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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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in Schutt und Asche gefallen war. Das Einzige, was jetzt noch etwas bedeutete, war, Silvana zu retten. Alles andere war unwichtig. Der Mord. Seine Ehe. Das Manuskript. Um all das musste er sich später kümmern. Wenn Silvana in Sicherheit war. Sie kamen durch ein kleines Dorf mit engen Gassen. Vor einem Haus spielten ein paar Jungen Fußball. Sie schauten dem Auto mit leeren Blicken nach. Als der Wagen den menschenleeren Dorfplatz überquerte, sah Giovanni kurz die Kirche, deren Türen offen standen. Er erblickte das Kreuz mit Jesus, dem Erlöser. Heimlich faltete er die Hände: Mein Gott. Lieber Gott. Vergib mir. Vergib mir, dass ich gezweifelt habe. Vergib mir, dass ich geglaubt habe, du hättest mich verlassen. Kannst du mir vergeben? Lass Silvana nichts zustoßen. Sie ist doch noch ein Kind. Gott im Himmel, wir brauchen dich mehr als jemals zuvor! Hilf uns! Hilf Silvana! Erhöre mein Gebet, o Herr! In Jesu Namen, Amen. Sie fuhren weiter in nordöstlicher Richtung. Diese Strecke kannte Giovanni nicht. Der Himmel wurde immer dunkler.
    »Das Kloster, zu dem wir fahren«, sagte der Großmeister, und seine Worte kamen so unerwartet, dass Giovanni zusammenzuckte, »wurde im Mittelalter erbaut. 1423. Die Mönche haben es während des Krieges verlassen. 1942. Wobei das Wort verlassen eigentlich nicht korrekt ist. Der gesamte Orden wurde von den Faschisten massakriert. Wie Ihnen sicher bekannt ist, Professor, existierte eine labile Machtbalance zwischen der katholischen Kirche und der faschistischen Bewegung. Der Santa-Vergine-Maria- Orden stand für eine religiöse Ideologie, die Mussolinis Grundidee bedrohte. Im Nachhinein hat es niemand gewagt, etwas mit der Klosteranlage zu machen – die Katholiken unterließen es aus Pietät, die lokalen Behörden aus Rücksicht auf den Staat und die Wähler und der Staat aus Furcht davor, einen Konflikt mit dem etwas moderateren Nonnen-Orden Santa Vergine Maria loszutreten.«
    »Was um alles in der Welt hat Silvana damit zu tun?«
    » Santa Vergine Maria war eine der Gemeinden in Rom, die engen Kontakt zu unserem eigenen Orden pflegten.«
    Giovanni hatte keine Ahnung gehabt, dass die Drăculsângeer Verbindungen zu italienischen Orden oder Mönchsklostern hatten. Er war immer davon ausgegangen, die Drăculsângeer seien eine unbedeutende Bewegung ohne besondere Unterstützung. Dass ein bekannter Orden wie der Santa-Vergine-Maria- Orden Verbindungen zu ihnen hatte, erschreckte ihn. Welche anderen Gemeinden oder Sekten hatten sich im Verborgenen von extremistischen Fundamentalisten wie den Drăculsângeern inspirieren und unterstützen lassen? Und warum? Wer unterstützte sie heute? Manche Menschen, dachte er, sind nicht ganz bei Verstand.
    Sie fuhren weiter in das graue Dunkel hinein.

VIII : Das Skelett
    AL-HILLA
1. SEPTEMBER 2009

    Das Skelett lag auf einem Altar aus rotem Granit. Vier Steinsäulen in Form geflochtener Blumenranken zierten die Ecken des Steinsockels und rundeten die ansonsten scharfen Kanten ab. Die vorstehenden Ornamente waren mit Reliefs und Inschriften dekoriert, die in den Stein geritzt waren.
    Der Schädel war etwas zur Seite gekippt, so dass es aussah, als sähe der Tote uns an. Seine Augäpfel waren zu zwei Kugeln eingeschrumpft. Das dünne Leichentuch, mit dem man ihn abgedeckt hatte, war längst zerfallen und lag in einzelnen dünnen Fasern unter den Knochen. Haarreste, fein wie Flaum, umrahmten den Schädel. Große Teile des Skeletts waren noch immer von Haut und Muskeln überzogen. Auch einige der inneren Organe waren bewahrt. Die merkwürdig kleinen Zähne des Leichnams erinnerten an Milchzähne. Er musste im Sterben die Hände auf der Brust gefaltet haben, denn seine rechte Hand balancierte auf den gebogenen Rippen. Am Mittelfinger trug er einen goldenen, mit Edelsteinen besetzten Ring. Die kräftigen, schwarzen Nägel sahen aus wie die Klauen eines Raubtiers. Der linke Unterarm und die Hand waren zwischen die Rippen gerutscht. Um den Hals trug er eine Kette mit einem Anhänger in Form einer Triquetra.
    Aber nichts von alledem beeindruckte mich wirklich. Nicht in diesem Moment.
    Das Unfassbare, das Verblüffende, das, was uns allen den Atem raubte, war die Größe des Toten.
    Er musste zu Lebzeiten deutlich über vier Meter groß gewesen sein.
    Ein Riese, ein Titan.
    Alles an ihm – Beine, Schenkel, Arme, Rückgrat – war lang und ungelenk. Der Schädel war groß und rund. Das Gesicht des Armen musste reichlich entstellt ausgesehen haben, dachte

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