Das Lügenlied vom Glück: Erinnerungen (German Edition)
den inneren Quellen zurückzufinden, aus denen ein Konzert entsteht, das die Zuhörer packen kann.
Es ist auch nicht einfach, diese Quellen auf einer Probe anzuzapfen. Aus allen vier Himmelsrichtungen kommen wir zusammen. Haben unsere Instrumente dabei, manche stehen im Übungsraum auch bereit, wir mieten sie, ein Schlagzeug zum Beispiel, um den Kraftakt so klein wie möglich zu halten. Nicht auch noch Kisten schleppen müssen, ehe der erste Ton erklingt.
Jetzt bin ich da. Begrüßung, Umarmungen, ein paar flapsige Sprüche. Bis vor Kurzem haben wir manchmal im Prenzlauer Berg geprobt, Axel Schäfer, unser Bassist, hatte dort einen Übungsraum. Für mich war die Verbindung zu meinen Anfangstagen spürbar, zu jener fast schon versunkenen Zeit an dem anderen Ort. Manchmal gelang es mir noch, beim Bummeln durch die dunklen Straßen dort im Spätnachmittagslicht die alten Vibrationen zu empfangen, das Lebensgefühl der Siebziger, das sich in den Steinen der Häuser abgelagert hat. Während die Geschichte ihren Weg machte.
Wie hat sich der Prenzlauer Berg verändert! Was für ein internationales, bunt ausgeleuchtetes Pflaster ist er geworden. Oberklassencharme mit seinen extraordinären Preisen vertreibt die letzten Ureinwohner. Und die nach dem Mauerfall zugezogenen Künstler und Lebensträumer gleich mit dazu. Axel musste den Übungsraum aufgeben, ein Immobilienhai kündigte ihm den Keller, weil das Haus ohne musikalischen Lärm besser zu verkaufen sei. Um das Klischee abzurunden: Er stammte tatsächlich aus Schwaben, der Hai. Als es die Schwäbische Alb noch nicht gab, war auch dort mal ein Meer…
Unser Pianist Andreas Gundlach kommt dagegen aus Hannover. Er hat wie ich in Dresden studiert, aber knapp fünfundzwanzig Jahre nach mir, jetzt ist er im Osten des Landes so gut zu Hause wie ich. Deutschland wächst zusammen! Zwei meiner Musiker könnten auch meine Söhne sein, denke ich, als sie sich einstimmen. »Was als Erstes?«, fragt Axel. Vielleicht ein Winterlied. Ich überlege. »Lasst uns ›Manchmal fällt man tief‹ versuchen«, sage ich dann. Ich habe die Abläufe für das Lied im Kopf, ich bin wie immer gut vorbereitet. Andreas verteilt die Noten.
Etwas unsicher noch, aber klar und kraftvoll arbeiten wir uns voran in das Land der Töne und Rhythmen. Es klingt gut. Wir spielen.
Der Reichtum der Musik lässt mich manche Klippe überstehen, denke ich.
Mit diesem Satz bin ich vor ein paar Tagen aufgewacht.
Wir fahren auf einem kleinen seetüchtigen Boot durch die Wellen.
Und noch ist meine Fahrt nicht beendet.
Ich danke meinem Publikum für die Treue
und allen für die Aufmerksamkeit!
8 »Berlin« (Auszug), Text von Gisela Steineckert, Musik von Günther Fischer. Abdruck m it freundlicher Genehmigung von Gisela Steineckert
9 »Sehnsucht« (Auszug), Text von Gerulf Pannach, Musik von Detlef Petersen. Abdruck m it freundlicher Genehmigung von Ami Pannach
10 »Es war ein Land«, Text von Kurt Demmler, Musik von Franz Bartzsch, ©Edition Westwind, Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Edition Westwind
11 »Rauchiger Sommer« (Auszug), Text von Kurt Demmler, Musik von Franz Bartzsch
12 »Schwarze Katze«, Text von Manfred Maurenbrecher, Musik von Andreas Bicking. Abdruck mit freundlicher Genehmigung von Manfred Maurenbrecher
13 »Es ist ein Schnee gefallen«(Auszug), altes Volkslied aus dem 16. Jhrdt., Musik von Christian Kunert
14 »Ein Winter ist mir widerfahrn«, Text von Gisela Steineckert, Musik von Franz Bartzsch. Abdruck m it freundlicher Genehmigung von Gisela Steineckert
15 »Mein seltsames Leben«(Auszug), Text von Gisela Steineckert, Musik von Andreas Bicking. Abdruck m it freundlicher Genehmigung von Gisela Steineckert
Danksagung
Mein herzlicher Dank gilt allen, die zum Entstehen dieses Buches beigetragen haben. Den größten Teil habe ich selbst geschrieben, Manfred hat die kursiven Texte beigetragen und sich den von mir verfassten Text gründlich angeschaut. Nicht vergessen möchte ich Jobst Neermann, der mich wieder auf den Weg brachte.
Darüberhinaus möchte ich folgenden Personen danken:
Erwin Berner
Kristjane Maurenbrecher
meinen Schwestern Anita, Sabine und Kerstin
Marianne Oppel
Gisela Steineckert
Ecke Krämer
Jäcki Reznicek
Christine Dähn
Thomas Natschinski
Michael Behm
Sie alle haben mir geholfen, Erinnerungen zu wecken.
Manfred Maurenbrecher
»Ich danke Kristjane Maurenbrecher für ihre unschätzbare Mitarbeit!« MM
Quellen
Die Fotos im Text stammen aus
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