Das Locken der Sirene (German Edition)
angedeutet habe, ich müsse sonst wieder zurück nach Kentucky ziehen. Ich dachte, wenn ich Nora erzähle, dass ich wegziehen muss …“
„Du wolltest sehen, wie sie darauf reagiert.“ Zach lächelte traurig. „Und sie hat deinen Bluff durchschaut.“ Zach musste wieder an den Tag denken, an dem er Grace erzählt hatte, dass er in die Staaten ziehen würde.
Wenn es das ist, was du willst, Zachary …
Das war nicht die Antwort, auf die er gehofft hatte.
„Ja, das hat sie.“ Wesley lachte.
Nora schaute von ihren Fans auf, und er schenkte ihr ein Lächeln, das sie sofort erwiderte.
„Wie ich sehe, hat es funktioniert. Für mich ist es nicht ganz so gut gelaufen. Ich glaube, ich habe dich unterschätzt, Wesley.“
„Ich hoffe, dass ich Sie überschätzt habe“, erwiderte Wesley, und Zach fühlte sich ein wenig schuldig.
„Ich bin nicht dein Rivale, Junge. Schließlich bin ich immer noch verheiratet.“
„Ist auch egal.“ Für einen Mann seines Alters klang er viel zu verbittert. „Heilige Versprechen haben sie noch nie von etwas abgehalten. Das wird bei Ihrem kaum anders sein.“
„Deins scheint sie allerdings zu akzeptieren.“
Wesley sagte einen Moment lang nichts, und Zach wusste sofort, dass er sich verplappert hatte.
„Sie hat Ihnen erzählt, dass ich noch Jungfrau bin?“
Zach hörte deutlich den verletzten Stolz in seiner Stimme.
„Tut mir leid, Wesley. Ich habe ihr vorgeworfen, dich auszunutzen, und sie hat sich nur verteidigt.“
„Ist schon in Ordnung“, sagte Wesley. „Ich schäme mich nicht deswegen. Ich warte einfach.“
„Auf sie?“
„Sie finden, ich bin ein Idiot, richtig?“
„Natürlich nicht. Aber ob du es dir nun eingestehen willst oder nicht, sie ist vierzehn Jahre älter als du. Wie die Erfahrung zeigt, funktionieren solche Beziehungen selbst unter den besten Voraussetzungen nur selten auf Dauer.“
„Ach ja, und von wessen Erfahrungen reden wir hier?“
Zach blickte an Wesley vorbei zu Nora. Er starrte sie an, ohne sie zu sehen. Stattdessen sah er eine Tür, und die Tür öffnete sich. In der offenen Tür stand Grace, und keine Frau der Welt hatte jemals so tapfer oder verängstigt oder wunderschön ausgesehen.
„Von meinen.“
Wesley antwortete darauf nichts. Zach wusste nicht, was er sagen sollte, um ihn zu trösten. Wenn es irgendwelche tröstenden Worte gäbe, hätte er sie sich selbst gesagt, immer und immer wieder. Aber es gab nichts außer der kalten, harten Wahrheit – jemanden zu lieben und von ihm geliebt zu werden war nur der Anfang, nicht das Ende aller Schmerzen.
Der junge Mann in der grünen Jacke stand jetzt mit seinem Buch vor Nora. Zach hörte, wie Nora ihn nach seinem Namen fragte und ob sie ihm eine besondere Widmung schreiben solle.
„Wie wär’s mit:
Für meinen Fan Nummer 1 – fick mich“
, sagte der junge Mann und beugte sich weit über den Tisch. „Und dann unterschreib mit deinem eigenen Blut.“
Zachs Magen machte einen Satz, als der Mann plötzlich ein kleines Messer zückte und Anstalten machte, auf den Tisch zu klettern. Wesley war bereits auf dem Weg zu Nora. Das war auch gut so, denn Nora war aus ihrem Stuhl hochgefahren, und der Mann war nur noch Zentimeter von ihr entfernt. Sie stand mit dem Rücken zur Wand.
Alles schien wie in Zeitlupe zu passieren. Wesley sprang auf das kleine Podium, zerrte den Mann an seiner Jacke zurück und warf ihn mit voller Wucht auf den Boden.
„Zach! Bringen Sie sie hier raus!“, schrie er.
Das Drängen in Wesleys Stimme riss Zach aus seiner Schockstarre. Er rannte zu Nora und packte ihren Arm.
„Nein, Zach“, wehrte sie sich und versuchte zu Wesley zu gelangen. Zum zweiten Mal, seit er ihr begegnet war, überraschte ihn die Kraft, die in ihrem kleinen Körper wohnte.
„Hier entlang“, rief Lex, und Zach schaffte es endlich, Nora von der Menschenmenge fortzuziehen und sie ins Lager der Buchhandlung zu bringen. Als er ein letztes Mal zurückschaute, blickte er zum oberen Stockwerk hinauf. Der Mann mit dem grauen Anzug hatte ein Handy hervorgeholt und wählte eine Nummer. Zach hoffte, er riefe die Polizei. Sie erreichten das Lager, und Lex schloss die Tür.
Nora war bereits wieder an der Tür, aber Zach hielt sie auf. Er versperrte ihr mit seinem Körper den Weg.
„Lassen Sie mich durch“, befahl sie ihm wild entschlossen. „Wes ist da draußen mit diesem Wahnsinnigen.“
„Ich bin sicher, ihm geht’s gut“, sagte Zach so ruhig wie möglich. Er war sich allerdings
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