Das Lustschiff
das angenehm warme Wasser verspürte, das auf sie herunterprasselte, bemerkte Carolin, dass ihre Beine vor lauter Aufregung immer noch zitterten. Sie hatte die Situation falsch eingeschätzt, geglaubt, der Mann würde in Lebensgefahr schweben. Sie musste sich irgendwie wieder beruhigen.
Die Sauna wäre jetzt gar keine schlechte Idee, überlegte sie und streifte ihren Badeanzug ab, schnappte sich ihr Handtuch, das sie im Duschbereich abgelegt hatte. Sie wickelte sich darin ein und begab sich eilig in eine der Kabinen im Saunabereich. Die wohltuende Wärme wäre nun genau das Richtige, würde sie hoffentlich beruhigen und diesen schrecklichen Moment schnell vergessen lassen.
Um diese Uhrzeit war die Sauna leer. Sie war die Einzige, hatte also die Kabine für sich allein. Wie angenehm das war. Niemand, der sie anstarrte, niemand, der ihr ein Gespräch aufdrängte. Sie setzte sich auf eine der Holzbänke, legte das Handtuch ab und genoss die Wärme, die sie in einen wohligen Kokon einschloss.
Dies war ihr vorletzter Tag an Land, schon morgen endete ihr Urlaub, und übermorgen stachen sie in See. Carolin konnte es nicht erwarten, sie liebte das Meer, den Seegang, das Gefühl, in einer gänzlich anderen Welt unterwegs zu sein, auf einer schwimmenden Stadt. Sie seufzte leise. Eigentlich war sie nicht der Typ fürs Abenteuer. Sie liebte die Sicherheit. Zumindest im Alltag. Sie galt als kontrolliert, aber das war in ihren Augen nichts Schlechtes. Es war klug, keine unnötigen Risiken einzugehen. Gerade eben hatte sie ja gesehen, wohin das führte. Was für ein alberner Wettkampf das gewesen war. Und was hatte es gebracht? Nichts als Ärger.
Ein leises Knarren ließ sie aufschrecken. Jemand öffnete die Tür. Gleich darauf blickte sie in das strahlende Gesicht des Amerikaners.
»Das ist ja ein Zufall«, sagte er vergnügt.
Carolin sah, dass er lediglich ein Frotteetuch um die Hüften trug.
»Zufall?« Wer glaubte denn an so etwas. »Sie sind mir augenscheinlich gefolgt.« Sie wollte gehen. Dieser Kerl ging ihr allmählich auf die Nerven. Vor allem nervte sie sein makelloses Äußeres. Es zwang sie nämlich dazu, sehr genau hinzusehen. Und das war ihr mehr als unangenehm.
»Ach, kommen Sie. Es ist wirklich nur ein Zufall. Ich will doch gar nichts von Ihnen.« Er zwinkerte ihr zu. Carolin wusste nicht, ob sie erleichtert oder beleidigt sein sollte.
»Ohne Taucherbrille und Badekappe sehen Sie übrigens nicht mal schlecht aus.«
Herrje! Er hatte sie ja vorhin in ihrem altbackenen Badeanzug gesehen. Doch für ihr Training musste sie nicht unbedingt wie eine Nixe aussehen. Die Trainingskleidung sollte praktisch, nicht attraktiv sein.
»Danke«, murmelte sie und wollte sich an ihm vorbeischieben. Es war hier drin viel zu heiß! Doch der Fremde hielt sie am Arm fest und beförderte sie sanft auf ihre Bank zurück. Dennoch kam sie etwas unglücklich auf, so dass ihr Po schmerzte.
»Aua«, zischte sie.
»Entschuldigen Sie bitte, das war nicht meine Absicht.« Er grinste verlegen.
Erschrocken stellte Carolin fest, dass dieser Kerl um einiges stärker war als sie, obwohl sie doch stets im Training war. Vor allem die Leichtigkeit, mit der er sie bewegte, gab ihr zu denken. Er war in jedem Fall stärker als die meisten Männer, mit denen sie in ihrem Job zu tun hatte. Und das sollte etwas heißen. An Bord arbeiteten immer harte Kerle. Keine weichgespülten Landratten.
»Bleiben Sie doch, ich werde mich auch benehmen«, versprach er und schien es ernst zu meinen. Noch dazu hatte er ja betont, dass er nichts von ihr wollte. Störte sie das auf einmal? Sollte sie nicht sogar froh darüber sein, dass er kein irgendwie geartetes Interesse an ihr hatte? Carolin war kein Typ für eine Beziehung, das wusste sie inzwischen. Beziehungen endeten doch immer im Streit und Chaos. Man sagte Sachen, die man gar nicht meinte, nur um den anderen zu verletzen. Ein einziger Kriegsschauplatz war das. Und zurück blieb man mit gebrochenem Herzen. Darauf konnte sie gern verzichten.
Carolin blieb sitzen. Nicht, weil er es wünschte, auch nicht, weil sie diesem zugegebenermaßen ungewöhnlichen Mann noch Gesellschaft leisten wollte. Sie wusste schlichtweg nicht, was sie tun, wie sie reagieren sollte. Diese Situation überforderte sie. Und das passierte nun schon zum zweiten Mal an diesem frühen Morgen.
Er setzte sich ihr gegenüber hin, nahm das Frotteetuch ab und offenbarte ihr völlig ungeniert sein Geschlecht. Carolin erschrak, blickte
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