Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
Vom Netzwerk:
bei ihm gewesen bin, hat er uns in das Schlosshotel Kronberg geführt. Sehr kultiviert und ein wirklich erstklassiges Publikum. Etwas Derartiges hatte ich heute ohnehin nicht erwartet, dazu erscheint mir unsere Gesellschaft denn doch zu sehr gemischt« – ein Blick streifte Urbans Jeans und das Schwarzseidene von Martha –, »aber ein bisschen mehr Niveau hatte ich erwartet.«
    »Ich habe Hunger!«, plärrte Julia.
    »Ich auch! Und ich kenne eine Gaststätte, in der wir garantiert auch jetzt noch etwas Warmes gekommen. Los, steigt ein, in einer Viertelstunde sind wir da!« Tinchen scheuchte die Kinder in den Cherry, lud Melanie zum Mitkommen ein, klemmte sich hinters Steuer und brauste los. Sollten die anderen doch machen, was sie wollten, die größenwahnsinnige Tante entweder nach Hause oder in diesen gepriesenen Fresstempel bringen, sie jedenfalls würde jetzt dafür sorgen, dass ihre eigenen Ableger endlich etwas Anständiges in den Magen bekämen.
    Wenig später war sie auf der Autobahn, und nach kurzer Zeit brachte sie den Wagen vor einer Raststätte zum Stehen. »Endstation!«
    »Da hast du Recht«, sagte Melanie lachend, »das ist nun wirklich das Allerletzte!« Sie nahm die halb schlafende Julia auf den Arm und marschierte zum Eingang. Neben ihr kurvte die Ente ein, dahinter folgte der Daimler.
    »Tinchen, das war eine großartige Idee!«, lobte Clemens. »Ostermenü auf der Autobahn hab’ ich mir schon immer gewünscht.« Er steuerte den einzigen noch freien Tisch an, schob die leeren Kaffeetassen zur Seite, stellte den vollen Aschenbecher dazu und setzte sich.
    »Hier ist es fast so gemütlich wie in der Mensa.«
    Eine Kellnerin brachte die Speisekarten.
    »Preise haben die wie im alten Rom«, stellte Rüdiger fest. Sein Bruder widersprach. »Da war’s billiger, die hatten noch keine Mehrwertsteuer.« Er entschied sich für Rahmschnitzel mit div. Beil., eine Wahl, der sich auch die anderen anschlossen. Nur Florian bestellte lediglich zwei Spiegeleier mit Brot.
    »Warum denn so spartanisch?«, wunderte sich Tinchen. »Und wieso überhaupt Spiegeleier? Die isst du doch sonst nie. Weshalb nimmst du nicht Rühreier?«
    »Bei dem Preis will ich sie wenigstens zählen können!«

    Auf der Rückfahrt sah er das Schloss wieder nur von weitem, denn zu kulturhistorischen Betrachtungen hatte niemand mehr Lust – am allerwenigsten Tante Klärchen. Zu Hause sank sie ermattet in den roten Plüschsessel, bat um ein gegrilltes Steak, denn außer zwei Whisky-Soda hatte sie in diesem »fürchterlichen Lokal« nichts herunterbringen können, und erklärte, sich unmittelbar nach dem Essen zurückziehen zu wollen. Unter einem Ostersonntag inmitten ihrer Lieben habe sie sich etwas anderes vorgestellt.
    »Ich auch, Tante Klärchen, ich auch!«, sagte Florian, setzte seine bewährte Armsündermiene auf und bat in bewegenden Worten um Entschuldigung für alles, was der armen Tante heute zugemutet worden war. Endlich geruhte sie zu verzeihen, hauptsächlich deshalb, weil der Versöhnungsschluck aus gutem altem schottischen Whisky bestand. Und die Aussicht, morgen Abend Rüdigers Konzert besuchen zu können, stimmte sie noch versöhnlicher. Sie hatte gar nicht gewusst, dass der Junge bereits öffentlich auftrat. Seine Mutter hatte sich immer sehr geringschätzig über die musikalischen Ambitionen ihres Jüngsten geäußert, aber da fehlte ihr wohl das nötige Verständnis. Wie gut, dass wenigstens Florian das Talent seines Neffen erkannt hatte und allem Anschein nach sogar förderte.
    »Wo findet das Konzert statt? Werde ich Abendgarderobe brauchen?«
    »Nein, Tante Klärchen, das kleine Schwarze genügt.«
    Hinter der halb geöffneten Tür stand Rüdiger und feixte sich eins. Er hätte nie geglaubt, dass sein Onkel so hinterhältig sein könnte.

    Als Tante Klärchen am nächsten Abend in einem dreiviertellangen Kleid aus weinrotem Seidenjersey die Treppe herunterkam, hatte Florian doch ein schlechtes Gewissen, aber dann beruhigte er sich selber. Sie würde garantiert Aufsehen erregen – nur eben etwas anders, als sie sich vermutlich vorstellte.
    »Sind wir nicht so schon sehr spät dran? Es ist gleich acht.«
    »Ach wo, das geht erst ab neun richtig los – äh, ich meine, Rüdigers Auftritt kommt später.« Jetzt hätte er sich doch beinahe verhaspelt. Er legte Tante Klärchen das Nerzcape über die Schultern, bot ihr den Arm und führte sie zum Wagen. »Clemens und Melanie sind schon vorgefahren, halten Plätze frei.

Weitere Kostenlose Bücher