Das Los: Thriller (German Edition)
Weise mit ihren Eltern und ihrer Großmutter verbunden hatte. Auch wenn ihre Oma gestorben war, sie ihre Eltern hintergangen hatte – irgendwie waren sie immer bei ihr gewesen. Bis jetzt. Sie schluckte, um nicht zu weinen. Wie hatte sie es zulassen können, dass Chad diese Bindung mit seiner abscheulichen Gier zerstörten konnte?
Und plötzlich schämte sie sich dafür, dass sie auch nur daran gedacht hatte, Verbeeck zu verraten. Mit einem Mal schien ihr der Preis, den es in dieser Lotterie zu gewinnen gab, nicht mehr erstrebenswert. Geradezu nichtig im Vergleich zu dem, was sie bereits verloren hatte. Mehr noch: Jeder Gewinn würde all das rechtfertigen, was geschehen war. Chads schlimme Taten. Ihren Betrug an ihren Eltern. Es würde wie eine Bestätigung all des Unrechts sein, das geschehen war. Nein, ihre Bestimmung war es nicht, Verbeeck zu verraten. Die Rolle, die das Schicksal ihr zugedacht hatte, war eine völlig andere. Langsam strich sie mit den Fingern ihrer rechten Hand über die Narbe an ihrem linken Unterarm. Mit einem Mal sah sie vollkommen klar.
»Ich will den Preis nicht«, hörte sie sich mit fester Stimme sagen.
Fields Kopf fuhr herum. Auch Verbeeck schaute sie von der Seite entgeistert an. Schließlich hob der Notar langsam den Kopf.
»Wie meinen Sie das?«, fragte er, nachdem er ihre Äußerung verarbeitet hatte.
»Ich trete von der Lotterie zurück«, erklärte Trisha.
»Das können Sie nicht«, widersprach der Notar und raschelte wie zur Bestätigung mit den Dokumenten in seiner Hand.
»Wieso nicht?«, fragte Trisha.
»Weil der Einsatz nicht zurückgefordert werden kann …«
»Den will ich auch nicht«, beruhigte Trisha ihn. »Ich möchte nur nicht an der Ziehung teilnehmen. Das muss doch möglich sein. Ich hätte ja auch einfach nicht zu kommen brauchen.«
»Sie hat recht, das muss möglich sein«, mischte sich Fields in das Gespräch ein.
Verbeeck beugte sich zurück und formte, als sie ihn anblickte, mit seinem Mund ein lautloses »Warum?«.
»Nun gut, dann muss ich Sie bitten zu gehen!«, forderte der Notar Trisha auf. »Aber ich belehre Sie noch einmal. Ihren Einsatz erhalten Sie nicht zurück.«
Trisha erhob sich und stellte sich hinter ihren Stuhl. »Eine Bitte hätte ich noch«, sagte sie. »Wenn ich zurücktrete: Darf ich dennoch der Ziehung beiwohnen? Ich möchte verständlicherweise sehen, wie sie ausgeht.«
Wieder schaute der Notar in seine Unterlagen, als würde er eine entsprechende Regelung dazu suchen. Dann zuckte er mit den Schultern. »Ich wüsste nicht, was dagegenspricht, wenn Sie schon einmal hier sind. Sagen wir, Sie bleiben als Zeugin hier. Aber setzen Sie sich bitte dorthinüber an den Tisch. Damit deutlich wird, dass Sie nicht an der Ziehung teilnehmen.« Er zeigte auf den runden Tisch vor dem Fenster.
Trisha folgte seiner Anweisung und setzte sich auf einen der Stühle.
»Nun gut, fahren wir fort«, sagte der Notar, sichtlich aus dem Konzept geraten. »Dann also nur zwei.« Er griff zum Füllfederhalter und zog einen Strich.
»Ich stelle fest, dass es sechzehn Uhr fünfundzwanzig ist und sich für den Preis bewerben – Signore Henri Freihold und Signore Carter Fields. Richtig?«
Der Notar schaute zur Bestätigung auf. Als weder Fields noch Verbeeck widersprachen, stieß Aurelio erleichtert die Luft aus.
»Dann wollen wir nun endlich zur Ziehung schreiten«, fuhr er fort. »Alles folgt einem Ablauf, der im Jahre 1764 vorgegeben worden und hier niedergeschrieben ist.« Er hob ein vergilbtes Dokument in die Höhe. »Alles ist in einem, wie soll ich sagen, etwas überkommenen Stil verfasst. Den Teilnehmern sind Nummern zuzuordnen, die zum Zwecke der Ziehung in eine Lostrommel eingebracht werden. Derjenige Teilnehmer, dessen Nummer gezogen wird, hat gewonnen. An die beiden verbliebenen Teilnehmer der Lotterie verteile ich nun die Nummern zwei und drei. Die Nummer eins hatte ich im Vorfeld Signorina Wilson zugeordnet, mit Ihrer Erlaubnis nehme ich sie aus dem Spiel. Signore Freihold, ich erlaube mir, Ihnen die Nummer zwei zuzuordnen. Das bedeutet für Sie, Signore Fields, dass Sie die Nummer drei haben.«
Der Notar schrieb etwas und händigte jedem der Männer einen kleinen Zettel mit einer Nummer aus.
»Verzeihen Sie, dass diese Lose wie ein Provisorium aussehen, aber ich denke, sie erfüllen dennoch ihren Zweck.«
Trisha registrierte ein Zucken an Fields Halsmuskel. Auch Verbeecks gerötete Gesichtsfarbe verriet Aufregung.
»Ich erlaube mir, nun
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