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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Simonetta und ihren Polizeifreund François Sardou oben an der Burg.
    Der Abend war lau, unzählige kleine Mücken schwirrten umher. Von einem Markt schallten die hektischen Töne eines Blasorchesters zu uns hoch. Überall hing grausiger Grillgeruch in der Luft, als würde in jedem Restaurant Fleisch gebraten.
    François Sardou war nicht wohl in seiner Haut, als er mit uns sprach. Er war ein loyaler Polizeibeamter und hielt beständig nach Kollegen oder bekannten Gesichtern Ausschau, die ihm später die unangenehme Frage stellen könnten, wer wir waren und warum er mit uns geredet hatte. Aber seine Liebe zu Simonetta war stärker als seine Loyalität der Polizei gegenüber. Sie hatte ihn gebeten, uns zu treffen, und diesen Wunsch hatte er ihr nicht abschlagen können.
    Wir setzten uns auf eine etwas abseits gelegene Bank, die dicht an der Mauer hinter ein paar Bäumen stand. Mit der Zeit entspannte er sich etwas und erzählte schließlich, dass die Ermittlungen noch nicht viel ergeben hätten, weder über Marie-Élise Monnier noch über ihre Mörder. »Nicht viel«, war im Grunde genommen eine Übertreibung. Anhand von Zeugenaussagen und Überwachungskameras wussten die Ermittler, dass Marie-Élise am Nachmittag des 23. Mai im Bahnhof von Carcassonne aus dem Zug gestiegen war. Ohne Gepäck. Noch im Bahnhof hatte sie ein kleines Päckchen aufgegeben. Hier konnte ich den Ermittlungen ein Detail hinzufügen: Vermutlich enthielt dieses Päckchen ihr Handy. Vor dem Bahnhof kaufte sie ein Baguette, das sie auf dem Weg zu Simonettas Wohnung aß. Laut einer Nachbarin, die sonst nicht darauf achtete, wer im Haus ein und aus ging, hatte sie geklingelt und danach eine ganze Weile im Hausflur gewartet. Ein anderer Nachbar, der sich um Simonettas Post kümmerte, teilte ihr schließlich mit, dass ihre Freundin im Ausland sei. Danach war Marie-Élise durch die Straßen geschlendert und hatte schließlich in einem günstigen Hotel, dem Au Royal am Boulevard Jean Jaurès, eingecheckt. Nachdem sie ein paar Stunden in ihrem Zimmer verbracht hatte, gab sie den Schlüssel an der Rezeption ab, bekam einen Stadtplan ausgehändigt und ging in die Stadt, um ein paar Kleinigkeiten zu besorgen. Danach war sie nie wieder gesehen worden.
    4
    Der Notruf des Pärchens, das die Leiche Marie-Élise Monniers entdeckt hatte, ging am Morgen des 3. Juni bei der Polizei ein. Gefunden hatten die zwei sie am Abend zuvor. Aus diversen Gründen – der Schock über den grausamen Fund, die Furcht, in einen Kriminalfall hineingezogen zu werden, und ein eifersüchtiger Ehemann – hatten sie mit der Meldung gezögert.
    »Wir haben sofort erkannt, dass das kein simpler Mord war«, sagte François Sardou. »Alles deutete darauf hin, dass wir es mit einem Ritual zu tun hatten, einem genau geplanten Menschenopfer. Sie lag auf einem Seidentuch auf dem Altar der Kapelle. Die Mörder hatten sich die Mühe gemacht, ihr einen Kranz Blumen in die Haare zu flechten. Sechsundsechzig Kerzen waren entzündet worden. Das Grauenvollste aber haben wir erst nach der Obduktion erfahren.«
    »Sag es!«, drängte Simonetta leise.
    »Aus Rücksicht auf die Ermittlungen und die Reaktionen der Öffentlichkeit mussten wir bestimmte Ergebnisse zurückhalten. Ich kann in echte Schwierigkeiten geraten, wenn das publik wird.«
    »Wir werden nichts sagen. Wir stellen unsere eigenen Ermittlungen an, wir sind keine Journalisten.«
    »Die Obduktion hat ein paar bizarre Details ergeben …«
    Mir dämmerte langsam, auf was er anspielte.
    »Die Leiche lag mit überkreuzten Armen auf dem Altar. Beide Hände waren zu Fäusten geballt, doch als der Gerichtsmediziner die rechte Hand öffnete, fand er ein …«
    »Ein Amulett.«
    François Sardou sah mich überrascht an.
    »Aus Bronze«, fuhr ich fort. »Mit einem Pentagramm und einer Triquetra.«
    »Mit wem haben Sie gesprochen?«
    »Wir haben mit niemandem gesprochen. Ein norwegischer Freund von mir und ein Kollege in der Ukraine wurden ebenfalls getötet. Auf die gleiche Weise. Ich würde Ihnen raten, Kontakt mit der Polizei in Oslo und Kiew aufzunehmen.«
    »Wir hatten bereits Kontakt zu Interpol.« Er zögerte. »Aber da ist noch etwas. Etwas noch Grausameres.«
    Dieses Mal ließ ich ihn selbst abschließen: »In der Leiche war kein Tropfen Blut mehr.«
    5
    Wir luden Simonetta und François zum Essen ein, aber er hatte Angst, mit uns gesehen zu werden, und lehnte dankend ab. In einer Seitenstraße nahmen Monique und ich an einem Tisch vor einem

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