Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
Vom Netzwerk:
suchte nach Worten, »… das Seltsame ist, dass Vieles von dem, was jetzt passiert, an die Geschehnisse von damals erinnert. Wieder taucht dieses Manuskript wie aus dem Nichts auf. Die gleiche Sekte … die Morde …«
    »Sekte? Wollen Sie damit sagen, dass Sie wissen, wer hinter den Morden steht?«
    »Nicht wer. Ich weiß allerdings etwas über die Sekte, die damit zu tun hat. Aber wir gehen zu schnell vor. Ich werde auf all das noch zu sprechen kommen.«
    »Warten Sie! Wollen Sie damit sagen, dass die Sekte, die in die Morde an Giovanni Nobile und seiner Tochter im Jahre 1970 verwickelt war, dieselbe ist, die auch heute Jagd auf das Manuskript macht?«
    »Alles andere ist unwahrscheinlich.«
    »Vierzig Jahre später?«
    »Bjørn, das Manuskript ist mehr als viertausend Jahre alt. Vierzig Jahre sind da nichts.«
    »Was ist 1970 mit dem Manuskript passiert?«
    »Es ist mit Giovanni Nobile verschwunden.«
    »Aber das kann unmöglich das Manuskript sein, das in den Klauen der Mumie in Kiew gefunden wurde!«
    »Eine andere Version? Eine Abschrift? Ein anderer Teil? Das wissen wir erst, wenn wir gesehen haben, was Sie gefunden haben. Haben Sie das Manuskript dabei?«
    »Natürlich nicht.«
    »Oder eine Kopie?«
    »Leider nein.«
    Er sah mich abwartend an. Der Anflug eines Lächelns umspielte seine Lippen, als zweifelte er an meinen Worten.
    »Bjørn Beltø, glauben Sie an Gott?«
    »Nein.«
    »Und was ist mit Ihnen, Monique?«
    Sie nickte. Dann schrieb sie: »Ich glaube nicht. Ich weiß.« Sie unterstrich das Wort »weiß«. »Es gibt Gott und seine Engel. Und auch Satan und seine Dämonen gibt es. So ist es.«
    »Kommen Sie, meine Freunde«, sagte Aldo Lombardi. Er stand auf und stopfte einen Stapel Papiere in eine speckige Ledermappe. »So!« Er zog sich einen grauen Mantel an und setzte einen eleganten Borsalino-Hut auf, der an einem Haken zwischen der Zimmerecke und dem Bücherregal hing. »Dieses Büro ist viel zu eng und warm.«
    2
    »Die meisten Menschen – Christen oder nicht – haben ein verzerrtes Bild von Satan«, sagte Aldo Lombardi und legte seinen Hut auf den Schoß.
    Wir saßen auf einer Bank in einem stilleren Teil des Vatikans mit Blick auf die Kuppel des Petersdoms, Aldo Lombardi mit seiner Ledertasche links, Monique in der Mitte, ich rechts. Aus den von kleinen Vögeln belagerten Bäumen zwitscherte es lautstark. Die Laubkronen warfen kühle Schatten. Touristen spazierten gemächlich an uns vorbei; einige mit entrücktem Blick, andere in Kontemplation versunken, als wären sie endlich am Ziel ihrer inneren Pilgerreise angekommen.
    »Satans Funktion in der Bibel ist es nicht, uns zu strafen oder Angst zu machen«, fuhr er fort. »Das kam erst später auf, im Mittelalter, als die Kirche aus dem gefallenen Engel mit den gebrochenen Flügeln und dem verblassten Glorienschein ein tierisches Ungeheuer mit Hörnern und einem buschigen Schwanz machte. Bis dahin war Satan immer Gottes Instrument gewesen. Ehe die Kirchenväter und Priester Satan zum Fürsten des Bösen machten, hatte er eine klar definierte, von Gott gegebene Funktion: Er sollte die Menschen prüfen und ihren Glauben auf die Probe stellen. Nur diejenigen, die die Kraft Jesu Christi in ihren Herzen tragen, sind in der Lage, den verführerischen Versprechungen des gefallenen Engels zu widerstehen.«
    »Und wir bodenständigen Sterblichen tun unser Bestes«, sagte ich in einem Ton, der Aldo Lombardi signalisieren sollte, dass er bedrohlich nah an einer Erweckungspredigt vorbeischrappte. Vertane Liebesmüh. Monique war bereits erlöst, und ich war ein hoffnungsloser Fall.
    »Satan ist ebenso Teil von Gott wie der Rest der Schöpfung. Sehen Sie sich um! Genau genommen befinden wir uns in diesem Moment weder in Italien noch in Rom, wir sind im Vatikan. Und im gleichen Maße, wie der Vatikanstaat unabhängig von und zugleich integrativer Bestandteil der Gesellschaft auf der anderen Seite der Mauer ist, ist Satan ohne Gott undenkbar. Wenn die Enge meines Büros meine Gedanken verdunkelt und mir das Arbeiten unmöglich macht, komme ich hierher. Hier, in der Gegenwart des Herrn, bekommen meine Gedanken Sauerstoff. Satan …«, sagte er nachdenklich, »ist in meinen Augen eine der faszinierendsten Gestalten der Theologie.«
    »Einst ein Engel«, schrieb Monique.
    »Nicht nur ein Engel, ein Erzengel sogar … der aus dem Himmel verstoßen wurde! Hiob spricht von ihm als einem Sohn Gottes, Mitglied des göttlichen Gerichts.«
    »Höllenfürst«, schrieb

Weitere Kostenlose Bücher