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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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türkischen Restaurant Platz. Bei zwei Portionen Mercimek Köfte mit Fladenbrot und Hauswein diskutierten wir das weitere Vorgehen. Wir waren uns einig darüber, als Nächstes nach Rom zu fahren, über die Côte d’Azur und Genua, das in etwa auf halber Strecke lag. Monique schlug vor, dort zu übernachten. Von Genua aus waren es noch gute fünf Stunden Fahrt über italienische Autobahnen nach Rom, wo uns der Theologieprofessor Aldo Lombardi erwartete.
    Nach dem Essen gingen wir auf den Markt und hörten eine Weile dem Blasorchester zu, bevor wir vor den falschen Tönen Reißaus nahmen.
    Von meinem Hotelzimmer rief ich Thrainn in Island an. Sie arbeiteten noch immer an dem Text, waren inzwischen aber noch verwirrter als zu Beginn ihrer Arbeit. Ich versicherte mich, dass man den vier, fünf Forschern, die ihn unterstützten, vertrauen konnte und dass sie das Manuskript jeden Abend ordentlich in dem soliden Gewölbekeller einschlossen. Anschließend rief ich Kommissar Henrichsen in Oslo an. Er schien sehr erleichtert darüber zu sein, meine Stimme zu hören. Als hätte er förmlich damit gerechnet, über meinen Tod informiert zu werden. Sie hatten mittlerweile den Leihwagen aufgespürt, den die Mörder benutzt hatten. Das ausgebrannte Autowrack war in einem Steinbruch in Ammerud gefunden worden. Die Ausweise und Kreditkarten, mit denen sie den Lexus gemietet hatten, waren gefälscht gewesen.
    Wie so oft konnte ich nicht schlafen.
    Ich lag da und dachte an Papa. Ich denke viel an ihn, wenn ich nicht schlafen kann, stelle mir vor, was aus ihm geworden wäre, wenn die Eifersucht ihm nicht den Verstand geraubt und mich nicht vaterlos gemacht hätte. Was ging ihm durch den Kopf, als er abstürzte? An was denkt man, wenn man weiß, dass man stirbt? Ich fragte mich, ob ich ein anderer Mensch geworden wäre, wenn Papa nicht gestorben wäre. Vielleicht. Vermutlich. Aber eigentlich spielt das keine Rolle. Nicht einmal für mich.

XVII : Satan
    ROM
10. JUNI 2009
    1
    »Satan lebt!«
    Ein leise flackerndes Licht entbrannte in Professor Aldo Lombardis nussbraunen Augen; das verhexte Licht, das man aus den Blicken der Besessenen, der unermüdlichen Lehrmeister der Akademien und Universitäten kannte.
    Ich rutschte unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Monique räusperte sich.
    »Glaubt man an Gott«, fuhr er fort, »ist Satan eine unumgängliche Konsequenz. Die Harmonie unseres Seins ist abhängig von der Balance, dem Vorhandensein gleich starker Kräfte. Die ersten Bausteine des Universums waren Materie und Antimaterie. Licht und Dunkel. Wärme und Kälte. So gesehen stellen Gott und Satan zwei notwendige Gegenpole dar. Gut versus Böse. Das theologische Paradoxon aber ist, dass Gott – ja, wer sonst? – Satan erschaffen hat.« Er lachte fast tonlos. »Meine Freunde, ich sehe, dass ich Ihnen Angst einjage. Entspannen Sie sich, bleiben Sie ruhig, ich bin einfach immer nur mit Herz und Seele dabei!«
    Sein Büro war hell und beseelt, als hätte es über viele Jahre die tiefschürfenden Gedanken seiner zahlreichen Besitzer absorbiert und diese nie wieder losgelassen. Auf einem Archivschrank gurgelte eine Kaffeemaschine. Der Schreibtisch bog sich unter Stapeln von Manuskripten. Abhandlungen türmten sich schief übereinander, Lehrbücher lehnten schräg an der Wand. Wo auch immer auf der Welt man sich befindet – die Büros der Wissenschaftler gleichen sich wie ein Ei dem anderen. Die Kaffeemaschine gab ein lang gezogenes Fauchen von sich, als wollte sie sich in die Hände des Herrn überantworten. Aldo Lombardi nahm die Kanne und schenkte mir und sich in weißen Plastikbechern ein, dann stellte er die Kanne wieder auf die Wärmeplatte. Monique wollte nichts.
    »Es freut mich, dass Sie den Weg zu mir gefunden haben. Sie beide. Ich weiß, ich habe Sie schrecklich unter Druck gesetzt, Bjørn. Aber es ist wichtig. Das werden Sie verstehen. Sehr wichtig.« Er wandte sich an Monique. Sein Blick wurde sanft. »Monique …« Er nahm ihre Hände in die seinen, als wäre er ein um seine Schäfchen besorgter Pfarrer, und wiederholte ihren Namen tonlos wie für sich selbst. Dann ließ er ihre Hände los und sagte plötzlich: »Jetzt schießen Sie schon los! Wie geht es Dirk?«
    Sie nickte, und der Ausdruck ihres Gesichts schien sagen zu wollen Danke gut , was eine ausgewachsene Lüge war. In diesem Moment wurde mir bewusst, dass weder sie noch Dirk wollten, dass jemand über den Ernst seiner Krankheit Bescheid wusste.
    »Gut, gut.« Als er

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