Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
im Schlafanzug rumrennst.«
Sie sah ihren Bruder finster an. »Wer immer bloß in Unterhosen pennt, kann einen Schlafanzug natürlich nicht von einem Sportdress unterscheiden.«
»Lieber jeden Tag ’ne frische Hose als zwei Wochen lang denselben Schlafan …«
»Könnt ihr nicht mal das Thema wechseln?«, sagte Tinchen ruhig.
»Ich schlage vor, Melanie und ich räumen jetzt den Tisch ab. Urban repariert endlich den Aufzug, und die anderen machen oben ein bisschen Ordnung. Wir können Marthchen unmöglich mit diesem Schlachtfeld allein lassen. Um zwölf fahren wir los.«
Trotz Marthas Protest hatte Florian angeordnet, dass auch sie einen Feiertag verdient habe und man deshalb auswärts essen werde.
»Und was wird aus meinem schönen Lammbraten?«, hatte sie gejammert.
»Der schmeckt morgen genauso gut. Sogar noch besser, weil es kein Drei-Sterne-Koch mit deiner Sahnesoße aufnehmen kann.«
Etwas getröstet, aber immer noch brummend über »das viele Geld, das da einfach zum Fenster rausgeworfen« wird, hatte sie schließlich eingewilligt und sogar das Schwarzseidene zum Lüften gehängt, das sie sich zur Hochzeit ihrer Nichte gekauft und dann immer nur zu Weihnachten getragen hatte.
Lediglich Tante Klärchen weigerte sich mitzufahren. »Mittags esse ich nie«, sagte sie, »da nehme ich nur einen Kaffee zu mir.« Florian versicherte ihr, dass sie den auch im Restaurant bekäme, darüber hinaus gebe es keine Regel ohne Ausnahme, und eine anständige Mahlzeit werde ihr bestimmt nicht schaden, sie sähe ja schon beinahe unterernährt aus. Wozu weibliche Unvernunft imstande sei, habe sich schon an der Idee erwiesen, sich von einer sprechenden Schlange Diättipps geben zu lassen.
Tante Klärchen lächelte müde. »Du wirst mich von meinen Essgewohnheiten nicht abbringen, lieber Florian. Ich werde mich in der Zwischenzeit etwas hinlegen, denn mir macht die Zeitverschiebung noch zu schaffen. Zum Tee dürft ihr mich selbstverständlich wecken.«
»Kommt überhaupt nicht in Frage! Nach dem Essen wollen wir noch ein bisschen durch die Gegend bummeln, irgendwo schön Kaffee trinken und erst zum Abendbrot zu Hause sein. Wenn das Wetter mitmacht, könnten wir mal zum Schloss rauffahren. Was hältst du davon?«
Sie hielt gar nichts davon. »Jeder kulturell gebildete Mitteleuropäer kennt das Heidelberger Schloss. Ich natürlich auch.«
»Dann hast du jetzt die beste Gelegenheit, eine meiner zahlreichen Bildungslücken zu schließen. Ich hab’ das Schloss bis jetzt nur von weitem gesehen. Außerdem würden von deiner fachkundigen Führung wir alle profitieren. Wer kann schon mit einer ehemaligen Geschichtslehrerin als Cicerone aufwarten?«
Das zog! Bisher war es Tante Klärchen nämlich noch nicht gelungen, sich bei ihren Gastgebern in irgendeiner Weise zu profilieren, aber jetzt sah sie sogar eine Möglichkeit, den Kindern zu imponieren. Unerhört, mit welcher Arroganz diese Halbwüchsigen sie behandelten! Hatten sie es doch tatsächlich gewagt, sich über die mitgebrachten Kleidungsstücke zu mokieren. Dabei waren die Sachen doch noch tadellos in Ordnung, manche hatte sie nur drei- oder viermal getragen. Nun ja, die Pullover hätte sie vielleicht doch erst in die Reinigung bringen sollen, aber das wäre nur eine zusätzliche Ausgabe gewesen, und hier im Haus gab es schließlich eine Waschmaschine. Unbegreiflich auch, dass die Hawaiihemden bei den Jungs so gar keinen Anklang gefunden hatten. Dabei waren sie für Haus und Garten doch so praktisch. Donald hatte sie immer im Urlaub getragen und war damit sogar abends zum Essen gegangen. Jahrelang hatten sie im Schrank gelegen, neuwertig fast und für Afrika viel zu schade, da spendete man lieber ein Kilo Milchpulver, aber nun hatte sie sich doch von den Hemden getrennt und nur dumme Bemerkungen einstecken müssen.
Genau wie für den Modeschmuck, den sie speziell für Melanie gedacht hatte. Ob der von Woolworth stamme, hatte sie gefragt. Als ob sie, Claire McPherson, solch ein Geschäft überhaupt betreten würde! Die beiden Ketten waren beim letzten Wohltätigkeitsbasar übrig geblieben, genau wie er grüne Gürtel mit den Pailletten. Sie hätte die Sachen einfach mitnehmen können, aber nein, drei Dollar hatte sie freiwillig dafür gezahlt, sie ließ sich ja nichts schenken.
Sie stieß einen tiefen Seufzer aus und stand auf. Nun gut, sie würde mitkommen, aber nur Florian zuliebe, der gar nicht wusste, womit er diese Auszeichnung verdient hatte. Vielleicht werde sie
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