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Das Luzifer Evangelium

Das Luzifer Evangelium

Titel: Das Luzifer Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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Meine Augen sind nicht die besten. Der Sternenhimmel stellt sich mir in etwa so dar wie Nebel.
    Was wissen Sie, Carl Collins? Und welche Erkenntnisse wollen Sie nicht mit mir teilen?
    CC leerte sein Weinglas. »Gute Nacht, Bjørn. Denken Sie über unser Gespräch nach. Okay? Nicht nur meinetwegen. Auch Ihretwegen. Es ist wichtig, Menschen zu vertrauen.«

ROM, MAI 1970

    Erst nachts, nach ein Uhr, kam Luciana wieder nach Hause und warf Giovanni einen fragenden Blick zu – irgendwelche Neuigkeiten ? Er schüttelte den Kopf. Luciana hängte ihren Mantel auf und kam ins Wohnzimmer. Sie sah aus, als hätte sie frisch geduscht. Doch noch durch den Duft von Shampoo, Seife und Parfüm ahnte er den Geruch von Rasierwasser und Zigaretten. Oder bildete er sich das alles nur ein? Vielleicht hatte sie ja geduscht, bevor sie aufgebrochen war, und unterwegs nur jemanden umarmt. Zum Beispiel Enrico. Warum sollte sie ihren Chef nicht einmal umarmen? Er sah ein, dass er ungerecht war und irrational dachte. Aber das Misstrauen war da. Jeder Mann einer schönen, jungen Frau hat wohl mitunter mit solchen Anflügen von Eifersucht zu kämpfen.
    »Wo bist du gewesen?«
    »Draußen.«
    »Draußen …«
    »Ich habe es in der Wohnung nicht mehr ausgehalten.«
    »Die hätten wieder anrufen können.«
    »Ich konnte einfach nicht mehr, Giovanni.«
    »Hm, das verstehe ich.«
    »Ich konnte nicht hier sitzen und nur darauf warten, dass dieses verdammte Telefon klingelt.«
    Aber ich muss es können, dachte er.
    »Seltsam, dich fluchen zu hören, Luciana.«
    »Findest du? Findest du wirklich?«
    »Entschuldige, ist nicht so gemeint.«
    »Jemand hat mir meine Tochter weggenommen! Giovanni! Verdammt! Wirst du denn nie wütend? Verdammt noch mal! Scheiße, scheiße, scheiße!« Sie begann zu weinen. »Entschuldige, ich …«
    Er versuchte, sie zu trösten, und sie beruhigte sich etwas.
    »Wo bist du … gewesen?« Er versuchte, natürlich zu klingen, alltäglich.
    »Ich war … im Büro.«
    Die Pause war nicht länger als eine Zehntelsekunde gewesen, trotzdem hatte er sie wahrgenommen.
    Im Büro …
    »Drei Stunden?«
    Sie begegnete seinem Blick; nicht jetzt, flehten ihre Augen, nicht jetzt, bitte.
    »Du hast ihnen doch nichts von Silvana gesagt?«
    »Natürlich nicht.«
    »Wie läuft es mit Enrico?«
    Wieder dieser Blick.
    »Er … alles in Ordnung. Warum fragst du?«
    »Ich interessiere mich für alles, was dich angeht, weißt du.«
    Sie sah ihn an, sichtlich verunsichert über die Zweideutigkeit seines Satzes.
    »Ich tauge nicht als Mann, oder?« Er hob ihr Kinn mit dem Zeigefinger an und sah ihr direkt in die Augen, als könne sein Blick all das erklären, was in seinem Inneren rumorte. »Sag es, wie es ist, Luciana. Du findest, dass ich mich nicht wie ein richtiger Mann verhalte.«
    »Giovanni, du machst mir Angst.«
    »Ich bin nicht viel wert.«
    »Warum sagst du so etwas?«
    »Du findest, dass ich anders mit der Situation hätte umgehen sollen, nicht wahr?«
    »Das stimmt nicht.«
    Der Anflug von Wut und Selbstmitleid war schon wieder vorbei. Er ging in die Küche und trank ein Glas Wasser.
    »Hast du das Manuskript bekommen?«, fragte sie, als er ins Wohnzimmer zurückkam.
    »Nein.«
    Er erzählte ihr, was geschehen war, und Luciana begann wieder zu weinen.

VII : Blutgebet
    ROM
14. JUNI 2009
    1
    Wie die weißen, verkrüppelten Wachsfinger in einer Geisterbahn badeten die nackten Mönche in Blut und Sonnenlicht.
    Der Tod kommt immer überraschend. Zwei Scheinwerfer auf der Autobahn. Eine eisige Kralle, die sich um das Herz legt. Eine platzende Ader, die Klinge eines Messers, eine Flamme, eine Geschwulst. Sogar den unheilbar Kranken, der Wochen und Monate darauf gewartet hat, erlöst zu werden, und der seine Lieben um sich versammelt hat – flüsternd, wartend –, trifft der Tod plötzlich. Jetzt? Jetzt schon? So ist es.
    Aber das hier …? »Mein Gott«, stöhnte CC .
    Überall war Blut. Auf dem Boden. An den Wänden. Sogar an der Decke. Die Morgensonne flutete durch die länglichen Zellenfenster hoch oben an der Wand und spielte mit den Reflexen des Blutes, das in dunkelroten Mustern angetrocknet war.
    Ich musste mich abwenden. Nach Atem ringend stützte ich mich mit beiden Händen an die Wand, kniff die Augen zu und konzentrierte mich darauf, meinen Brechreiz zu unterdrücken. War das wirklich geschehen?
    Die Stimme von CC : »Was um alles in der Welt ist hier passiert?«
    Die Stimme des Wachhabenden: »Wir verstehen es auch nicht!«
    »Die

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