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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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ich.
    »Mein Gott«, flüsterte ich vor mich hin. Meine Stimme und mein Atem zitterten.
    CC trat dicht an die Überreste des Wesens heran und studierte es genau, ohne es zu berühren. Hinter uns hatten sich die anderen in einem schweigenden Halbkreis versammelt.
    »Was stimmte mit ihm nicht?«, fragte ich. »Warum war er so riesig?«
    CC studierte den Schädel, bevor er sich mir zuwandte.
    »Das«, sagte er, »ist ein Nephilim.«
    Zum ersten Mal hörte ich ein Zittern in CC s Stimme.
    »Ein Nephilim?«, platzte ich heraus. »Ein biblischer Riese?«
    CC drehte sich zu uns um.
    »Freunde, Kollegen«, sagte er feierlich und räusperte sich mehrmals. »Dieses Skelett entstammt der Rasse der legendären Riesen, die laut Altem Testament vor der Sintflut unter uns lebten.«

ROM, MAI 1970
     
    Der Atem rasselt und stockt. Der ganze Körper zittert.
    Jetzt stirbst du, Silvana.
    Das Seltsame ist, dass es mir beinahe egal ist.
    Ich kann nicht mehr.

IX : Die Nephilim
    AL-HILLA
1. SEPTEMBER 2009

    Die Abendsonne schwemmte in einer Gezeitenwelle aus Licht durch das rechteckige Portal des Tempelturms, während die Wüstenhitze sich gegen die Wände presste. Die Geräusche von außen – Generatoren, Bulldozer, Lastwagen – waren kaum zu hören und verschmolzen zu einem fernen, gedämpften Ton.
    CC fasste mich vorsichtig am Oberarm. »Wollen wir gehen, Bjørn?«
    Ich war durstig und schweißnass und aufgewühlt und sehnte mich nach der kühlen Luft im Feldbüro.
    »Ja.«
    Gemeinsam traten wir in das blendende silberweiße Licht.
    Während sich die Archäologen und Techniker an die Untersuchung und Sicherung der sterblichen Überreste des Riesen machten, zogen CC und ich uns ins Büro zurück. Die Klimaanlage hatte die Raumtemperatur auf zweiundzwanzig Grad heruntergeregelt. Ich ließ mich, immer noch schwitzend, auf einen der Stühle am Besprechungstisch fallen und faltete die Hände, damit sie aufhörten zu zittern.
    »Ein wenig Wasser, Bjørn?«
    »Ja, bitte.«
    Er schenkte Wasser ein, stellte das Glas vor mir auf den Tisch und nahm eine abgegriffene Bibel von dem Regalbrett über dem Schreibtisch. Ich trank das Glas in einem Schluck halb leer.
    »Lassen Sie uns die Dinge ein wenig in eine Perspektive rücken«, sagte CC . »Der größte Mensch – Robert Pershing Wadlow – war zweihundertzweiundsiebzig Zentimeter groß, als er 1940 starb.«
    »Aber dieser Bursche bringt es locker auf vier bis fünf Meter!«
    »Ja. Der ist etwas ganz anderes.«
    »Ein Nephilim?«
    »Ein Riese. Das biblische Wort Nephilim kommt aus dem Hebräischen oder Aramäischen. Sprachforscher diskutieren noch immer, ob das Wort schlicht und einfach Riese oder Die andere zu Fall bringen bedeutet.«
    Er befeuchtete seinen Zeigefinger und blätterte sich bis zu der Stelle in den Mosebüchern vor, die er suchte.
Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten. […] Zu der Zeit und auch später noch, als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen auf Erden. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten.*
    * 1. Buch Mose, Kap. 6, Vers 1–2, 4

    »In den meisten Kulturen gibt es Mythen über Riesen. In Norwegen habt ihr Jötuns und Trolle. Die Griechen haben Titanen und Giganten. Im Hinduismus werden sie Daitya genannt. Im Alten Testament lesen wir von dem Amoritenkönig Og – dem Letzten der Refaiten, einem Geschlecht von Riesen. Offenbar überlebte Og die Sintflut, indem er sich an Noahs Arche klammerte. Es scheint ihm gut ergangen zu sein, immerhin ist er um die dreitausend Jahre alt geworden. Im fünften Buch Mose steht etwas über Og: Siehe, in Rabbat-Ammon ist sein steinerner Sarg, neun Ellen lang und vier Ellen breit nach gewöhnlicher Elle.*
    ** * 5. Buch Mose, Kap. 3, Vers 11

    Der Sarg war viereinhalb Meter lang – ganz schön üppig, selbst für einen König.«
    Er blätterte weiter im Alten Testament.
Wir sahen dort auch Riesen, Enaks Söhne aus dem Geschlecht der Riesen, und wir waren in unseren Augen wie Heuschrecken und waren es auch in ihren Augen.*
    * * 4. Buch Mose, Kap. 13, Vers 33

    »Wer waren diese Riesen – die Nephilim?«, fragte ich.
    »Sagen Sie es mir. Sie lebten jedenfalls lange. Wenn wir der Mythologie glauben wollen, waren sie nicht nur riesig, sondern wurden auch uralt. So gesehen weisen sie eine

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