Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
länger.«
»Ausgerechnet du musst das sagen! Nicht mal zum Briefkasten an der Ecke gehst du zu Fuß.«
Diese Bemerkung überhörte Florian, weil sie stimmte. Trotzdem leuchtete ihm nicht ein, weshalb sein Neffe noch vor dem achtzehnten Geburtstag einen Führerschein brauchte, wenn er in absehbarer Zeit doch keinen eigenen Wagen haben würde. Und sollte der Knabe sich einbilden, mit seines Vaters Luxuskarosse die nötige Fahrpraxis zu holen, dann war er aber schief gewickelt. Man wusste ja, dass die jungen Leute keine Disziplin am Steuer hielten, aggressiv fuhren und grundsätzlich die Geschwindigkeitsbegrenzungen missachteten. Erst vor wenigen Tagen wäre ihm so ein Schnösel doch beinahe …
»Ob wir meine Karre noch in die Garage kriegen?«, unterbrach Rüdiger die Gedankengänge seines Onkels. »Viel Platz braucht sie ja nicht.«
»Willst du damit andeuten, dass du dir schon ein Auto gekauft hast?« Die Gabel, mit der Florian den letzten Rest Sauerkraut zum Mund führen wollte, fiel zurück auf den Teller.
»Gekauft ist übertrieben. Es hat mich sechs Aufsätze gekostet, und jeder musste mindestens eine Zwei minus bringen. Der über Dürrenmatt ist in die Hose gegangen, aber dafür war Mutter Courage eine glatte Zwei.«
Es stellte sich heraus, dass sein Freund Wolle mangelnde Deutschkenntnisse durch technisches Talent kompensierte, während Rüdiger zehn linke Daumen, andererseits aber eine gewisse literarische Begabung hatte. So waren die beiden schnell handelseinig geworden. Rüdiger hatte sich verpflichtet, ein Jahr lang die Entwürfe für Wolles Klassenarbeiten zu liefern und dafür zu sorgen, dass sie auch unbemerkt in seine Hände kämen, und dafür hatte Wolle versprochen, ihm nach Ablauf dieser Zeit ein fahrtüchtiges TÜV-geprüftes Auto vor die Tür zu stellen. Beide Geschäftspartner hatten ihre Auflagen erfüllt, und nachdem der Deutschlehrer sich auch noch lobend über die erfreuliche Leistungssteigerung des offensichtlich verkannten Wolle geäußert hatte, hatte dieser sich bereit erklärt, zusätzlich die erste anfallende Reparatur kostenlos auszuführen. »Sicherheitshalber habe ich schon einen Kotflügel besorgt, den wirst du wohl als erstes einbuffen.«
Seit einem Monat stand das Vehikel in Wolles Schuppen, und seine Entfernung wurde von ihm ständig reklamiert. »Ich brauche den Platz, jetzt schreibt mir nämlich der Volker die Arbeiten.« Volker war Klassenprimus und Sohn eines umweltbewussten Biologielehrers, der mit dem Fahrrad oder bei günstigen Schneeverhältnissen auch mal mit Langlaufskiern zum Unterricht fuhr und in lauen Frühlingsnächten an der verkehrsreichen Landstraße Posten bezog, um den wandernden Kröten beizustehen. Autos lehnte er genauso ab wie Urlaubsfahrten ins Ausland, weshalb sein Sohn zwar drei Paar Wanderstiefel besaß und auf Wunsch auch ohne weiteres ein viertes Paar bekommen würde, niemals jedoch einen eigenen Wagen. Folglich war der gern bereit, von seinen umfangreichen Kenntnissen der deutschen Klassiker den weniger begabten Mitschüler Wolle profitieren und sich dafür ein Auto zusammenbasteln zu lassen.
»Was is’n das für ’ne Mühle, die du dir ergeiert hast?« Autos Marke Eigenbau schätzte Florian gar nicht.
»Hauptsächlich Fiat mit ein bisschen Alfa Romeo. Zweifarbig.«
»Ja, Grün und Rost«, bestätigte Melanie.
»Weiß dein Vater von deinem Kuhhandel?«
»Nö, so was interessiert ihn grundsätzlich nicht. Er bezahlt den Führerschein, und damit ist die Sache für ihn gelaufen.«
»Na schön, das ist sein Bier. Ich hoffe nur, er gibt mir nicht die Schuld, wenn die Mühle zusammenbricht und die Feuerwehr dich aus den Trümmern klaubt.« Florian stand auf und schaute prüfend in die Runde. Sein Blick blieb an Tobias hängen. »Möchtest du dir zwei Mark verdienen?«
»Was muss ich dafür tun? Schon wieder Herrn Schmitt sauber machen? Mach ich aber nicht, beim letzten Mal hat er mich gebissen.«
»Du sollst gar nichts tun«, versicherte sein Vater schnell, »bloß ein bisschen im Sand buddeln. Das hast du doch früher stundenlang gemacht.«
»Früher war ich ja auch noch ein kleines Kind. Und überhaupt kann ich gar nicht, weil ich zum Fußballtraining muss.« Zum Glück war ihm das noch eingefallen! Schon öfter hatte ihn sein Freund Heiko zum Mitkommen aufgefordert, aber Tobias hatte sich nie so richtig dafür erwärmen können. Jetzt allerdings schien ihm der Fußballplatz entschieden reizvoller als Onkel Fabians Garten.
»Und
Weitere Kostenlose Bücher