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Das Locken der Sirene (German Edition)

Das Locken der Sirene (German Edition)

Titel: Das Locken der Sirene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tiffany Reisz
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ihm einen Becher schwarzen Kaffee ein. Er nahm einen großen Schluck und genoss die bittere Wärme, die sich in ihm ausbreitete. „Wir machen uns heute Frühstück zum Lunch. Du solltest auch etwas essen.“
    „Geht’s Ihnen gut, Zach?“, fragte Wesley. Er stand mit dem Rücken zum Herd und hielt eine Pfanne und einen Pfannenwender in den Händen. „Sie sehen aus, als wären Sie hart eingeritten und nass wieder in den Stall gestellt worden.“
    Nora lachte.
    „Was denn?“, fragte Wesley. „So heißt das bei Pferden.“
    „Natürlich.“ Nora warf Zach ein freches Grinsen zu, sobald Wesley ihnen den Rücken zudrehte.
    Verflucht. Er hatte sich die letzte Nacht also nicht bloß eingebildet.
    „Mir geht’s gut“, sagte Zach als Antwort auf Wesleys Frage. „Etwas verkatert und etwas entrüstet, weil Nora so gar nicht verkatert ist.“
    „Sie hat sich heute früh um acht die Seele aus dem Leib gekotzt, als ich nach Hause kam“, sagte Wesley. Nora warf eine Serviette nach ihm. „Ich glaube, ihr braucht beide mal eine Predigt über den Lohn der Sünde.“
    „Bitte, keine Predigt. Nur fettiges Essen“, flehte Nora.
    „Können Sie schon ein Omelett vertragen, Zach?“, fragte Wesley.
    Zach zwang sich, den Blick auf Wesley zu richten. Der Junge hatte ein Geschirrtuch über die Schulter geworfen und rührte geübt die Eier.
    „Ich bin nicht sicher, ob ich überhaupt was essen kann … für die nächsten acht Tage. Der Kaffee genügt mir erst mal.“
    „Was habt ihr zwei eigentlich gestern Nacht gemacht? Wolltet ihr Hemingway sein oder Faulkner?“
    „Wenn du mich so fragst – ich war eher Oscar Wilde“, sagte Nora. Zach blickte auf, und sie zwinkerte ihm zu. „Er war … Ire.“
    Wesley schien die doppelte Bedeutung zu entgehen. Er ließ einfach das Omelett auf Noras Teller gleiten und setzte sich dann an den Tisch.
    „Ich bin nicht ganz sicher, was wir letzte Nacht gemacht haben“, gab Zach zu. „Aber was es auch gewesen ist: Es war eine ganz üble Idee und wird kein zweites Mal passieren.“
    Das Lächeln verschwand schlagartig aus Noras Augen. Sie begann in ihrem Omelett herumzustochern.
    Wesley nahm einen ordentlichen Bissen. „Sind Sie sicher, dass Sie keinen Toast oder irgendetwas anderes …“
    Ein trötendes Klingeln, das von oben auf dem Kühlschrank zu kommen schien, unterbrach Wesley.
    „Lieber Himmel, was ist das denn?“ Das Klingeln bohrte ein Loch in Zachs Schädel.
    Nora und Wesley wechselten einen wissenden Blick. Nora stand auf, holte ein rotes Handy vom Kühlschrank herunter und stellte es lautlos. Ehe sie ranging, schaute sie aufs Display.
    „Es ist nicht King.“ Sie blickte Wesley an. Angst stand ihr im Gesicht geschrieben. Mehr Angst, als sie gestern bei der Signierstunde gezeigt hatte. Und dieselbe Angst stand auch in Wesleys Augen.
    „Ist es …“, fragte Wesley.
    Nora nickte. Sie atmete tief ein.
    „Ja, Meister?“, sagte sie, als sie den Anruf annahm.
    Wesley stand langsam auf und ging Richtung Tür.
    „Wes?“, sagte Nora, und Zach hörte das Zittern in ihrer Stimme.
    „Was ist?“ Wesley drehte sich um.
    „Es ist Søren.“
    „Ja, ich weiß.“
    Nora war leichenblass. „Ich meine, Søren. Für dich. Er will mit dir sprechen.“
    Entsetzt riss Wesley die Augen auf. „Warum?“
    „Ich weiß es nicht. Bitte, rede einfach mit ihm.“
    Wesley nahm nur widerstrebend das Telefon von ihr entgegen.
    „Hallo“, sagte er, und Zach zuckte mitfühlend zusammen. Der junge Mann klang gequält.
    Nora stand mit verschränkten Armen gegen die Anrichte gelehnt da. Wesley lauschte einen Moment und verließ dann die Küche, um das Gespräch außer Hörweite fortzusetzen.
    „Was, um alles in der Welt, soll das?“, wollte Zach wissen.
    „Ich weiß es nicht.“ Nora schien ehrlich besorgt zu sein.
    „Unterhalten Søren und Wesley sich oft?“
    „Nein, sie haben sich nie getroffen und nie miteinander geredet. Wes hasst Søren.“
    Nora setzte sich wieder an den Tisch. Nach einer gefühlten Ewigkeit, die tatsächlich kaum länger als eine oder zwei Minuten dauerte, kam Wesley zurück in die Küche. Er gab Nora das rote Handy.
    „Was wollte er, Wes?“, fragte Nora.
    Zach musterte Wesleys Gesicht. Der junge Mann wirkte erregt und verängstigt.
    „Er hat sich bei mir bedankt.“
    „Wofür bedankt?“
    „Dafür, dass ich gestern diesen Verrückten von dir runtergezogen habe. Er sagte, da er selbst nicht länger in der Position ist, dich beschützen zu können, sei er dankbar,

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