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Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)

Titel: Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronika Fischer , Manfred Maurenbrecher
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spannende Zeit in der DDR. Cross-over war möglich!
    Und noch eine kleine Randnotiz: In den letzten Jahren entdeckte ich erstaunt, wie viel vielseitiger die Musiker aus beiden Sparten geworden sind. Nicht nur die technischen Leistungen, auch Auffassungsgabe und Sensibilität für unterschiedlichste musikalische Stile haben sich enorm gesteigert. Ein echter Fortschritt – auch wenn die jungen Musiker leider auf dem Markt oft genug unter Wert gehandelt werden…

    Mein Einstieg bei der Fred-Herfter-Combo brachte mir nicht nur regelmäßige Auftritte ein – sondern auch einen Wintermantel. Frau Collum hatte mich schon mehrmals aufgefordert, mich endlich wärmer anzuziehen, sie fand, dass jeder Sänger einen Schal tragen müsse. Ich besaß keinen Schal, zumindest keinen wärmenden. Vielleicht auch deshalb nicht, weil ich eitel war. Ich hatte nur ein kleines dunkelblaues Mäntelchen. Wahrscheinlich hätten meine Eltern mir einen warmen Anorak gekauft, wenn ich Alarm geschlagen hätte, aber der wäre sicher nicht schick gewesen. Die Auswahl an Garderobe in der DDR war ja nicht allzu groß.
    Fred Herfter überredete mich zu einem »Fuchsmantel« aus dem Fundus seiner Frau, den ich ja mit Auftritten »abarbeiten« könne. Ich gehe davon aus, dass Frau Herfter den Mantel nicht mehr mochte. Plötzlich trug ich also gefärbtes Kaninchen als Fuchs, es sah spießig aus, aber wärmte. Ich habe das gute Stück nicht lange gebraucht. Bei Panta Rhei konnte ich mich verbessern, mit einem Lamm.
    Die Nächte mit umherziehenden Musikern können lang und kalt sein.
    Die Auftritte mit der Combo fielen mir nicht schwer. Aber sie begeisterten mich auch nicht. Ich sang Standards. Drei Songs, dann eine Tanzpause, wieder drei Songs, nächtelang. Fred Herfter sah aus wie ein typischer Bandleader, riesige Koteletten und das klassische Benehmen des süffisanten vierzig-, fünfzigjährigen Tanzbegleiters. Er kam uns uralt vor. Wir wollten uns eigentlich grundsätzlich fernhalten von solchen älteren Herren. Damit meine ich die Mädchen meiner Generation. Unterwegs mit Herfter dachte ich manchmal schon, ich müsse aus dem Auto springen. Nicht ganz einfach, wenn man mit eingestaubten Musikern arbeitet. Gemein – aber so hart dachte ich. Man wollte sich von den Spießern unterscheiden. Ich entwickelte mich zum »Hippie«.
    »Nicht meine Welt« – so empfand ich es.
    Damals lernte ich auch, dass es ein Riesenunterschied ist, ob ich im Zimmerchen am Klavier singe oder auf der Bühne. Die technische Ausstattung war mager, wir hatten ein Paar Boxen, durch die ich mich kaum hörte, keine guten Monitore. Dann fängt man an, sich zu überschreien, und verliert die Kontrolle, gibt zu viel und kann sich dadurch schaden – Frau Collum holte mich in der Woche danach regelmäßig wieder zurück und mühte sich mit mir um die klassische Technik, die mit der Tanzmusik, die ich machte, nicht zu vereinen war. Ich war verwirrt.
    Und natürlich gab es Erlebnisse mit Menschen vor und hinter den Bühnen, mit Nachtschwärmern. Ein Pulk ungarischer Jugendlicher tauchte hier und da auf. Sie waren auf »Mädchenjagd« am Wochenende, und einmal brachte mir in einem verrauchten Tanz-Kulturhaus ein Kellner in einer Pause ein Glas Schnaps, und einer der Jungs winkte zu mir rüber, kam dann näher. »Möchte kennenlernen«, stotterte er mit rollendem R. Er gefiel mir, aber ich blieb zurückhaltend. Denn natürlich kannte ich auch die ablehnende Haltung meiner Eltern zu Ausländern überhaupt und besonders zu gleichaltrigen ausländischen Jungs.
    Natürlich konnte ich nicht ahnen, dass dieser sportliche, wilde Typ, den ich da abwimmelte, einmal mein engster Freund und Ehemann werden würde – László.
    Ein halbes Jahr später sahen wir uns wieder.
    Dreißig Wartburgs auf dem Weg nach Jerewan
    Kurz vor dem Ende meiner Fred-Herfter-Zeit unternahm ich mit der ganzen Combo eine wunderbare Reise quer durch Osteuropa und die Sowjetunion bis nach Jerewan. Die Defa hatte uns engagiert, um für die musikalische Untermalung von zwei Filmen zu sorgen, die auf der Fahrt gedreht werden sollten: eine Reisedokumentation über die schönsten Städte am Schwarzen Meer und ein Werbefilm über »Präsent 20«.
    Die DDR und die DEFA wollten mit diesem Vorhaben gleich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Im VEB Textilkombinat Cottbus war nämlich ein Stoff entwickelt worden, der nun als Weltspitzenerzeugnis angepriesen und gefeiert wurde. Herstellungstechnik und Ergebnis galten als einmalig:

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