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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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hatte er seinen Sohn gefragt, wie viel Karotten sie wohl ernten würden, wenn er sieben Reihen zu je fünfzehn Samenkörnern pflanzen würde. Und was hatte der Bengel geantwortet? »Gartenarbeit haben wir in der Schule nicht.« Da konnte man mal wieder sehen, wie wenig sachbezogen die heutigen Lehrmethoden waren. Weshalb also sollte sich Melanie mit Trigonometrie herumschlagen, die sie sowieso nicht begriff, wenn sie zur gleichen Zeit unter seiner fachmännischen Anleitung lernen könnte, wie man Setzlinge pflanzt.
    Zwei Stunden später war er von der Sinnlosigkeit mathematischer Berechnungen nicht mehr so überzeugt. Er hatte das zum Ackerbau bestimmte Stück Rasen mittels kreuz und quer bespannter Bindfäden in Beete aufgeteilt, hinterher aber feststellen müssen, dass die Ausmaße nicht mit seinem Entwurf übereinstimmten. Er holte den Taschenrechner, multiplizierte Petersilie mit Radieschen, addierte Sellerie dazu und kam zu dem Ergebnis, dass für die Tomaten kein Platz mehr vorhanden sein würde. Also entfernte er das Strippengewirr und begann noch mal von vorne: »Drei Reihen Karotten, drei Reihen Lauch …«
    »Was machst du da? Jätest du Unkraut?«
    »Nein, ich unterhalte mich mit den Regenwürmern!« Tante Klärchen hatte ihm gerade noch gefehlt. Bereits im schilfgrünen Sonnendress, das ihre ebenso braunen wie welken Arme mitleidlos allen Blicken preisgab, machte sie Anstalten, ihren Vormittagsposten auf der Terrasse zu beziehen.
    »Du kannst mir mal helfen«, sagte ihr Neffe rundheraus.
    »Wer? Ich?«
    »Wer denn sonst! Gartenarbeit ist auch für Rentner zuträglich.«
    »Das geht nicht. Ich habe gerade meine Nägel frisch lackiert.«
    Schon die Vorstellung, in der dunklen Erde herumzuwühlen, verursachte ihr eine Gänsehaut. »Weshalb tust du das überhaupt? Fabian hat doch einen Gärtner.«
    »Erstens hat der Urlaub und zweitens was gegen Gemüse.« Florian hatte inzwischen einsehen müssen, dass es wohl am zweckmäßigsten wäre, den Rasen erst einmal umzugraben und danach in Beete zu gliedern. Irgendwie waren diese Bindfäden doch etwas hinderlich. Mutig tat er den ersten Spatenstich. Nach dem achten legte er eine Pause ein. Er hatte gar nicht gewusst, dass Gras so zäh und Erde so schwer sein kann. Und wenn er sich bückte, hatte er immer das Gefühl, als wäre der Boden viel weiter unten als früher.
    Verdammte Schreibtischhockerei! Man hatte ja überhaupt keine Kondition mehr! Sport sollte man treiben, jeden Morgen eine halbe Stunde Jogging oder für den Anfang vielleicht erst mal halb so lange, danach ein paar Runden durchs Hallenbad und ab und zu ein bisschen Tennis. Die Saison fing ja jetzt wieder an. Oder ob er es erst mal mit Golf versuchen sollte? Bisher hatte er diese Sportart nur als teure Variante des Murmelspielens angesehen, aber schließlich war Fabian eingeschriebenes Mitglied des hiesigen Clubs, und weshalb sollte man die verwandtschaftlichen Beziehungen nicht ausnutzen?
    Tinchen holte ihn in die Wirklichkeit zurück. Sie hatte Tante Klärchen die Pillen und das Mineralwasser gebracht, angereichert mit einem kleinen Schuss Whisky, und winkte jetzt zu ihrem Mann hinüber. »Ich glaube, das nennt man Schäferprüfung.«
    »Was nennt man wie?«
    »Schäferprüfung! Wenn man nämlich die Arme auf den Spatenstiel stützt und in die Landschaft stiert.«
    »Ich werde mir doch wohl noch die Nase putzen dürfen!« Er suchte in sämtlichen Taschen nach einem Tuch, fand keins, schnäuzte auf den Boden, griff wieder nach dem Spaten und rammte ihn in die Erde.
    »Als Gärtner braucht man einen Rücken aus Gusseisen mit einem Scharnier drin.«
    »Wenn dir die Buddelei zu anstrengend wird, kannst du ja eine Pause machen und den Rasen mähen«, schlug Tinchen vor, »der hat’s nämlich nötig.«
    »Keine Zeit«, keuchte Florian, »außerdem stört Rasenmähen das ökologische Gleichgewicht.«
    Während des Mittagessens zeigte er jedem Einzelnen seine Blasen an den Händen. Er wurde bedauert – das war Balsam für Gliedmaßen und Seele –, bewundert, was sein Selbstwertgefühl hob, sein Vorschlag jedoch, den schönen warmen Nachmittag gemeinsam bei ein bisschen leichter Gartenarbeit zu verbringen, wurde einstimmig abgelehnt.
    »Hab’ Nachhilfe«, entschuldigte sich Melanie.
    »Muss zur Fahrschule«, behauptete Rüdiger, »in zwei Wochen soll ich zur Prüfung.«
    »Hoffentlich fällst du durch«, wünschte Florian, »dann reichen die schwindenden Benzinvorräte noch ein bisschen

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