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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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mit der Dunkelheit kamen die Insekten und fremden Gerüche. Von der Siedlung und den Äckern östlich von uns zog der Gestank von vergammeltem Kohl und Kloake herüber.
    Ich spähte in die Dunkelheit und dachte daran, wie geschichtsträchtig die Gegend war, in der wir uns befanden. Die Sumerer. Das akkadische Reich. Babylonien. Assyrien. Die Könige Nebukadnezar …
    »Ja, unglaublich. CC ? Können Sie mir erklären, wie die Babylonier es fertiggebracht haben, die Erdkugel in Breiten-und Längengrade aufzuteilen?«

Ich kann nicht sagen, wie oft ich versucht hatte, CC zu entlocken, wie es den Babyloniern mehrere tausend Jahre vor unserer Zeit gelungen war, einen primitiven Quellencode und ein Koordinatensystem zu entwickeln, das wir im Jahr 2009 deuten konnten.
    »Darauf werden wir später zurückkommen«, antwortete CC . Diesen Satz wiederholte er häufig. Stufenweises Protokoll …
    Obgleich ich jetzt Teil des Projektes war und zum inneren Kreis gehörte, hielt CC weiter Informationen zurück. Mit einer gleichbleibenden Gelassenheit, die ich längst als aufgesetzt durchschaut hatte, versuchte er, die Anwesenheit des Militärs schönzureden. Mir war natürlich klar, dass die Zustände im Irak eine militärische Bewachung notwendig machten. In einer Gegend in Erde zu graben, die für viele historisch und heilig war, war ohne Frage riskant. Mit einem Lastwagen voller Sprengstoff könnte man uns auf einen Schlag ausradieren und einen billigen Propagandasieg für irakische Rebellen einfahren.
    Doch selbst die Wahrheit ist häufig nur ein Sammelsurium unvollständiger Dinge und Fragmente.
    In dem Lager war eine komplette Militärbrigade stationiert. Mehrere tausend Soldaten, um eine archäologische Ausgrabung zu bewachen?

II : Der Turm zu Babel
    1
    Eine Ausgrabung in der Wüste ist eine ununterbrochene Prüfung aus Staub und Sand – nicht zu vergessen die Hitze, bei der man sich in Anflügen von Selbstmitleid schnell einmal einbildet, man sei im Begriff zu verdampfen und zerflösse zu einer Pfütze aus flüssigem Fett, Wasserdampf und geplatzten Träumen.
    Obwohl wir uns in einer Wüste befanden, war es zu keiner Zeit still. Große Bulldozer fütterten den konstanten Strom der Lastwagen mit den gesiebten Sandmassen, die die Arbeiter und Archäologen hinterließen. Helikopter kreisten über der Ausgrabungsstätte. Schwere, dröhnende Dieselaggregate sorgten für Strom. Der Fachleiter der Archäologen hatte die Aufsicht über die Tiefbaumaschinen, die Bulldozer und die Grabungsteams, die das Grobmaterial entfernten. Nur wenn wir etwas entdeckten, das näher untersucht werden musste, kamen die Archäologen mit ihren Kellen und Pinseln und ihrer verbissenen Geduld zum Einsatz. Mithilfe von Nivellierungsmessern, Theodoliten, Satellitenfotos, Computerprogrammen und Winkelmessern hatten wir das große, unebene Wüstengebiet in ein Raster unterteilt, das wir Quadratmeter für Quadratmeter untersuchten. Auch mit den präzisen Koordinaten der Babylonier war eine hochtechnologische Ausrüstung nötig, um die eigentliche Ruine des Turms zu finden. Aus dem Flugzeug und mit mobilen Sonden scannten wir den Boden mit Lasern. Ein Nachrichtensatellit machte gestochen scharfe Fotos und Infrarotbilder. Diese Satellitenbilder wurden dann im Computer mit den seismischen und geomagnetischen Messungen korreliert. Das Resultat waren dreidimensionale Bilder mit verblüffender Tiefe und beeindruckender Detailgenauigkeit. Der Chefarchäologe und sein Team hatten schnell Interesse an einer großen, unterirdischen Struktur gefasst, die vierhundert Meter nördlich von uns lag. Sie hatte drei spitze Winkel und konnte mit einer gehörigen Portion Wohlwollen als eine Art Grundmauer gedeutet werden. Ich war überzeugt, dass es sich um einen unterirdischen Felsriegel handelte. Die Geologen und die Ergebnisse der Bohrungen gaben mir recht. Ich selbst war mehr an einer Anhöhe in der Landschaft interessiert, die nur fünfzig Meter nördlich vom Camp lag. Der Chefarchäologe und der leitende Geologe hielten diese wiederum für natürlich und wenig interessant. Mich erinnerte sie an einen nordischen Grabhügel, wie wir ihn im Rogaland ausgegraben hatten. Wir suchten zwar nicht nach Grabhügeln, aber ein guter Archäologe vertraut auf seine Eingebungen und muss die Landschaft lesen können.
    »Diese Erhebung im Gelände, das sind die Reste des eingestürzten Turms«, behauptete ich. »Die quadratische Struktur in den unterirdischen Sedimenten muss das

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