Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
jeder sich selbst zuerst«, fügte Melanie hinzu. »Ist bekannt. Immer, wenn es irgendwelche Probleme gibt, sind wir eine Familie. Den Spruch kann ich schon rückwärts!« Sie warf ihre Serviette auf den Tisch. »Was interessieren mich deine Blumenkohlbeete? Ich esse sowieso keinen.«
Als die Kinder die Küche verlassen hatten, sagte Florian resignierend: »Es ist leichter, ein guter Verlierer zu sein als ein guter Gewinner – man hat mehr Übung drin.«
Schon eine Woche später bereute er bitter, sich jemals mit dem Gedanken an einen Kleingarten befasst zu haben. Herr Biermann nämlich, von dem er sich zumindest fachmännischen Rat, wenn nicht gar Hilfe erhofft hatte, war beim Anblick der schiefen Beete und der mit Lametta behängten Bindfäden zur Salzsäule erstarrt. »Was soll das?«, donnerte er.
Eifrig erklärte Florian, dass die Silberfäden zur Abschreckung von Vögeln gedacht seien, die ja bekanntlich Samenkörner fräßen.
»Das meine ich nicht!« Mit gewichtigen Schritten umrundete Herr Biermann die künftige Gemüseplantage. Dann blinzelte er eine Zeit lang stirnrunzelnd in die Sonne, um schließlich dem erwartungsvoll wartenden Florian zu verkünden: »Sie haben genau achtundvierzig Quadratmeter feinsten englischen Rasen ruiniert.«
»So würde ich das aber nicht sehen!«, verteidigte der Hobbygärtner sein Werk. »Erntefrische Tomaten schmecken nun mal besser als gekaufte. Wenn die Petersilie erst mal raus ist, können Sie natürlich auch welche haben. Ich habe zwei Reihen davon gesät.«
»Bevor Sie hier eigenmächtig in meine Kompetenzen eindringen, hätten Sie mit mir Rücksprache nehmen müssen. Petersilie!« Er rümpfte verächtlich die Nase. »Das ist doch besseres Unkraut. Wenn es wenigstens Kiwipflanzen wären oder Zierkürbisse … aber nein, ordinäres Suppengrün! So etwas gehört nicht in einen gepflegten Garten! Wenn der Herr Professor …«
»Der isst auch gerne Petersilie!«, unterbrach ihn Florian mutig. »Und wenn ich Ihre Meinung hören will, dann werde ich es Ihnen schon sagen!« Entschlossen kehrte er dem erbosten Gärtner den Rücken und trabte zurück ins Haus.
Das hätte er lieber nicht tun sollen. Noch am selben Nahmittag fand Tinchen einen unter der Haustür durchgeschobenen Briefumschlag, adressiert an der Ehepaar Herrn und Frau Florian Bender, in dem Herr Biermann seine sofortige vorübergehende Kündigung aussprach, da er für die Verunstaltung des ihm anvertrauten Areals nicht mehr geradestehen könne.
»Hat er das wirklich so geschrieben?«, fragte Tinchen interessiert.
Florian nickte und las weiter. »Außerdem behalte ich mir vor, den Eigentümer dieses Grundstücks von Ihrer Eigenmächtigkeit in Kenntnis zu setzen. Achtungsvoll, Paul Biermann.«
»Das wird teure Petersilie«, prophezeite Tinchen. »Was glaubst du wohl, wie viel die Jungs jeweils fürs Rasenmähen verlangen?«
»Entweder machen sie es freiwillig oder gar nicht.«
»Also gar nicht.«
»Schließlich bin ich ja auch noch da. Ob ich nun einen Rasenmäher durchs Gras schiebe oder einen Golfkarren, ist doch egal. Beides bedeutet Bewegung in frischer Luft, und nur darauf kommt es an.«
»Am besten beginnst du gleich damit. Der Mäher steht schon seit heute früh draußen. Herr Biermann ist bloß nicht mehr dazu gekommen.«
Man wird nur einmal im Leben achtzehn
R üdiger übte Posaune. Vor seiner Tür saß Klausdieter und jaulte zum Steinerweichen. Zwei Zimmer weiter riss Florian den vierten Bogen aus der Schreibmaschine und warf ihn in den Papierkorb. »Wer soll sich denn bei dem Radau konzentrieren können?«
Einen Stock tiefer debattierte Tinchen mit Frau Kaiserling. Schon ein paar Mal war sie drauf und dran gewesen, den Hörer einfach auf die Gabel zu werfen, aber dann hatte sie ihn doch wieder nur neben den Apparat gelegt und abgewartet, bis die lamentierende Stimme eine kleine Pause machte. »Sie haben völlig Recht, Frau Kaiserling, das Fenster könnte er wenigstens zumachen, und Mozart finde ich auch viel schöner, aber der hat nichts für Posaunen geschrieben, und ob er sich im Grabe herumdrehen würde, weiß ich nicht, er hat es doch gar nicht komponiert. Nein, bisher hat sich noch niemand beschwert, Sie sind die Einzige – ja, wenn Sie glauben, dass die Polizei zuständig ist, dann rufen Sie ruhig dort an, Hausmusik ist schließlich nicht verboten, und Rubinstein hat auch mal üben müssen. Nein, ich kann nicht beurteilen, ob ein Klavier leiser ist, es lässt sich nur so schwer
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