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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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der Versailler Friedensvertrag eine Demütigung.
    »Nun, Bürger Zacharias, was wählen Sie? Das Gespräch oder …« Er zeigte auf Zacharias’ Hände.
    »Ich werde berichten, Leutnant.«
    Der Leutnant nickte. »Wir haben alle Zeit der Welt. Wo wollen Sie anfangen, über Ihre Verbindungen zur Konterrevolution und zur trotzkistischen Verschwörung auszusagen?«
    »Am Anfang, also am Ende.«
    »Sie sollten sich um Klarheit bemühen.«
    »Ja, ja. Das Ende war der Anfang meines Lebens in der Sowjetunion und meiner erneuten Arbeit für die Tscheka, nachdem ich aus Deutschland fliehen konnte.«
    »Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass Sie nicht geflohen sind, sondern dass der Feind Sie eingeschleust hat in die Sowjetunion, um die Diktatur des Proletariats zu unterminieren.«
    »Wenn Sie gestatten, Leutnant, ich möchte zunächst berichten, an was ich mich erinnere. Wir können es dann bearbeiten, bis es richtig ist.«
    Der Leutnant nickte wieder. Er schaute den Gefangenen freundlich an, eine Aufforderung, nun zu berichten. Seine Gestik zeigte, dass er es nicht eilig hatte.
    Zacharias überlegte. Was war geschehen?
    »In Erfurt hielt Rosa …«
    »Sie meinen die Luxemburg?«
    »Ich meine die Genossin Rosa Luxemburg.«
    Der Leutnant zog die Augenbrauen hoch, sagte aber nichts.
    »Es war ihre letzte Rede, aber das hat sie nicht gewusst.« Eine Schmerzwelle überraschte ihn, er begann zu zittern.
    »Einen Tee?« fragte der Leutnant.
    Zacharias nickte.
    Der Leutnant ging zur Tür, öffnete sie einen Spalt und befahl, einen Tee zu bringen. Dann setzte er sich wieder an den Schreibtisch. »Berichten Sie, der Reihe nach. Lassen Sie nichts aus. Und bedenken Sie gut, was Sie sagen.«
    Es klopfte, ein NKWD-Mann öffnete die Tür und stellte eine Tasse Tee auf den Schreibtisch des Vernehmers. Der zeigte auf die Tasse. »Trinken Sie!«
    Zacharias nahm die Tasse zwischen die verbundenen Hände und trank. Er hatte lange keinen Tee mehr getrunken. Er schmeckte gut. Vorsichtig setzte er die Tasse ab.
    Ja, wie war das Ende? Sie verließen Erfurt und fuhren in Richtung Frankfurt. Dort sollte Rosa in einem großen Betrieb sprechen über den Wirtschaftsplan, den alle forderten, den aber niemand zustande brachte. Und was schon geplant wurde, hielt niemand ein. Aber sie redete dort nicht, kurz nach Fulda stieß ihre kleine Kolonne auf eine starke Reichswehreinheit, die die Straße sperrte. Erst sahen sie nur vorn Soldaten, aber dann merkten sie, wie sie eingekreist wurden. Sie hatten keine Chance, es fiel kein Schuss.
    Ein Hauptmann näherte sich dem Wagen in der Mitte. Er öffnete die hintere Tür an der Seite, wo Rosa saß. »Frau Dr. Luxemburg, Ihre Reise ist zu Ende.«
    Dann wies er den Fahrer an, einem gepanzerten Reichswehrfahrzeug zu folgen. Hinter ihnen reihten sich weitere Laster ein, auf denen Männer in der grauen Uniform saßen, die Zacharias so gut kannte vom Krieg.
    Schnell sahen sie, dass sie nach Kassel geführt wurden. In Wilhelmshöhe hielt die Kolonne vor einer großen Villa. Der Hauptmann trat wieder an den Wagen und bat die Insassen höflich auszusteigen. »Kommen Sie, Sie werden erwartet.«
    Der NKWD-Leutnant zündete sich eine Zigarette an. Er hielt sein Etui sogar Zacharias hin, aber der wehrte ab, fast unwirsch, weil seine Erzählung unterbrochen wurde.
    »Eine Reichswehreinheit mitten im revolutionären Deutschland? Und die Oberste Heeresleitung in Kassel, unbehelligt?«
    »Ja, der Genosse Däumig traute sich nicht. Wir waren mehr, aber die Reichswehr war besser ausgerüstet und ausgebildet, außerdem wurden die feindlichen Einheiten besser geführt.«
    »Und der revolutionäre Elan, hätte der nicht alles ausgeglichen?« Er hatte die Augen weit geöffnet und schrieb nichts ins Protokoll. Er wollte es erst einmal verstehen.
    »Die Volkskommissare wollten zunächst die Gebiete sichern, die unter unserer Kontrolle waren. Wir hatten ja auch in Bayern keine Stützpunkte mehr, in Ostpreußen sowieso nicht, auch in Schleswig-Holstein nicht, auf dem Land. Aber wir hatten die meisten Städte, und von dort aus wollten wir die Revolution überallhin tragen.«
    »Gut, gut.« Er winkte ab, was wohl bedeuten sollte, im Bericht fortzufahren.
    »Rosa und wir anderen wurden in die Villa geführt. Im Vorraum mussten wir warten, eine halbe Stunde etwa, währenddessen streng bewacht von einem Dutzend Soldaten mit aufgepflanztem Bajonett. Niemand durfte sich setzen, Rosa war schon ganz bleich vor Anstren gung und Aufregung. Als Jogiches

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