessstudio auf dem Campus. Er trank keinen Alkohol, nahm keine Drogen, rauchte nicht und hatte keinen Sex. Er ging zu den Vorlesungen, in die Kirche, er fuhr zu Thanksgiving und zu Weihnachten nach Hause … Er war so ziemlich der langweiligste Teenager, den es gab.
Bitte, lieber Gott, lass ihn noch am Leben sein
.
    Nora schloss die Augen und drehte sich auf die Seite. Sie atmete Wesleys warmen, sauberen Duft ein, der an den Kissen haftete. Zum ersten Mal seit sehr langer Zeit betete sie mit ganzer Inbrunst.
    Gott. Ich weiß, du bist vermutlich immer noch ziemlich angepisst wegen der Sache mit Søren, und das kann ich dir wirklich nicht verdenken. Aber bitte, richte deinen Zorn nicht gegen Wesley. Strafe mich, wie es dir gefällt. Er verdient das nicht
.
    Um halb fünf Uhr nachts war sie immer noch hellwach und starrte an die Decke. Ihr rotes Telefon klingelte. Sie setzte sich abrupt auf. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie kaum die richtige Taste drücken konnte.
    „King, bitte sag mir, dass du was weißt.“
    „Oui, chérie
. Dein Praktikant ist ein sehr interessanter junger Mann.“
    „Sag mir einfach, wo er ist. Geht es ihm gut?“
    „Er ist im Krankenhaus, aber es geht ihm gut. Er ist allerdings etwas mitgenommen.“
    „Was ist passiert?“, fragte sie und

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