Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
Vom Netzwerk:
genervt, weil sie den Anruf auf der Hotline entgegengenommen hatte. Aber sie kannte Wesley. Er war nicht nachtragend. Sie rief noch einmal auf seinem Handy an. Nichts. Um halb acht fing sie an, sich Sorgen zu machen. Um halb neun geriet sie in Panik. Um neun schließlich gab sie auf und rief den einzigen Menschen an, dem sie außer Wesley bedingungslos vertraute.
    Das Telefon klingelte nur ein Mal.
    „Søren, ich brauche deine Hilfe“, sagte sie, sobald er ans Telefon ging. Die Angst krallte sich wie eine Klaue um ihren Hals. „Ich kann meinen Wesley nirgends finden.“

8. KAPITEL
    Z ach war um halb zehn immer noch im Büro und las Noras umgeschriebene Kapitel. Es machte richtig Spaß. Die Geschichte in der dritten Person zu erzählen hatte das Buch dem Leser geöffnet. Die Prosa war jetzt atmosphärisch viel dichter. Er musste mit ihr trotzdem noch mal über das Ende vom dritten Kapitel reden. Da rutschte sie schon wieder in eine Selbstbetrachtung, obwohl es dort eher ein starkes Plotelement brauchte.
    Er nahm das Telefon und wählte ihre Nummer. Nach dem ersten Klingeln hob sie ab.
    „Nora, hier spricht Zach.“
    „Verflucht, Zach, ich kann jetzt nicht sprechen. Ich bin beschäftigt.“ Sie klang irgendwie wütend. Wütend und außer Atem.
    Beschäftigt und atemlos – er wusste sofort, womit sie beschäftigt war.
    „Sie stehen derzeit in meinen Diensten, Nora. Es ist mir egal, was Sie gerade tun. Das Buch ist wichtiger.“
    „Scheiß aufs Buch.“
    „Nora, ich bin ein ziemliches Risiko für Sie eingegangen. Wenn Sie glauben …“
    „Sie wollen gar nicht wissen, was ich im Moment denke.“
    Zach lehnte sich zurück. Was war mit der Nora passiert, mit der er noch vor wenigen Tagen Kakao getrunken hatte? Die so leidenschaftlich über ihr Buch gesprochen und so interessiert an seinen Vorschlägen gewesen war?
    „Ich denke, offensichtlich haben Sie Ihre Prioritäten nicht richtig gesetzt.“
    Er hörte, wie Nora scharf einatmete.
    „Dann scheiß ich eben auch auf Sie, Zach“, sagte sie und legte auf.
    Zach legte sein Telefon auf die Basis und starrte es lange an. Er dachte nach. Eigentlich müsste er jetzt wütend sein, aber er fühlte sich viel eher mutlos. Abgesehen von J. P. und Mary hatte Zach sich seit seiner Ankunft in New York niemandem verbunden gefühlt. Dann war er Nora begegnet. Und auch wenn sie ihn zur Verzweiflung brachte, war sie doch lustig und schön. Bei ihr fühlte er sich endlich wieder lebendig. Und sie schien die erste Person zu sein, die sich wirklich für ihn interessierte. Jetzt aber hatte sie sich einfach von ihm abgewandt. Von ihm und dem Buch. Er wusste, sie würden niemals eine Affäre haben. Das durften sie nicht. Aber er hatte geglaubt, es könne ihnen unter Umständen gelingen, etwas Ähnliches wie Freundschaft zu schließen, während sie gemeinsam arbeiteten. Was, zum Teufel, war bloß passiert?
    Das Telefon klingelte. Zach ging sofort dran. Er hoffte, dass es Nora war, um sich zu entschuldigen. Zu seiner Überraschung war es aber die Cheflektorin von Royal West in L. A. Zach hatte bisher erst ein- oder zweimal mit ihr gesprochen, nachdem ihm ihre Nachfolge angeboten worden war. Jetzt schlug sie ihm vor, er könne auch früher anfangen. Ihr sei zu Ohren gekommen, dass ihn in New York nicht mehr sonderlich viel halte, und ihr würde es nichts ausmachen, ihr Büro ein paar Wochen mit ihm zu teilen. Das könne vielleicht sogar den Übergang für die Mitarbeiter etwas erleichtern. Da Zach immer noch von seinem Streit mit Nora erschüttert war, versprach er, darüber nachzudenken.
    Schließlich gab es wirklich nichts, das ihn noch länger in New York hielt.
    Er legte auf und zog seinen Mantel an. Ein letztes Mal schaute er auf den Schreibtisch, auf dem Noras Manuskript lag. Er nahm es und warf es in den Papierkorb.
    „Ich scheiß auch auf Sie, Nora.“
    Nora ging im Flur ihres Hauses unruhig auf und ab. In der Hand hielt sie ihr privates Handy, in der Hosentasche war das Hotlinetelefon. Wesley hatte die Nummer ihrer Hotline nicht, aber sie wartete darauf, dass entweder Kingsley oder Søren sie zurückrief. Søren hatte Verbindungen zu jedem Krankenhaus im Umkreis von achtzig Meilen, und Kingsley hatte die Hälfte aller Richter, Anwälte und Polizeichefs in den drei umliegenden Staaten in der Tasche. Wenn es jemanden gab, der Wesley finden konnte, dann die beiden.
    Sie war in sein Zimmer gegangen und hatte seine Sachen durchsucht, weil sie hoffte, die Telefonnummer eines seiner

Weitere Kostenlose Bücher