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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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Gehör. Die Menschen im Plenum schrien durcheinander, andere schliefen. Viele rauchten. Ledebour klopfte, so kräftig er konnte, da brach der Hammer entzwei, die Teile flogen in den Saal. »Oh, der Genosse Ledebour wird handgreiflich!« rief einer. Gelächter. Selbst Ledebour, dem die Humorlosigkeit ins Gesicht geschnitten war, musste lachen. Dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. Aus irgendeinem Grund wurde es leise.
    Zacharias ließ den Blick wandern, ob er die Spartakus-Führer fände, aber er entdeckte sie nicht. Auch die Prominenz der USP ließ sich nicht blicken.
    »Der Arbeiter-und-Soldaten-Rat muss eine Tagesordnung beschließen. Ich schlage vor, Tagesordnungspunkt eins ist Wahl des Präsidiums, Tagesordnungspunkt zwei Wahl der provisorischen Regierung. Wenn die Regierung gewählt ist, erwarten wir von dieser ein Programm. Daraus ergeben sich die weiteren Tagesordnungspunkte.«
    »Ich verlange, dass der Tagesordnungspunkt ›Grußworte‹ aufgenommen wird. Gleich nach der Wahl des Präsidiums. Der Genosse Radek will zu uns sprechen.« Das sagte ein kleinwüchsiger Mann in der ersten Sitzreihe.
    Donnernder Beifall. »Hoch Lenin! Hoch Trotzki! Es lebe die russische Revolution!« Sie riefen es durcheinander.
    Irgend jemand hatte Ledebour ein abgebrochenes Stuhlbein gereicht. Damit schlug er nun auf den Präsidiumstisch ein. »Genossen, bewahrt revolutionäre Disziplin!«
    Ein paar Rufe, dann beruhigten sich die Menschen. Die Tagesordnung wurde gegen wenige Stimmen angenommen. Zum Vorsitzenden der Versammlung des Arbeiter-und-Soldaten-Rats wurde Ledebour gewählt, dazu als Beisitzer ein Soldat und ein Vertreter der Staatswerkstätten Spandau. Dann öffnete sich eine Tür hinter dem Platz des Präsidiums, Radek erschien. Als sie ihn erkannten, standen die Delegierten auf und klatschten. Viele reckten die Fäuste, sie ließen wieder Lenin und Trotzki hochleben.
    Radek stellte sich ans Rednerpult und betrachtete scheinbar unbewegt die fast ekstatische Begeisterung. Nach einer Weile reckte er beide Hände nach oben und senkte sie langsam. Er wiederholte die Bewegung einige Male, es sah aus wie eine Beschwörung. So schlug er die Masse in seinen Bann, bevor er ein Wort gesagt hatte.
    Dann sprach er mit einfachen Worten, aber jedes traf das Gemüt der Zuhörer. Radek zog seine Hose hoch und beschwor die deutsch-russische Freundschaft. Er erklärte namens der Sowjetregierung, er sei befugt, der deutschen Revolution alle Unterstützung zuzusagen, die Russland geben könne. Er warnte die Entente, sich mit der deutschen Konterrevolution zu verbünden. Tue sie es, dann erwüchse daraus ein europäischer Bürgerkrieg der Arbeiterklasse gegen die Bourgeoisie. Seine Rede wurde immer wieder von Beifall unterbrochen, vor allem als er ankündigte, die gerade gegründete Kommunistische Internationale habe beschlossen, ihren Sitz nach Berlin zu verlegen, »dorthin, wo das Herz der Weltrevolution schlägt«.
    Nach Radeks Rede applaudierten die Delegierten minutenlang. Dann klopfte Ledebour mit dem Stuhlbein auf den Präsidiumstisch, allmählich kehrte Ruhe ein. Ledebour verlas Resolutionen aus Betrieben, Verwaltungen und Garnisonen, in denen gefordert wurde, die Ebert-Scheidemann-Regierung zu verjagen und alle Macht den Räten zu übertragen.
    Nun forderte Ledebour die Delegierten auf, Vorschläge für die provisorische Regierung zu machen. Auf Antrag eines Delegierten wurde der Titel des Ministers durch den des Volkskommissars ersetzt, nach russischem Vorbild. Es wurden viele Namen gerufen, Ledebour und die Beisitzer mühten sich, sie mitzuschreiben. Es war ein lautes Durcheinander. Da öffnete sich eine Tür hinter dem Präsidiumssitz, und Ledebour erklärte, der USP-Vorsitzende Hugo Haase habe ums Wort gebeten.
    Zacharias hatte einen Sitz in der letzten Reihe gefunden und bestaunte das Geschehen wie einen Bühnenakt. Vor kurzem noch hatte er mit dem Tod gerechnet, jetzt lebte er nicht nur, über Nacht war Berlin in ihre Hand geraten. Wo waren die Freikorps? Sie hatten sich doch nicht in Luft aufgelöst.
    Zacharias quälte die Ungewissheit jede Minute mehr, da er das Spektakel im Reichstagsplenum bestaunte. Er stand auf und ging hinaus. Draußen suchte er jemanden, der ihn unterrichten könnte über die militärische Lage, aber er fand niemanden. Die Soldaten, die er ansprach, zuckten die Achseln. Sie wussten nichts. Zacharias stellte sich vor, wie eine Freikorpsarmee in Berlin eindrang und die Revolution niederschoss. Er

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