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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Hauptpulsader?«
    »Aufgerissen und durchtrennt.«
    Ein Massaker, ein Blutbad.
    Ich dachte: Ist wirklich so viel Blut in einem menschlichen Körper? Fünf Liter … Dass fünf Liter Blut so eine Schweinerei anrichten können!
    Alle, die sich vor Blut ekeln, denken an die Farbe, die Konsistenz und das Wissen, dass Blut in den Körper gehört und außerhalb davon nichts zu suchen hat. Die wenigsten denken an den Geruch. Den strengen, metallischen Gestank. Ich bin extrem geruchsempfindlich und hatte das Blut bereits gerochen, bevor die Tür zum Zellengang geöffnet worden war. Die ganze Zeit über versuchte ich, durch den Mund zu atmen.
    Neun der Leichen lagen auf ihren Pritschen. Sie sahen aus, als ob sie schliefen. Einige hatten die Arme vor der Brust verschränkt. Einer von ihnen lag mit weit geöffnetem Mund da, wie in einem lautlosen Schrei erstarrt. Ein anderer blickte leer vor sich in die Luft. Sie waren noch immer alle angekettet. Ihre Gefangenenkleider hatten sie zerrissen und in eine Ecke geworfen.
    2
    »Alle Türen waren vorschriftsmäßig verschlossen, als die Toten heute Morgen bei der Essensausgabe um halb acht gefunden wurden«, versicherte der Wachhabende.
    Wir waren in den Aufsichtsraum am Ende des Zellenganges gegangen. Selbst hier stank es noch nach Blut.
    »Können Sie sich gegenseitig getötet haben?«, fragte ich.
    »Die Türen waren von außen verschlossen. Mit zwei Schlüsseln.«
    »Und wenn es einem von ihnen gelungen ist, sich die Schlüssel zu beschaffen?«
    »Unmöglich!«
    »Und wenn doch?«
    »Es gibt in den Zellen keine Waffen, keine Messer, nicht einmal eine Rasierklinge.«
    »Wie stark war die Wache heute Nacht?«
    »Drei Sechsergruppen. Achtzehn bewaffnete Männer. Zwei auf dem Zellengang. Vier im Wachraum. Sechs im Hinterhof und sechs weitere draußen auf der Straße.«
    »Ist es denkbar, dass sich jemand an all diesen Wachen vorbeischleichen, in die Zellen eindringen, die Mönche töten und dann die Türen von außen wieder verschließen konnte, bevor er verschwunden ist?«
    »Nein.«
    »Das heißt dann aber doch, dass die Wachen damit zu tun haben müssen.«
    »Niemals! Das sind handverlesene Leute, loyal und absolut glaubwürdig.«
    »Berufssoldaten?«
    »Die besten.«
    »Jeder Söldner ist bestechlich …«
    »Meine Männer nicht!«
    »… wenn der Preis nur hoch genug ist.«
    »Diese Beleidigung habe ich nicht gehört.«
    »Sind sie verhört worden?«
    »Natürlich. Alle, die heute Nacht Wache hatten, sind noch auf ihren Posten. Hätten sie etwas mit den Morden zu tun, wären sie längst verschwunden.«
    »Außer sie sind geblieben, um den Verdacht von sich abzulenken.«
    »Sie sind wirklich übertrieben misstrauisch, Beltø.«
    »Wann sind die Männer gestorben?«
    »Nach der vorläufigen Aussage des Arztes starben alle zwischen fünf und halb sechs heute Morgen.«
    »Bei Sonnenaufgang«, sagte CC . »Zu diesem Zeitpunkt richten die Drăculsângeer auch ihre Opfer hin. Wenn der Morgen dämmert, bei Sonnenaufgang, dem Übergang von der Nacht zum Tag.«
    3
    In dem Gewimmel von Wachen, Ärzten und Polizeiermittlern gab es eine Person, die mir auffiel. Ein dicker Mann mit schütteren Haaren, weißem Hemd und einem blauen Schlips mit Monogramm. Trotz seiner Körperfülle, der dünnen Haare und der Schweißringe unter den Achseln erinnerte er an einen kleinen, schelmischen Jungen, der gerade erst wieder sein Baumhaus erklommen hatte, um den nächsten Streich in der Nachbarschaft auszuhecken.
    »Mark!«, rief CC .
    Mark war kurzatmig und bewegte sich ruckartig, er sah aus wie eine Figur auf einem Schmalfilm, der sich im Projektor verhakt hatte. Als er sich umdrehte und CC durch die fettigen Gläser seiner Brille entdeckte, ging ein Strahlen über sein rundliches, joviales Gesicht. Das Massaker schien ihm nicht sonderlich nahezugehen.
    »Das ist Bjørn«, sagte CC . »Bjørn Beltø.«
    »Ah, der Archäologe! Der Mann mit dem Manuskript!« Mark erwiderte meinen Blick mit einem überschäumenden Lächeln und schüttelte meine Hand. »Marcus Vanderleyden III. Die meisten nennen mich Mark. Mir soll es recht sein. Mein Großvater wurde nach Marcus Aurelius benannt. Nur damit das geklärt ist. Sie wissen schon, Kaiser Marcus Aurelius Antoninus Augustus!« Er proklamierte den Namen so laut und deutlich, dass er die müden Blicke einiger Wachen auf sich zog. »Das mit dem III. dürfen Sie nicht mir anlasten. Mein Vater war ein Snob. Der einzige Grund, weshalb ich nach meinem Großvater und Vater

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