Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Angestellten nie mehr als nötig, aber Herr Lange, der sich seit seiner Naturalisierung John Langdon nannte, hatte von ihrem Deutschlandtrip Wind bekommen und ihr die Adresse seiner Mutter gegeben. »Wenn Sie mal Zeit haben, besuchen Sie die alte Dame doch mal. Sie wohnt in Heilbronn, ist gar nicht weit weg von Heidelberg. Sie hat da ’n hübsches Häuschen und lebt ganz allein. Bestimmt freut sie sich, wenn Sie ihr ’n bisschen was von mir erzählen. Ich war schon seit acht Jahren nicht mehr in Europa, aber herkommen will sie nicht. Ist ihr zu umständlich, sagt sie.«
Natürlich hatte Tante Klärchen nie die Absicht gehabt, diese Frau aufzusuchen. Mit solchen Leuten pflegte man keinen Umgang. Den Zettel mit der Anschrift hatte sie in irgendeine Tasche gesteckt und vergessen. Jetzt allerdings begann sie danach zu suchen. Nach einer Stunde hatte sie ihn noch immer nicht gefunden. Zu dumm! Aber wozu gab es denn eine Telefonauskunft?
Angesichts der Tatsache, dass es in Heilbronn 29 Langes gab, kapitulierte sie und wandte sich an Florian. »Könntest du vielleicht …?«
Und ob er konnte! Die Aussicht, endlich die anstrengende Tante für ein paar Tage loszuwerden, beflügelte ihn. Er setzte sich ins Auto, fuhr zum Postamt, studierte das Heilbronner Telefonbuch, schrieb die Nummern aller weiblichen Langes heraus, wodurch sich die Zahl auf elf reduzierte, und rief sie der Reihe nach an. Schon bei der fünften hatte er Glück. Frau Erika Lange bestätigte, einen Sohn namens Hans zu haben, der jetzt John heiße und in Amerika lebe. Worauf Florian den Hörer an Tante Klärchen weiterreichte und taktvoll das Zimmer verließ.
Claire McPherson stellte fest, dass Frau Lange einwandfreies Deutsch sprach, Miami richtig auf der zweiten Silbe betonte und gerade von einer Studienreise durch Israel wiedergekommen war. Also schien diese Frau Lange nicht ungebildet zu sein. Ihre Einladung hatte jedenfalls sehr herzlich geklungen, darüber hinaus sah Claire eine Möglichkeit, ihre gesellschaftliche Bedeutung wieder einmal ins Licht zu setzen – kurz und gut, sie kündigte ihren Besuch an und stellte sogar in Aussicht, ihn über mehrere Tage auszudehnen. Frau Lange besaß ein Auto und hatte schon vorgeschlagen, dem Gast einige Sehenswürdigkeiten zu zeigen. Vielleicht die Götzenburg in Jagsthausen oder die Weibertreu in Weinsberg …
Nur zu gern war Florian bereit, seine Tante nach Heilbronn zu fahren. Auch abzuholen, wenn es unbedingt sein musste, aber das lehnte sie ab. Es gebe sicher eine günstige Zugverbindung. Florian versprach, sich danach zu erkundigen, lud Tante und zwei Handkoffer ins Auto, fand nach nur kurzem Herumirren die gesuchte Adresse und überließ Tante Klärchen dankbar ihrer neuen Gastgeberin, einer resoluten Frau Ende fünfzig. Fröhlich pfeifend machte er sich wieder auf die Heimfahrt. Auf dem Rücksitz lagen zwei Flaschen Champagner. Sollte Rüdiger doch seinen Willen haben! Man feierte ja wirklich nur einmal im Leben seinen achtzehnten Geburtstag, und die Führerscheinprüfung hatte er auch beim ersten Anlauf bestanden.
Tinchen dekorierte die Halle. Papierschlangen zogen sich von der Lampe zur Tür, rollten sich entlang der Wände zur Garderobennische, kringelten sich über den Stahlstichen zu Locken und hingen ganz besonders zahlreich an dem verschnörkelten Spiegel. Wie ein Storch im Salat stakste Florian durch Krepppapier und Lampions.
»Ihr könnt euch wohl nicht entscheiden, ob Karneval gefeiert wird oder Kindergeburtstag? Pass bloß auf den Spiegel auf, Tine, der ist mindestens zweihundert Jahre alt.«
»Dann müsste er sowieso mal erneuert werden.« Sie stieg von der Leiter und betrachtete kritisch ihr Werk. »Sieht ja wirklich ein bisschen albern aus, aber so kommen die jungen Leute wenigstens gleich in Stimmung.«
»Wie viele erwarten Sie denn?« Auf der untersten Treppenstufe saß Frau Künzel und pustete mit dem Autostaubsauger Luftballons auf.
»Woher soll ich das wissen? Mein Neffe hat mich dahingehend aufgeklärt, dass man zu Partys nicht einlädt, sondern lediglich informiert, wenn eine stattfindet. Wer will, der kommt, aber mir schwant, dass sehr viele wollen. Auf zirka zwanzig sind wir vorbereitet.«
Den Partykeller hatten die Jungs in eine Disco verwandelt, die danebenliegende Wasch- und Bügelkammer sollte das kalte Büfett aufnehmen sowie die Getränke. Marthchen würde vorsichtshalber in das zweite Gästezimmer ziehen, und für Decken und Schlafsäcke war auch schon
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