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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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gab, und als Florian ihr versteinertes Gesicht sah, schwante ihm, dass es wohl auch die letzten sein würden.
    »Hi, Flox, hier sind wir!« Schräg gegenüber der künftigen Lärmquelle winkte Clemens mit beiden Armen. Florian ergriff Tante Klärchens Hand und zog sie hinter sich her.
    »Wird auch Zeit, dass ihr endlich kommt! Wegen der freien Plätze wäre beinahe schon eine Saalschlacht entbrannt.« Er räumte die mit Jacken voll gepackten Boulevardstühlchen leer und forderte Tante Klärchen zum Sitzen auf. Die blieb stehen. »Möchtest du mich nicht zuerst mit deiner Begleitung bekannt machen?«
    »Wie? Ach so, ja natürlich.«
    Um den kleinen Tisch herum hockten außer Melanie noch drei Personen, deren Habitus in Tante Klärchen berechtigte Zweifel weckte, ob man sie nicht eventuell dem horizontalen Gewerbe zuordnen müsste.
    »Das da ist Axel, ein Freund von Rüdiger, neben ihm sitzt Wolle, und die mit den Wasserhähnen im Ohr ist Petra, Melanies Freundin. Und das hier ist Tante Klär … äh, Claire, unser Besuch aus Übersee.«
    »Hi!«, sagte Wolle und schob sein Glas über den Tisch. »Wollen Sie mal trinken? Bei dem Betrieb hier kann es eine Weile dauern, bis Sie was Eigenes kriegen.«
    »Was is’n das?« Florian schnupperte an der bunt schillernden Flüssigkeit.
    »Grüne Witwe. Ist ganz harmlos. Orangensaft mit Curaçao.«
    »Witwen sind nie harmlos. Gibt’s auch was weniger Gefährliches?«
    »Klar! Korea zum Beispiel, Diesel oder Dopsi.«
    »Aha«, sagte Florian und bestellte Bier für sich sowie einen doppelten Whisky-Soda für Tante Klärchen. Falls überhaupt, dann konnte man sie nur mit ihrer Lieblingsnahrung auftauen.
    »Ist das nicht ein klasse Schuppen, Tante Klärchen?« Melanie rückte ihren Stuhl dicht neben den der Tante und hakte sie freundlich unter. »Warte mal, bis die Band loslegt, dann zieht’s dir glatt die Hosen runter!«
    Wie aufs Stichwort setzte ein Höllenlärm ein. Die fünf Gestalten auf dem Podium tuteten und klampften, was das Zeug hielt, und veranstalteten dabei einen Krach, von dem Florian bereits nach ein paar Minuten Ohrenschmerzen bekam. Der Boden vibrierte, der Geräuschpegel stieg, und nur mit Mühe konnte er den Impuls unterdrücken, der ihn zu sofortiger Flucht trieb. Jetzt musste er durchhalten!
    Die ersten Teenies stürmten auf die Tanzfläche, und ehe er sich versah, hatte Petra ihn an der Hand gepackt und in das Gedränge gezogen.
    »Mal sehen, was Sie draufhaben!«
    Er kam sich wie eine Marionette vor, die von fremder Hand bewegt wird. Mal hatte er einen fremden Ellenbogen im Kreuz, mal stand er auf einem fremden Fuß, und als er sich mit Petras Hilfe einmal um seine eigene Achse gedreht hatte, sah er plötzlich in ein nickelbebrilltes Gesicht mit strähnigen Haaren. »Verzeihung«, murmelte er, drehte sich noch mal und landete in den Armen eines lederknirschenden Muskelpakets. »Na, Opa, biste schwul?«
    Da hatte er genug! Rücksichtslos bahnte er sich einen Weg durch die herumhüpfende Menge und wankte angeschlagen zum Tisch zurück. Zum Hinsetzen kam er nicht. Melanie zerrte ihn wieder auf die Tanzfläche.
    »Pause machen darfst du nicht, sonst kommst du nachher nicht mehr hoch. Bei älteren Leuten haben wir das schon öfter erlebt.«
    Das hatte gesessen! Florian gab sich einen Ruck, passte sich dem stapfendem Rhythmus der Musik an und versuchte, die geschmeidigen Bewegungen seiner Partnerin nachzuahmen. »Ist ja gar nicht so schwer«, keuchte er und probierte mutig einen Doppelschritt rückwärts.
    »Au! Pass doch auf, du Elefant!«
    »’tschuldigung.« Vorsichtshalber ging er wieder mit Melanie auf Tuchfühlung.
    »Deine Tanzstundenschritte kannste dir hier abschminken«, brüllte sie, während sie ihn vorsichtig in die Nähe der Band dirigierte.
    »Spielt Rüdiger nicht fabelhaft?«
    »Ja, fabelhaft laut.«
    Mit einem Schlagzeugsolo beendete das Quintett seine Darbietung. Die plötzliche Stille war beinahe schmerzhaft spürbar, wurde aber sofort durch ein wildes Kreischen abgelöst, als Rüdiger ans Mikrofon trat und mit verheißungsvoller Stimme rief: »Und jetzt kommt Mickiiiiii!«
    Ein schmächtiges Bürschchen mit Irokesenhaarschnitt und gelber Latzhose sprang auf das Podium und röhrte los. Viel von dem Text konnte Florian nicht verstehen, er ging zum größten Teil in den Beifallsrufen unter, aber es schien sich um eine Art Aufruf »Zurück zur Natur« zu handeln.
    »Das liebe ich so an den Folksängern«, sagte er, »wenn sie mit einer

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