Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Maedchen am Klavier

Das Maedchen am Klavier

Titel: Das Maedchen am Klavier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosemarie Marschner
Vom Netzwerk:
Professoren. Vor allem aber die führenden Damen der feinen Gesellschaft und ganz besonders die Presse. Sie würde dafür sorgen, dass der Erfolg der jungen Künstlerin über das Stadtgebiet hinaus bekannt wurde, und ihr erleichtern, auch auf den weiteren Stationen derReise Fuß zu fassen. Eine Beethoven-Sonate spielte Clara dann meistens, Fugen von Scarlatti und Bach und ein oder zwei Mal auch Robert Schumanns »Carnaval« – allein schon, um ihm davon berichten zu können.
    Welch eine Freude, als bald schon ein Brief von ihm eintraf, voller Liebe, Verehrung und Mitgefühl. Sein »Heldenmädchen« nannte er sie, seine »kleine Jeanne d’Arc«, die dabei sei, die Welt zu erobern. Was ihn selbst betraf, klang etwas nüchterner. Obwohl er sich schon seit mehreren Wochen in Wien aufhielt, war es ihm bisher nicht gelungen, bei Graf Sedlnitzky vorzusprechen, ohne dessen Zustimmung er nie eine Lizenz für seine geplante Wiener Musikzeitschrift erwirken würde. Clara seufzte, als ihr auffiel, dass ihr heimlicher Verlobter den Namen Sedlnitzky nicht richtig schrieb. »Sedlitzky« stand da immer. Sie konnte nur hoffen, das Robert Schumann dieser Fehler nicht auch bei seinen offiziellen Gesuchen unterlaufen war.
    Tage voller Tätigkeit und zum Schluss das große Konzert, das sie für alle Mühen entschädigte. Fast wie in Wien war es, dachte sie, während man ihr Sträuße zuwarf und sie umringte.
    Auch die Französin war anwesend und sonnte sich im Erfolg ihrer »Cousine«. Sie scharte eine Reihe älterer Herren um sich und erzählte reizende kleine Geschichten aus Claras Kindheit, die sie selbstverständlich miterlebt hatte. »Wir sind eine große, herzliche Familie!«, berichtete sie. »Claras zärtliche Eltern, ihre bezaubernden Geschwister und natürlich ich selbst.« Dabei hielt sie Ausschau, ob sich unter den lächelnden Nürnberger Kavalieren nicht vielleicht einer befände, der sich dazu eignete, mit ihr selbst – eventuell – eine ebenso harmonische Familie zu gründen.
    Clara ließ sie gewähren. Während der letzten Tage hatte sich die Französin eifrig bemüht, es ihr recht zu machen, um dafür zum Konzert mitgenommen zu werden. Nun gut, eine Hand wäscht die andere, dachte Clara ... Trotzdem wäre sie Claudine Dufourd gern wieder losgeworden. Zu anstrengend war sie mit ihrem ständigen Geplapper. Außerdem traute ihr Clara nicht.Immer noch rechnete sie damit, dass die Französin ihre Post durchwühlte und Friedrich Wieck heimlich Bericht erstattete.
    »Courmacher« hatte man sie in Wien genannt, die hochgestimmten jungen Männer, die die Künstlerin begleiteten und ihr schmeichelten. In Nürnberg gab man sich etwas handfester. Doch auch hier wurde Clara verehrt und mit kleinen Geschenken verwöhnt. Fast ein wenig traurig war sie, als der Tag näherrückte, an dem sie wieder abreisen würde. Man versuchte, sie zu längerem Bleiben zu überreden, doch die Erfahrung hatte sie längst gelehrt, dass ein frühes Ende besser war als ein langsamer Abschied. Außerdem hatte sie sich entschlossen, einen Abstecher nach Ansbach einzufügen. Der dortige Musikdirektor war von ihrem Nürnberger Konzert so hingerissen gewesen, dass er die Organisation in seiner Stadt für sie übernahm. »Sie brauchen nur zu spielen, Maestra!«, versicherte er und errötete zugleich bis über beide Ohren. »Alles andere können Sie getrost mir überlassen.« Danach verstieg er sich sogar zu einem Handkuss, den allerdings die Wiener Courmacher mit größerer Eleganz beherrscht hatten.
    Clara ließ sich nicht zweimal bitten. Friedrich Wiecks tüchtige Tochter wusste nicht nur den Applaus zu schätzen, sondern auch die pekuniären Folgen eines vollen Hauses. Allein in Nürnberg waren ihr, nach Abzug der Kosten von 41 Gulden, Einnahmen von 191 Gulden 21 Kreuzer geblieben. Kein schlechter Schnitt. Wenn es so weiterging, konnte sie ihren Reiseetat bis Paris noch gründlich aufstocken.
    Während sie rechnete und kalkulierte, sah ihr die Französin kopfschüttelnd zu. »Ich kann es kaum begreifen, Mademoiselle«, murmelte sie. »Eine romantische Künstlerin habe ich mir immer anders vorgestellt.«
3
    Auf das wasserreiche Nürnberg folgte Stuttgart, wo ihr schon vom ersten Tag an ihre Konzertbesorgungen von einem gewissen Dr. Schilling erleichtert wurden. Er war ein flüchtiger Bekannter ihres Vaters und hatte bisher mehrere musikalische Fachbücher veröffentlicht, die mit hochtrabenden Titeln prunkten, zum Teil aber elende Plagiate waren, gegen die

Weitere Kostenlose Bücher