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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Fundament des Zikkurats sein.«
    »Das da«, entgegnete der Chefarchäologe und erntete ein anerkennendes Lachen des Geologen, »ist ein Steinhaufen.«
    »Solche Erhebungen passen nicht in die Landschaft.«
    »Sehen Sie sich doch um, hier sind überall Hügel.«
    »Der da sieht aber anders aus.«
    Blicke. Verstecktes Grinsen. Augenverdrehen. All das war ich gewohnt.
    Der Chefarchäologe musste mir widerstrebend recht geben, als wir die 3D-Bilder und die Ergebnisse des Georadars bekamen, das hochfrequente Radarsignale in den Boden sandte. Auch die Ergebnisse des Magnetometers, das magnetische Änderungen als Folge menschlicher Aktivität maß, und der Piezocone-Test, der den elektrischen Widerstand analysierte, belegten, dass sich unter der Erde eine viereckige Struktur von mehreren hundert Quadratmetern Ausdehnung befand.
    »Der Turm zu Babel«, sagte ich – nicht wenig stolz – zu CC .
    Der Chefarchäologe war weder nachtragend noch rachsüchtig. Mit frischem Eifer und meinem wohlwollenden Beistand machte er Pläne für die Ausgrabung der Anhöhe. Um Zeit zu sparen und möglichst effektiv zu arbeiten, teilten wir die Archäologen und Ausgrabungsteams in drei Gruppen ein: Eine Gruppe erhielt die Verantwortung für die Grobarbeiten, eine für die Grabung der Schächte und die dritte für die Feinarbeiten und Erd-und Sandanalysen.
    Vorsichtig gruben wir uns in die Tiefe. Meter für Meter. Stunde um Stunde.
    Zwei Tage lang wurde rund um die Uhr ohne Unterbrechung gegraben. In der Wüstenhitze am Tag und in der Kälte der Nacht.
    Schließlich fanden wir, wonach wir suchten: Eine Grundmauer.
    Eine Grundmauer, die so solide und hoch war, dass alle Zweifel ausgeräumt waren.
    Wir hatten den Turm zu Babel gefunden.
    2
    Um zu dem freigelegten Teil des Fundaments zu gelangen, mussten wir über vier schräg stehende Aluminiumleitern, die an einem Gerüst im Schacht befestigt waren, in die Tiefe steigen. Unten war die Luft glühend heiß und schrecklich staubig. Überall auf dem Boden lagen Gebäudereste und Tonscherben, zwischen denen aufgeschreckte Skorpione herumhuschten. Über einen riesigen Gummischlauch wurde kühle Luft zu den bedauernswerten Arbeitern geblasen, die unten graben mussten. Als CC , der Chefarchäologe, der Chefingenieur und ich auf dem Grund des Schachtes ankamen, hatte das Grabungsteam bereits einige Meter des Fundaments freigelegt. Die Grundmauer bestand aus riesigen, quadratischen Steinblöcken, die mit beeindruckender Präzision zugehauen und eingepasst worden waren. Was bemerkenswert war, denn solche Steine gab es in dieser Region nicht.
    CC schlug mit der flachen Hand gegen die Wand. »Solide Arbeit!«
    »Merkwürdig«, sagte der Chefarchäologe. »Im ersten Mosebuch wurde der Turm zu Babel aus gebrannten Ziegeln erbaut, die durch Erdharz miteinander verbunden waren.«
    »Ich würde nicht ohne Weiteres auf Moses baufachliches Wissen bauen«, sagte ich.
    »Aber in der damaligen Zeit hat man so gebaut«, beharrte der Chefarchäologe.
    »Unglaublich«, sagte CC . »Wie nahtlos diese Blöcke aneinandergefügt sind.«
    Ich fuhr mit den Fingerkuppen über die Oberfläche der Grundmauer. Man hätte annehmen sollen, der gesamte Turm hätte sich längst aufgelöst und mit dem Erdreich vermischt. Ich hatte mir die ganze Zeit vorgestellt, dass das, wonach wir suchten – was auch immer es war –, in Sedimenten aus Sand, Erde und Steinen begraben lag. Aber dieses Fundament war hart wie Granit.
    Mit den Nägeln versuchte ich, am Rand etwas abzukratzen – vergeblich.
    Ich weiß nicht, was den Ausschlag gab, dass mir plötzlich klar wurde, was wir da in Wahrheit vor uns hatten. Vielleicht war es der absurde Verdacht, der in mir aufgekeimt war, um was CC ein solches Geheimnis machte. Vielleicht waren es die Erinnerungen an ein Seminar über die Bautechniken der Antike, an dem ich 2003 in der Türkei teilgenommen hatte. Vielleicht aber auch nur reine Intuition.
    »Das sind keine Steine«, sagte ich.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte CC .
    »Natürlich sind das Steine«, sagte der Chefingenieur.
    »Was soll das denn sonst sein?«, fragte der Chefarchäologe.
    »Die Babylonier, die diesen Turm gebaut haben, hatten zwei Möglichkeiten«, erklärte ich. »Sie konnten diese riesigen Steinblöcke aus dem nächstgelegenen Steinbruch herbeischaffen. Aber der ist viele hundert Kilometer entfernt. In der Hitze der Wüste. Eine unerträgliche Qual. Oder sie konnten das Fundament für den Turm an Ort und Stelle errichten. Für

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