Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)
Einschlafen dachte sie noch an Rüdigers Bemerkung, dass man nur einmal im Leben achtzehn werde. »Das stimmt wirklich«, murmelte sie, »an den Geburtstag wird er wohl sein Leben lang denken.«
Was heißt Tante auf Französisch?
W enn alles gesagt und getan ist, ist es gewöhnlich die Frau, die es gesagt, und der Mann, der es getan hat. Diese Bilanz zog Florian, nachdem er den Rasen gemäht, die Gemüsebeete gegossen und das Unkraut auf den Wegen entfernt hatte. Jetzt packte er die Geräte zusammen und freute sich auf ein schönes kühles Bier. Zumindest das würde ihm Tinchen wohl bewilligen. Obwohl diese verflixte Party schon zwei Wochen zurücklag und er sich wirklich redliche Mühe gegeben hatte, seinen Ausrutscher wiedergutzumachen, war Tinchen immer noch sauer. Na schön, er hatte zu viel getrunken, zu viel geflirtet und sich zu wenig um seine Frau gekümmert. Was hätte er denn sonst tun sollen? An Rüdigers Bett sitzen und Händchen halten? Davon wäre der auch nicht schneller gesund geworden. Und irgendjemand hatte sich letztendlich um die Gäste kümmern müssen. Passiert war auch nichts. Jedenfalls nichts Ernsthaftes. Diese Bea war zwar wirklich ein verführerisches kleines Biest, frühreif und einer intensiveren Bekanntschaft gar nicht abgeneigt gewesen, aber bekanntlich macht es einem nichts so leicht, Versuchungen zu widerstehen, wie eine konservative Erziehung, solide Grundsätze und – Zeugen!
Florian seufzte. Da hatte er sich nun am nächsten Morgen eine lange Verteidigungsrede zusammengebastelt, alle Gründe aufgeführt, die seinen Alkoholpegel über die Toleranzgrenze getrieben hatten, und was hatte Tinchen darauf geantwortet? »Manchmal ist eine Entscheidung eine noch größere Frechheit.«
Sogar Tante Klärchen wäre ihm jetzt als Gesprächspartner willkommen gewesen, aber die war schon vor einer Woche ausgezogen. Vielmehr hatte sie ausziehen lassen. Telefonisch hatte sie angeordnet, dass Tinchen ihre Koffer packen und Florian dafür sorgen solle, dass das Gepäck nach Tübingen käme. Eine Rückkehr nach Steinhausen erübrige sich, da Frau Lange eine reizende Gastgeberin sei und sogar glücklich über den unverhofften Besuch, denn sie lebe ja schon seit Jahren völlig allein. Sie habe versprochen, im nächsten Frühjahr nach Florida zu kommen, wo sie, Claire, sich für die erwiesenen Freundlichkeiten revanchieren wolle. Wie das im Einzelnen aussehen und sich mit möglichst wenig finanziellem Aufwand realisieren lassen sollte, war ihr noch nicht ganz klar, andererseits gab es Sonne, Palmen und Meer kostenlos, und schon das allein würde Frau Lange sicher in Entzücken versetzen. Jeder Gelegenheitsbesucher war von diesen Naturschönheiten begeistert. Alles andere würde sich finden.
Also hatte Tinchen die Koffer gepackt, Florian hatte sie bahnlagernd nach Tübingen auf den Weg gebracht, und Martha hatte drei Tage lang Tante Klärchens Zimmer gelüftet. »Das stinkt hier wie in einem Bordell«, hatte sie gesagt und gleich noch die Gardinen abgenommen. Auf Florians Frage, woher sie diese spezifischen Kenntnisse habe, hatte sie nur unwillig gebrummt. »Puder, Parfüm und Schnaps! Und so was bei ’ner alten Dame. Die sollte sich schämen.« Nachdem Frau Künzel dann noch mit Salmiak und Möbelpolitur die letzten Spuren von Tante Klärchens Anwesenheit getilgt und Melanie eine halbe Flasche Kiefernadelduft versprüht hatte, roch das Zimmer auch nicht viel besser als vorher, aber es verbreitete zumindest den unverkennbaren Duft nach Sauberkeit und war somit für den nächsten Besuch gerüstet.
Von dem hatte Tinchen gar nichts gewusst, und die anderen hatten längst nicht mehr an ihn gedacht. Dieser Schüleraustausch war gleich nach den Weihnachtsferien in die Wege geleitet worden, die Organisation lag in den Händen der Schulleitung, ein genauer Termin hatte noch nicht festgestanden, und so war die ganze Angelegenheit erst einmal in Vergessenheit geraten. Melanie hatte sich ohnehin nur auf Drängen ihrer Mutter als Gastgeberin gemeldet, denn Gisela war der Ansicht gewesen, dass sich eine gleichaltrige Französin im Haus vorteilhaft auf Melanies leider immer noch sehr mangelhafte Sprachkenntnisse auswirken werde. Die Schulleitung hatte versichert, man werde bei den Austauschpartnern jeweils den sozialen und geistigen Background berücksichtigen, und aus diesem Grund hatte auch Gisela und nicht Melanie den unerlässlichen Fragebogen ausgefüllt. Zusätzlich hatte sie darum gebeten, das Kind
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