Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
dann auch prompt umkippte. Klausdieter schüttelte seine gar nicht dackelähnlichen Fledermausohren und suchte nach einer Möglichkeit, sich erst einmal aus dem Verkehr zu ziehen. Die Blumenschale im Vordergarten ging ja auch schon auf sein Konto. Oder wenigstens zur Hälfte, denn das andere Ende der Leine hatte ja Tobias in der Hand gehabt, und der konnte von einem kleinen neugierigen Hund nun wirklich nicht verlangen, bei Fuß zu gehen, wenn gleich daneben auf dem Rasen große Büsche standen, unter denen es so verlockend roch. Auf der Suche nach einem Unterschlupf erinnerte er sich an das Zimmer, das er schon kurz durchquert hatte. Da gab es hochbeinige Schränke, unter denen er sich verstecken konnte. Irgendetwas hatte ihm dort zwar nicht gefallen, aber er hatte vergessen, was es war. Vorsichtshalber schob er sich zur Tür hinein, und dann sah er auch schon den Stein des Anstoßes. Einen Menschen, den er nicht kannte, dessen Beine aber in Jeans steckten, und so etwas konnte er in seiner unmittelbaren Umgebung nicht vertragen. Beim Gassigehen begegneten ihm zwar dauernd solche Hosenbeine, doch sie gingen ihn nichts an, deshalb ließ er sie auch in Ruhe, aber hier ins Haus gehörten sie ganz und gar nicht. Bevor Rüdiger wusste, wie ihm geschah, hing ein wütend knurrender Hund an seiner Hose.
»Mistvieh, elendes!« Er packte das Tier am Halsband und zwang es, seine Beute freizugeben, aber kaum hatte er wieder losgelassen, als Klausdieter den nächsten Angriff startete. Fluchend stieg Rüdiger auf den nächstbesten Stuhl. »Kann einer mal diesen tollwütigen Zimmertiger zur Räson bringen? Das Vieh ist ja gemeingefährlich.«
Als Einziger reagierte Florian auf den Hilferuf. Die anderen waren mit dem Ausladen des Gepäcks beschäftigt, beziehungsweise mit der Besichtigung der Gästezimmer, denn Frau Antonie war von der anstrengenden Fahrt etwas erschöpft und wollte Ruhe sowie ein Tässchen Malventee. Sie hatte ihn vorsichtshalber mitgebracht, denn unbegreiflicherweise hatten die jeweiligen Gastgeber nie welchen im Haus.
Florian pfiff seinen Hund zurück, der erwartungsgemäß darauf nicht reagierte, schnappte ihn endlich und sperrte ihn in die Toilette.
»Der ist auch völlig mit den Nerven fertig, genau wie ich.«
»Was soll ich denn erst sagen?« Mit einem Satz sprang Rüdiger vom Stuhl. »Da gehe ich ganz harmlos zur Tür, und plötzlich fällt mich dieser Köter an. Hat der ’ne Macke?«
»Nicht direkt, er ist bloß allergisch gegen Jeans. Es ist wohl besser, du ziehst dir in den nächsten Tagen was anderes an. Vielleicht gewöhnt er sich mit der Zeit daran.«
Rüdiger tippte sich mit dem Finger an die Stirn. »Die Töle muss erblich belastet sein, du hast ja auch schon ’ne Meise. Ich werde mich doch eines Hundes wegen nicht umziehen.«
»Dein Bier!«, sagte Florian lakonisch. »Jedenfalls habe ich dich gewarnt.«
Im Flur stapelten sich inzwischen Koffer, Taschen, Spielzeug, Hundekorb, ein Feuerlöscher, den Tobias versehentlich mit ausgeräumt und auf Frau Antonies Frühjahrshut gelegt hatte. Bücher, fünf Großpackungen Hundefutter und zig andere Dinge, die Florian zu Hause als entbehrlich zur Seite geräumt und Tinchen als unbedingt notwendig wieder eingepackt hatte. Lediglich der Waschkorb mit Eingemachtem stammte von Frau Antonie. »Ich hab’ doch noch die ganzen Gläser von vor zwei Jahren«, hatte sie gesagt, »nimm das mal mit für die Kinder.« Da Marthchen eine ähnliche Vorratswirtschaft betrieb und keine Gelegenheit verpasste, Einmachobst gleich körbeweise einzukaufen, würden Antonies Liebesgaben nur ein weiteres Regal im Keller füllen und dort genauso verstauben wie in ihrem eigenen.
Rüdiger versuchte, Ordnung in dieses Durcheinander zu bringen, griff die zwei nächstbesten Koffer und schleppte sie die Treppe hinauf. Auf halber Höhe kam ihm Karsten entgegen.
»Wohin willst du denn mit dieser Badewanne? Sag bloß, ihr habt auch noch ein Krokodil mitgebracht?«
Vorsichtig schob sich Karsten vorbei, das leere Aquarium wie eine Reliquie vor sich hertragend. Unter den Arm hatte er ein altes Fliegenfenster geklemmt. »Ich hab’ so schnell nichts anderes gefunden, und wenn ich Herrn Schmitt nicht gleich befreie, frisst er auch noch meinen Tennisschläger. Den habe ich nämlich im Wagen vergessen.« Weg war er.
Rüdiger stapfte weiter aufwärts. Sein Optimismus war verflogen. Er hatte sich so auf die Zeit mit Florian und Tinchen gefreut, den beiden Kumpels, die endlich mal Leben in
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