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Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition)

Titel: Das mach' ich doch mit links: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Clemens in Vertretung seines Bruders die Gäste empfing und ihnen empfahl, mit der Feierei schon mal alleine anzufangen, versammelten sich die übrigen Familienmitglieder nach und nach in Rüdigers Zimmer. Die flüsternd weitergegebene Nachricht, das Geburtstagskind läge kreidebleich und stöhnend auf seinem Bett, hatte Alarmstufe Rot ausgelöst. Als Erste war Tinchen am Tatort. Den nahe liegenden Verdacht, ihr Neffe habe etwas zu intensiv die Qualität des bewilligten Kognaks geprüft, fand sie bestätigt. Der Knabe hatte zweifellos eine Fahne. Andererseits dürfte er dann schlimmstenfalls selig schnarchend daliegen und sich nicht in Krämpfen winden.
    Florian eilte herbei, stellte die gleiche Diagnose, empfahl Salzwasser, kalte Dusche sowie ähnliche Therapien aus seiner Junggesellenzeit, aber als er Anstalten machte, die Alkoholleiche ins Bad zu schleppen, protestierte Rüdiger. »Bin nicht – besoffen. Mir ist kotzübel. Hab’ Ma-Ma-genkrämpfe. Lasst mich in Ruhe!«
    Melanie streifte ihren Bruder nur mit einem kurzen Blick. »Zu wie ’ne Handbremse! So was Ähnliches habe ich mir gedacht. Vorhin saß er an Tante Klärchens Whisky, bloß die kann ihn besser vertragen.«
    »War ja nur einer«, stöhnte Rüdiger leise, »der haut mich doch nicht um. Ich m-muss was Falsches gegessen haben. Lasst mit doch endlich allein!« Er drehte sich zur Wand.
    »Sollen wir nicht besser einen Arzt holen?« Mit einem Waschlappen wischte Tinchen die Schweißperlen von Rüdigers Stirn. »Fieber hat er Gott sei Dank nicht.«
    »Wo ist die Leiche? Blumen fürs Begräbnis haben wir schon genug beisammen.« Urbans munterer Ton geriet ins Stocken, als er seinen Bruder liegen sah. »Junge, Junge, wer hat dich denn so abgefüllt?«
    »Er scheint wirklich krank zu sein«, sagte Tinchen hilflos. »Kann man um diese Zeit euren Hausarzt noch erreichen?«
    Urban sah auf die Uhr und winkte ab. »Wir haben gar keinen, bloß lauter Spezialisten, und die haben ihren Patienten beigebracht, nur während der Sprechzeiten krank zu werden.«
    »Dann ruf den Notarzt an!«
    »Erst mal hören, was eigentlich los ist.« Er setzte sich aufs Bett und rüttelte seinen Bruder sanft an den Schultern. »Raus mit der Sprache! Hast du einen zu viel gekippt und spielst Theater, weil du Schiss gekriegt hast, oder fehlt dir wirklich was Ernsthaftes?«
    Unterbrochen von verhaltenem Stöhnen bestritt Rüdiger, mehr als ein kleines Glas getrunken zu haben, und Urban glaubte ihm. Gegessen habe er auch nicht viel, lediglich vorhin ein Stück kalte Pizza, die mittags übrig geblieben war.
    Jetzt wurde Tinchen hellhörig. »Was war drauf?«
    »Weiß ich nicht mehr, Champignons oder so was.«
    Nach kurzem Suchen stöberte sie Martha im Wohnzimmer auf, wo sie sich mit Kommissar Schimanski amüsierte. Nein, im Einzelnen wusste sie auch nicht mehr, mit welchen Zutaten sie die Pizza belegt hatte. »Schinken habe ich genommen, Tomaten natürlich, Käse, Salami, Pilze, Oliven …«
    »Was für Pilze?«
    »Na, die langen weißen, die Frau Künzel vorgestern mitgebracht hat. Auf dem Weg hierher hat sie die gepflückt. Warum?«
    Mit wenigen Worten erzählte Tinchen, was vorgefallen war, doch Martha protestierte energisch. An den Pilzen könne es nicht liegen, die seien ganz frisch gewesen, essbar seien sie auch, denn sogar die Frau Doktor habe manchmal welche gesammelt, gleich drüben im Park, und überhaupt müssten dann ja alle krank sein und nicht bloß Rüdiger.
    Das leuchtete ein, nur gibt es eben Leute mit empfindlicheren Mägen und andere, denen selbst der Inhalt eines Mülleimers nicht viel ausmachen würde. Zu Letzteren gehörte Rüdiger normalerweise auch.
    »Wissen Sie, wie die Pilze heißen?«
    Nein, das wusste Martha nicht, irgendwas mit Tinte, aber sie würde sie sofort wieder erkennen.
    »Sind denn noch welche da?«
    »Ja«, sagte Martha, »gekochte.«
    O Herr, schmeiß Hirn vom Himmel, betete Tinchen leise, während sie zum Telefon stürzte. Zum Glück begriff Frau Künzel sofort, worauf es ankam. Der bewusste Pilz heiße Schopftintling und gelte als wohlschmeckend; Liebhaber würden ihn sogar dem Champignon vorziehen. Tinchen bedankte sich, nahm auch noch zur Kenntnis, dass die zu Künzels ausquartierten Kinder Memory spielten und dabei bemerkenswert friedlich seien, und legte den Hörer auf.
    »Hast du einen Arzt erreicht? Rüdiger geht’s wirklich dreckig. Ich habe Clemens geholt, aber der ist mit seinem Latein auch am Ende.« Noch nie hatte Tinchen Urban so

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