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Das Luxemburg-Komplott

Das Luxemburg-Komplott

Titel: Das Luxemburg-Komplott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian von Ditfurth
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flüsterte.
    Zacharias nickte.
    »Kann man sagen, wir schaffen eine humane Gesellschaft, die erste humane Gesellschaft, indem wir alles vernichten, das uns im Weg steht?«
    »In Russland geht es ums Überleben. Bürgerkrieg, Hungersnot, Intervention der kapitalistischen Staaten. Einen humanen Krieg gibt es nicht.«
    »In Russland, Genosse Zacharias, da hat eine Minderheit geputscht und kämpft jetzt gegen die Gesellschaft. Die Bolschewiki haben nicht einmal unter den Arbeitern eine Mehrheit. Sie haben in einem günstigen Augenblick die Macht genommen, als die auf der Straße lag. Und jetzt wollen sie die Macht behalten, um jeden Preis.«
    »Sollen sie aufgeben? Kann man in einer Revolution abstimmen?«
    »Warum nicht? Man muss nur gewillt sein, den Willen der Mehrheit zu akzeptieren. Man schließe Großbauern und Kapitalisten aus von der Wahl, das ist dann die Diktatur des Proletariats, unterstützt durch die armen Bauern. Oder eben nicht. Sie haben die Menschewiki einfach verjagt, viele sitzen im Gefängnis, und viele sind tot.«
    »Was machen wir mit Ebert und Scheidemann?«
    »Das kann man nicht vergleichen. Viele Menschewiki waren für eine sozialistische Revolution, aber gegen einen Putsch. Ebert und Scheidemann sind die Hauptverantwortlichen für den 4. August, die Zustimmung zu den Kriegskrediten und die Köpfe der Konterrevolution. Die Bourgeoisie ist untergetaucht, die kaiserlichen Generale verstecken sich in den Rockschößen von Ebert und Konsorten. Das ist fast schon lustig. Ich habe dem sozialdemokratischen Parteivorstand schon vor dem Krieg einiges zugetraut und im Krieg noch mehr. Aber nicht das, was er jetzt treibt. Deswegen bekämpfen wir sie, deswegen will ich, dass sie vors Tribunal gestellt werden, damit vor aller Augen ihr Verrat bewiesen wird. In einem gerechten Verfahren, mit Verteidigern ihrer Wahl. Es ist selbstverständlich, dass die Bourgeoisie Klassenkampf gegen die Arbeiter führt. Die Kapitalisten können nicht aus ihrer Haut, sowenig wie auch wir aus unserer Haut können. Ich verachte sie nicht, sie sind Marionetten der Verhältnisse. Aber Verräter wie Ebert verachte ich. Sehen Sie, Genosse Zacharias, solche Leute wie Ede Bernstein, der den Revisionismus begründet hat, den ich länger als ein Jahrzehnt politisch bekämpft habe, die bleiben auf Kurs. Ede ist nach wie vor für seinen Sozialismus der kleinen Schritte. Das ist konsequent, aber weltfremdes Wunschdenken. Er vertritt die Auffassung, Deutschland sei schuld am Krieg. Ebert dagegen stellt sich ans Brandenburger Tor und empfängt das Heer mit den Worten ›Im Felde unbesiegt‹. Und schuld am Krieg soll Deutschland auch nicht sein. Sie erzählen den Menschen immer noch, was sie 1914 nachgeplappert haben, dass nämlich Deutschland angegriffen worden sei und dass für den Fall eines russischen Angriffs selbst der alte Bebel sich noch den Schießprügel auf die Schulter gelegt hätte. Sie sitzen in der Falle. Es wird immer deutlicher, Deutschland hat diesen Krieg zu verantworten. Um so kläglicher sehen die Eberts aus mit ihrer Zustimmung zu den Kriegskrediten, die auf die Lüge bauten, das Kaiserreich müsse sich gegen die zaristische Reaktion verteidigen. – Ach, ich rede zuviel.«
    Die Tür schlug auf, Liebknecht stürmte herein, unterm Arm eine überquellende Aktentasche. »Weimar ist in unserer Hand, Ebert verhaftet, Scheidemann auf der Flucht. Die Arbeiter haben nicht auf die Rote Armee gewartet, sondern die Sache selbst übernommen. Der Rest der Regierung hat sich nach Stuttgart verzogen. Das ist die gute Nachricht. Die schlechte ist: Die Eisenbahner haben sich auf Eberts Seite geschlagen. Sie sind in den Streik getreten, befördern aber feindliche Truppen. Die konzentrieren sich in Bayern. Wo ist Däumig?«
    »Der schläft«, sagt Jogiches. Zacharias erschrak. Jogiches hatte die ganze Zeit in der Ecke gesessen, ohne dass er ihn bemerkt hätte.
    »Dann weckt ihn«, sagte Liebknecht. »Ich fürchte, unser Oberbefehlshaber kennt die militärische Lage nicht. Gibt es jemanden, der die Meldungen entgegennimmt und auswertet? Haben wir Kundschafter, die uns berichten, wo der Feind steht, bevor er uns überrascht?« Liebknecht war zornig.
    Dann erschien Däumig, schlaftrunken.
    »Passen Sie auf, dass nicht eines Nachts Groener an Ihrem Bett steht und Sie weckt«, sagte Jogiches.
    Niemand lachte.
    Däumig war zusammengebrochen vor Erschöpfung. Zacharias begriff, in einer lebenswichtigen Position in der Regierung gab es eine

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